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Gläser für runde Ecken

Sanierung eines historischen Bürogebäudes in Paris
Gläser für runde Ecken

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Das Bürogebäude mit nobler Pariser Adresse bot bei der Eröffnung um 1930 ungewöhnlichen Komfort. Was damals neu war, ist heute selbstverständlich. Um dem Anspruch einer „ersten Adresse“ auch weiter gerecht zu werden, wurde das Bauwerk nun grundlegend saniert. Für die Verglasung der hofseitigen Pfosten-Riegelfassade, die ab 1. OG der Feuerwiderstandsklasse E30 entsprechen musste, verwendeten die Architekten Brandschutzgläser auch über die gerundeten „Ecken“ hinweg.

Anforderung:

Glasfassade muss nach Sanierung ab dem 1. OG der Feuerwiderstandsklasse E30 genügen

Lösung:

Spezialkonstruktion aus Aluminiumprofilen und Brandschutzglas, teilweise gebogen: erreicht sogar E60


Anne Marie Ring, BAUtext Mediendienst München | be

Das Bürogebäude im 9. Pariser Arondondissement wurde Anfang der 1930er-Jahre nach dem Entwurf des Pariser Architekten Robert Raymond Février für die Versicherungsgesellschaft „La Paternelle“ errichtet. Février, der sich auf diesen Bautypus spezialisiert hatte, kombinierte europäischen Stil mit amerikanischer Technik. Hinter der klassischen Fassade im Stil des Art-Déco verbargen sich einige technische Raffinessen, die den Nutzern den Büroalltag erleichtern sollten: Aufzüge über alle Etagen, in die Decke integrierte Klimaanlagen und Akustikwände, denn Bürotechnik war weitgehend mechanisch und entsprechend laut.

Nahezu ein Jahrhundert später ist das, was damals als Errungenschaft gefeiert wurde, längst selbstverständlich. Heute sind andere Kriterien angesagt: ressourcen-schonender Betrieb, minimale Umweltbelastung, angenehmes Raumklima und viel natürliches Tageslicht. Nur ein hoher Erfüllungsgrad dieser Kriterien gewährleistet die optimale Vermietbarkeit und damit den langfristigen Werterhalt einer Immobilie. Auch die Eigentümer des nach wie vor als Büro genutzten Gebäudes – AXA Investment Managers-Real Assets/CDC (Caisse des Dépôts et Consignations) – wollten ihre Immobilie im Herzen von Paris für die Zukunft rüsten.

Die oben genannten Kriterien vor Augen, haben die Architekten des Pariser Büros DTACC das in die Jahre gekommene Bauwerk in ein zeitgemäßes Bürogebäude verwandelt, das allen heutigen Anforderungen entspricht.

Das insgesamt neungeschossige Bauwerk, das eine Nutzfläche von 11 200 m2 bietet, erstreckt sich entlang zweier Straßen, der Rue Lafitte und der Rue de Châteaudun. Der Haupteingang ist über Eck angeordnet – dort, wo die Rue Lafitte in die Rue de Châteaudun mündet. Hier öffnet sich eine großformatige Automatiktür zu einem einladenden Foyer, von wo aus die beiden Gebäudeflügel erschlossen werden. Die straßenseitigen Fassaden aus hellem Kalkstein wurden gereinigt und die raumhohen Fenster erneuert.

Verglaste Vorhangfassade

Zur optimalen Grundrissorganisation wurde im Inneren die gesamte nicht tragende Struktur entfernt; das Mauerwerk beschränkt sich auf die tragenden Wände um die Erschließungskerne herum. Bereits bei der vorhergehenden Sanierung in den 1990er-Jahren war die Fassade zum Innenhof durch eine weitgehend verglaste Vorhangfassade ersetzt worden, die jedoch nicht mehr heutigen energetischen Vorgaben entsprach. Deshalb – und auch um die hier angeordneten Arbeitsplätze noch besser mit Tageslicht zu versorgen, wurden nun auch die gemauerten Brüstungen entfernt und die Fassade über eine Höhe von 33 m als verglaste Pfosten-Riegelkonstruktion errichtet.

Ihre Besonderheit sind die sanft gerundeten, in einem Winkel von etwa 130 Grad geführten „Ecken“. Es war ein Anliegen der Architekten, den „rechten Winkel“ durch fließende Übergänge zu ersetzen, die der Pfosten-Riegelkonstruktion ihre Strenge nehmen und ein insgesamt harmonisches Bild vermitteln, wie es dem heutigen Zeitgeist entspricht. Im regelmäßigen Rhythmus angeordnete öffenbare, das heißt, nach außen ausstellbare Fensterflügel erlauben es den Nutzern, nach Lust und Laune zu lüften.

Umsetzung mit Brandschutz

So gefällig die Konstruktion wirkt, so anspruchsvoll war ihre Umsetzung. Als wäre die Einbindung solch großformatiger, gerundeter Scheiben allein nicht schon genug, musste die gesamte Innenhoffassade ab dem 1. OG der Feuerwiderstandsklasse E30 genügen, um Brandüberschlag zu verhindern.

Die Architekten entschieden sich für eine Konstruktion aus Aluminiumprofilen und dem Spezialglas Iso Pyran von Schott Technical Glass Solutions, Jena. In einer objektbezogenen Brandprüfung gemäß EN 1364 wurden Iso Pyran (plane Ausführung) und Iso Pyran G (gebogen) mit dem Aluminiumprofil FW60+ der Schüco International KG getestet. Mit überzeugendem Ergebnis: Statt der geforderten 30 Minuten erreichte das Bauelement sogar E60, denn es hielt exakt 66 Minuten den Flammen stand.

Zur Herstellung der gebogenen Scheiben lieferte Schott Technical Glass Solutions der spanischen Firma Cricursa das Spezialglas Pyran S als Rohglasscheiben. Das Unternehmen mit Sitz in Barcelona zählt weltweit zu den führenden Herstellern gebogener und laminierter Gläser. Für die Rue de Châteaudun fertigte Cricursa 1 800 x 3 100 mm große, im Radius von 2 400 mm gebogene und vorgespannte Scheiben (Aufbau: G8–16–66.2).

Aufgrund der Größe der Scheiben und der Biegung stellte ihre Montage eine große Herausforderung dar. Die Aluminiumprofile waren vorab in der Werkstatt von Alugreen SA, einer Tochtergesellschaft des Verarbeiters M.C.I., dem Radius der Scheiben entsprechend gebogen worden. Im konstruktiven Dialog mit den Systemgebern – Schott Technical Glass Solutions und Schüco International –, wurde mit viel Sachverstand und ebenso viel Fingerspitzengefühl die Fassade Feld für Feld geschlossen. Die vor der Verglasung angebrachten horizontalen und vertikalen Lamellen verleihen ihr zusätzliche Materialität, Tiefe und Rhythmus. Sie sind ebenfalls aus Aluminiumprofilen und wurden auf die raumabschließende Pfosten-Riegelfassade außen aufgeklipst.

Fazit mit Ausblick

Das konstruktive Engagement aller Beteiligten hat sich gelohnt: Nach Abschluss der Arbeiten wurde das Gebäude nicht nur mit verschiedenen, international anerkannten Zertifikaten ausgestattet – u. a. BREEAM Refurbishment, BBC Effinergie Rénovation, HQE Rénovation und Biodivercity –, sondern die Architekten erhielten auch den Auftrag für die Sanierung des benachbarten Bürogebäudes, der Nr. 23, Rue de Châteaudun. Die beiden Gebäude waren seinerzeit als eine Einheit errichtet worden und befinden sich heute im Eigentum verschiedener Besitzer. Gemeinsamer Wille ist es, die architektonische Zusammengehörigkeit zumindest optisch zu demonstrieren, indem die Innenhoffassade in gleichen Stil fortgeführt wird. Bezüglich der Brandschutzanforderungen gelten damit dieselben Vorgaben wie für das Haus Nr. 21.


Bauherr: AXA Investment Managers-Real Assets / CDC

Architekturbüro: DTACC Architekten, Paris
www.dtacc.com

Glasbearbeitung: Cricursa, Granollers/Barcelona

Vorbereitung und Montage: M.C.I. und Alugreen SA, Montreuil

 


In einer objektbezogenen Brandprüfung gemäß EN 1364 wurden Iso Pyran (plane Ausführung) und Iso Pyran (gebogen) mit dem Aluminiumprofil FW60+ getestet. Das Ergebnis: Statt der geforderten 30 Minuten erreichte das Bauelement sogar E60, denn es hielt 66 Minuten den Flammen stand.


Zertifizierung für das Gebäude nach seiner Sanierung durch:

  • BREEAM Refurbishment
  • BBC Effinergie Rénovation
  • HQE Rénovation
  • Biodivercity

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