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Mit dem Schott durch die Wand

Durchdringungen
Mit dem Schott durch die Wand

Leitungsführungen durch Wände und Decken mit Brandschutzanforderung dürfen im Brandfall nicht die Ausbreitung von Feuer und Rauch ermöglichen. Der Feuerwiderstand dieser Durchdringungen muss dem der umgebenden Bauteile entsprechen. Kabelschotts oder Rohrabschottungen sind eine Möglichkeit, dieser Forderung gerecht zu werden.

Markus Hoeft

Zum Schutz gegen die Ausbreitung von Feuer und Rauch im Brandfall werden Gebäude in Abschnitte eingeteilt, die je nach Anforderungsniveau mit einer bestimmten Feuerwiderstandsdauer gegeneinander abgeschlossen sein müssen. Solche Abschnitte können beispielsweise Brandabschnitte, Flucht- und Rettungswege, Wohnungen oder Nutzungseinheiten sein. Die Unterteilung soll die Weiterleitung der Flammen, aber auch der Rauchgase für eine definierte Zeitdauer verhindern. Dies erhöht zum einen die Chancen für die Eigen- und Fremdrettung von Menschen aus dem brennenden Gebäude und erleichtert zum anderen den Löschangriff der Feuerwehr. Im günstigsten Fall wird bis zu ihrem Eintreffen nur der Abschnitt in Mitleidenschaft gezogen, in dem das Feuer ausgebrochen ist.
Feuerwiderstand in Fläche und Öffnung
Das Anforderungsniveau für die Trennung der einzelnen Abschnitte ergibt sich in Abhängigkeit von der Gebäudeart und Gebäudeklasse aus der jeweiligen Landesbauordnung bzw. aus der zutreffenden Sonderbauordnung, etwa für Beherbergungsstätten, Hochhäuser, Industriebauten o. Ä. Je nach Einbausituation schreiben die Regelwerke vor allem feuerhemmende (F30) oder feuerbeständige (F90) Trennbauteile vor, etwas seltener auch hochfeuerhemmende (F60) oder hochfeuerbeständige (F120) Konstruktionen.
Klassifizierte Wände und Decken mit diesen Feuerwiderständen stehen sowohl in Massiv- als auch in Leicht- und Trockenbauweisen in großer Auswahl zur Verfügung, so dass die Erfüllung der Brandschutzanforderungen in der geschlossenen Fläche kaum ein Problem darstellt. Spannender sind jedoch die Details, etwa an den Bauteilanschlüssen, aber vor allem an den meist unvermeidlichen Öffnungen und Durchdringungen. Leicht nachvollziehbar ist, dass Türen und Tore den gleichen Feuerwiderstand wie die Wände haben müssen. Aber auch für die geometrisch meist wesentlich kleineren Durchführungen von Rohr-, Leitungs- und Lüftungssystemen kann ein bestimmter Feuerwiderstand gefordert sein.
Die Musterbauordnung formuliert in § 40 für Leitungsanlagen beispielsweise: „Leitungen dürfen durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind …“
Ausgenommen von dieser Forderung sind lediglich Decken in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2, innerhalb von Wohnungen oder innerhalb derselben Nutzungseinheit mit nicht mehr als insgesamt 400 m² in nicht mehr als zwei Geschossen. Die Bedingungen für Lüftungsanlagen, auf die in diesem Artikel jedoch nicht detailliert eingegangen werden soll, nennt § 41 MBO.
Geplante Details
Die Bestimmung des für ein Bauteil erforderlichen Feuerwiderstands und die Festlegung seiner baulichen Ausbildung, etwa am Detail der Leitungsdurchführung, ist eine originäre Aufgabe des Planers. Sie kann keinesfalls der mehr oder minder großen Findigkeit des ausführenden Handwerkers überlassen werden. Moderne Gebäude besitzen oft umfangreiche haustechnische Installationen, mit ebenso umfangreichen Kabel- und Rohrsystemen für die Steuerung und Versorgung in den einzelnen Räumen. Dadurch kommt es zu vielen und teilweise kleinen Durchführungen durch Bauteile, die eventuell eine bestimmte Brandschutzqualität haben müssen. Es steigt die Gefahr, hier im Planungsprozess eine Einzelheit zu übersehen.
Eine weitere Besonderheit der Leitungsdurchführungen für den bauleitenden Planer ist, dass derartige Öffnungen eventuell vom Handwerker nach eigenem Ermessen während der Bauausführung platziert und gebrochen werden, also in den Planungen gar nicht vorkamen. Nachträgliche Durchdringungen entstehen unter Umständen auch erst während der Nutzungsphase eines Gebäudes, was dem Planer eines Umbaus oder einer Sanierung besondere Sorgfaltspflichten auferlegt.
Die Details bei der brandschutzgerechten Durchführung von Kabeln oder Rohren durch raumabschließende Bauteile sind in den Bundesländern nach Leitungsanlagen-Richtlinien (LAR) bzw.
Richtlinien über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (RbALei) geregelt, die sich an derMuster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR, derzeit aktuell in der Fassung von 2005) orientieren. Die MLAR gilt nicht für Lüftungs- und Warmluftheizungsanlagen, die mit der Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie (M-LüAR) ihr eigenes Regelwerk haben.
„Nackt“ oder im Kanal
Die MLAR eröffnet dem Planer zwei grundsätzliche Möglichkeiten für die Leitungsführung durch Bauteile mit Anforderungen an den Feuerwiderstand: Entweder die Leitungen erhalten an jedem Durchgang Abschottungen mit definierter Feuerwiderstandsklasse, also S30/S90 für elektrische Leitungen bzw. R30/R90 für Rohre, jeweils für Wände und Decken mit F30/F90. Oder die Leitungen werden in Installationsschächten und -kanälen geführt, die den jeweils für die Wände und Decken zutreffenden Qualitäten entsprechen (I30/I90) und aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen.
Im ersten Fall liegt die Leitung also – im brandschutztechnischen Sinne – „nackt“ im Raum, dafür aber abgeschottet am Durchgang. Im zweiten Fall ist die Leitung vom Raum durch einen Kanal abgekapselt und benötigt dann keine Abschottung am Wanddurchgang. Der erste Fall dürfte bei relativ wenigen Leitungen oft der günstigere sein, weil innerhalb der Räume der Bau von feuerbeständigen Kanälen gespart wird. Dafür können allerdings Abschottungen an den Wand- oder Deckendurchgängen erforderlich sein. Viele Leitungen erfordern eventuell viele Abschottungen, wodurch eine Planung mit Abkapselung im Kanal dann besser sein kann. Es ist dies eine wirtschaftliche und ausführungstechnische Abwägungsfrage für den Planer.
Die aufwändigere Führung im Kanal bietet – ganz unabhängig von der Frage der Abschottung am Durchgang –
den zusätzlichen Vorteil, dass bei einem Brand im Raum die Installationen besser geschützt sind und länger ihre Funktion erfüllen können.
Neben den Grundsatzanforderungen formuliert die MLAR Erleichterungen für den Durchgang einzelner Leitungen sowie für Wände, die nur feuerhemmend sein müssen. Hier kann unter bestimmten Bedingungen wie Leitungsabstand, Wanddicke und Nichtbrennbarkeit der Rohre das einfache Verschließen des Ringspalts zwischen der Leitung und dem umgebenden Bauteil mit Zementmörtel, Beton oder Mineralfasern ausreichend sein. Es müssen also nicht immer spezielle Brandschutzelemente für die Leitungsdurchführung zum Einsatz kommen.
Bei größeren Leitungsmengen und/oder beengten Platzverhältnissen, die keine Mindestabstände nach MLAR erlauben, sollte jedoch die Verwendung brandschutzgerechter Schotts für die Leitungsdurchführung ins Auge gefasst werden. Für Rohre aus brennbaren oder im Brandfall relativ schnell versagenden Materialien wie Aluminium oder Glas sind in jedem Fall Abschottungen für den im Brandfall offenen Rohrdurchmesser zu planen.
Mörtel, Schäume, Platten, Kissen
Der Feuerwiderstand der Abschottungen muss dem der Wand bzw. der Decke entsprechen und durch eine Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung bzw. ein Allgemeines Bauaufsichtliches Prüfzeugnis bestätigt sein. Aus dieser Unterlage ergeben sich die jeweils zu beachtenden Einsatzbedingungen, z. B. einzuhaltende Mindestabstände der Leitungen, Art und Dicke des umgebenden Bauteils sowie die Zulassung für bestimmte Materialien der Leitungen und Arten der durchgeleiteten Medien. Neben jeweils reinen Kabel- oder Rohrabschottungen gibt es auch Kombischotts für die gemeinsame Verlegung von Kabeln sowie brennbaren und nichtbrennbaren Rohren.
Sehr einfache Lösungen in der Verarbeitung sind Mörtelschotts, bei denen die Installationsöffnung nach der Verlegung mit speziellen Brandschutzmörteln geschlossen wird. Ihnen ähneln die Schaumschotts, bei denen statt des Mörtels ein Brandschutzschaum als Ortschaum verwendet wird. Nachinstallationen erfordern hier ein Herausbohren oder –schneiden der Öffnung.
Dies gilt auch für die Plattenschotts, deren Platte zumeist aus Mineralwolle mit einem zusätzlichen Brandschutzanstrich besteht. Wenn man so will, handelt es sich hier um die Trockenbaulösung unter den Abschottungen.
Etwas aufwändiger, aber auch sehr flexibel bei nachträglichen Leitungsveränderungen und sehr sauber in der Montage sind Kissenschotts. Dabei werden in die Installationsöffnung einzelne Kissen, Schaumblöcke oder –platten gestapelt, die jederzeit auch wieder herauszunehmen sind.
Rohrabschottungen
Wie schon angedeutet, erfordern speziell brennbare Rohre oder Rohre, die bei Brandeinwirkung relativ schnell zerstört werden können (z.B. aus Glas oder Aluminium), eine besondere Aufmerksamkeit.
Denn hier ist nicht nur der Spalt zwischen Leitung und Wand zu verschließen. Im Falle eines Brandes muss sich auch im nach der Zerstörung offen liegenden Rohrquerschnitt eine Barriere aufbauen. Dies wird mit so genannten intumeszierenden Materialien erreicht. Das sind Werkstoffe, die unter Hitzeeinwirkung bei einer definierten Temperatur ihr Volumen vergrößern und auf diese Weise den Rohrquerschnitt im Brandfall schließen. Die intumeszierenden Materialien stehen als Wickelband zur Verfügung, das der Verarbeiter in der erforderlichen Dicke um das Rohr wickelt. Außerdem gibt es fertige Rohrmanschetten in die das Material eingelegt ist und die auf das Rohr aufgesetzt werden. Die Manschetten können je nach Zulassung sowohl in die Wand bzw. Decke eingebaut werden als auch von außen aufgesetzt werden. Letzteres dürfte einfacher in der Montage sein, dafür bleiben die Manschetten jedoch sichtbar.
Auch Kissenschotts können aus intumeszierenden Materialien bestehen, so dass brennbare Rohre eventuell keine zusätzliche Manschette benötigen. Bei der Produktauswahl sind neben den brandschutztechnisch zulässigen Einsatzbedingungen, die für jede Lösung aus der Zulassung bzw. dem Prüfzeugnis entnommen werden können, eventuell Zusatzfunktionen am Rohrdurchgang zu berücksichtigen. Etwa für den luftdichten Abschluss der Durchdringung, die Körperschallentkopplung zwischen Rohr und Wand/Decke oder die optische Wirkung bei sichtbar bleibenden Leitungsdurchgängen.
Brandabschottungen für Leitungsdurchführungen gibt es in einer großen Vielfalt der Funktionen und Bauweisen, was zu teilweise sehr umfangreichen Sortimenten bei den Anbietern führt. In der Regel bieten die Produktunterlagen jedoch Hilfestellungen bei der Produktauswahl.
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