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Ruhe: Knappes Gut

Sanitärinstallationen
Ruhe: Knappes Gut

Markus Hoeft

In einem Zeitalter sehr verdichteter menschlicher Lebensräume mit beinahe allgegenwärtigen Maschinen und Geräten sowie einer intensiven elektroakustischen Mediennutzung hat sich die Ruhe zu einem knappen Gut und damit zu einem Wert neuer Bedeutung entwickelt.
Ruhiges Wohnen ist ein die Lebensqualität maßgeblich bestimmender Komfortfaktor und teilweise fast schon ein Luxuskriterium. Nicht zufällig stehen schließlich die „ruhigen Wohnlagen“ der Städte meist an der Spitze der Immobilienpreislisten.
Subjektives Schallempfinden
Die Architektur und Bautechnik hat mit effizienten Lösungen für den Schutz von Wohnungen und Gebäuden gegen Außenlärm erfolgreich auf diese Entwicklung reagiert.
Am offenkundigsten ist der Fortschritt vielleicht bei den (Schallschutz-)Fenstern zu bemerken. Aber auch für Wände, Decken und Dachkonstruktionen beschreiben die allgemeine Fachliteratur und die Unterlagen der jeweiligen Hersteller in der Regel ausgezeichnet schalldämmende Konstruktionen. An der Außenhülle der Gebäude lässt sich (fast) jeder Schallschutz verwirklichen, zumindest sofern der Bauherr bereit ist, für das ruhigere Wohnen gegebenenfalls höhere Kosten zu akzeptieren.
Wenn Gebäude und Wohnungen wirksam gegen Außenlärm abgeschottet sind, gewinnt der Schutz gegen Schall von innen an Bedeutung.
Denn die relative Ruhe von außen lässt die inneren Geräusche aus Sanitärinstallationen, Lüftungsanlagen, Aufzügen etc. viel stärker hervortreten. Das Rauschen einer Wasserleitung oder das Prasseln des Wassers in der Dusche wirken dann eventuell störend, obwohl der Bewohner dasselbe Geräusch in einer weniger stillen Umgebung nicht als Belästigung empfinden würde bzw. unter Umständen gar nicht bemerkt hätte.
Geräusche können zwar als Schallwellen objektiv gemessen werden, ihre Wahrnehmung und Wertung als störender Lärm hängt aber individuell vom einzelnen Menschen und der jeweiligen Situation ab. Wegen dieses Phänomens der subjektiven Schallempfindung kann es gerade im gehobenen Wohnungsbau – mit einem ausgezeichneten Schutz gegen Außenlärm – zu Auseinandersetzungen zwischen Planer und Bauherr über den Schallschutz der inneren Installationen und Anlagen kommen.
Doch auch beim „normalen“ Bauen spielt der Schallschutz gegen Geräusche aus haustechnischen Anlagen bereits eine wichtige Rolle und hat Eingang in die Regelwerke gefunden.
Basisschallschutz nach Norm
Die Grundaussagen zum Schallschutz bei haustechnischen Anlagen trifft DIN 4109 in den Abschnitten 4.1 und 4.3 sowie in Tabelle 4. Die Norm als Ganzes gilt derzeit in der Fassung vom November 1989, jedoch hat es im Jahr 2001 eine Normenänderung DIN 4109/A1:2001–01 mit neuen Werten für Tabelle 4 gegeben. Es wurde vor allem der geforderte Schallschutz der Wasserinstallationen für Wohn- und Schlafräume um 5 dB verschärft sowie eine neue Fußnote zu den werkvertraglichen Voraussetzungen eingeführt.
Der Planer kann (und muss) durchaus noch mit dem Normentext von 1989 arbeiten, darf dabei aber nicht vergessen, statt der alten die neue Tabelle samt ihrer Fußnoten zu berücksichtigen.
Die in Tabelle 4 der Norm angegebenen Schallschutzwerte für Installationen und Anlagen gelten als allgemein anerkannte Regeln der Technik und sind immer dann relevant, wenn keine besonderen und weitergehenden Vereinbarungen mit dem Bauherrn getroffen wurden.
Die Norm geht von schutzbedürftigen Räumen aus, worunter Wohn- und Schlafräume (letztere auch in Beherbergungsstätten und Krankenhäusern), Unterrichtsräume sowie Büro- und ähnliche Praxis-, Sitzungs- oder Arbeitsräume verstanden werden. Aus der Aufzählung ergibt sich, dass die Forderungen DIN 4109 keinesfalls nur für Wohngebäude zutreffen.
Für die schutzbedürftigen Räume wird ein maximal zulässiger Schalldruckpegel durch Geräusche aus haustechnischen Anlagen definiert.
Nicht alle Geräuschquellen abgedeckt
Die angegebenen Werte gelten jedoch bei Wohnungen nur für Geräusche aus fremden Wohnungen und nicht für solche aus dem eigenen Wohnbereich.
Darum können die Forderungen auch nicht ohne weiteres auf Einfamilienhäuser übertragen werden.
Was sich hier so harmlos liest, birgt in der Realität einigen Zündstoff. Denn wenn der Bauherr auf einen fachgerechten Schallschutz Wert legt, erwartet er – wie oben schon angedeutet – ein besonderes Maß an Ruhe. Und darunter wird er in einem von mehreren Personen bewohnten Einfamilienhaus auch verstehen, dass er nicht von den Sanitärgeräuschen seiner Familienmitglieder behelligt wird.
Eine solche Forderung ist zwar nicht durch DIN 4109 gedeckt, für Missstimmungen zwischen Planer und Bauherr ist das Thema aber allemal gut.
Der Planer sollte erstens vorab den Bauherrn über diesen Zusammenhang aufklären und zweitens von sich aus für einen Mindestschallschutz innerhalb der Wohnung bzw. des Einfamilienhauses sorgen.
In der einschlägigen Literatur wird darauf verwiesen, dass Gerichte den Anspruch des Bauherrn auf einen Mindestschallschutz im Einfamilienhaus bejahen, auch wenn darüber keine gesonderten Vereinbarungen getroffen worden sind. Unter Mindestschallschutz sind die Lösungen zu verstehen, die sich ohne erheblichen Mehraufwand verwirklichen lassen.
Die Schallschutzforderungen der DIN 4109/A1 gelten außerdem ausdrücklich nicht für Nutzergeräusche, also etwa das Zuklappen des WC-Deckels oder das Rutschen in der Badewanne. Auch dies kann eine Quelle für Irritationen beim Auftraggeber sein, wenn er sich unter „Schallschutz nach Norm“ ein absolut ruhiges Badezimmer vorgestellt hat.
Regelwerke für erhöhten Schallschutz
Weil DIN 4109/A1 nicht alle baulichen Situationen und Geräusche abdeckt, kann es bei anspruchsvollen Bauvorhaben sinnvoll sein, einen erhöhten Schallschutz für die haustechnischen Anlagen zu vereinbaren. Dies sollte schriftlich und mit eindeutigen Angaben geschehen, schließlich ergeben sich für den Bauherrn einige Kosten und für den Planer einige Gewährleistungspflichten.
Zu klären ist, ob der erhöhte Schallschutz nur für Geräusche aus fremden oder auch aus der eigenen Wohnung vereinbart wird. Der geforderte Schalldruckpegel sollte als Zahlenwert festgelegt werden und außerdem das zu Grunde liegende Regelwerk benannt sein.
Derzeit kommen vor allem zwei Regeln in Frage: Beiblatt 2 zu DIN 4109 (Ausgabe November 1989) und VDI-Richtlinie 4100 (Ausgabe September 1994).
Die Festlegung einer der beiden Möglichkeiten ist wichtig, weil sie in Inhalt und Aufbau nicht übereinstimmend sind. Diese Diskrepanz sollte ursprünglich der Normentwurf DIN 4109 Teil 10 vom Juni 2000 „heilen“. In Herstellerunterlagen finden sich teilweise noch Bezüge auf diesen Entwurf, der jedoch inzwischen zurückgezogen wurde.
Erhöhter Schallschutz, speziell nach VDI 4100, verlangt komplexe Lösungsansätze, eine ganzheitliche Gebäudebetrachtung und Gewerkekoordinierung sowie eine sehr sorgfältige Überwachung der Ausführung.
Eine Realisierung ohne Akustik-Fachplaner ist nur sehr schwer möglich und für den Architekten mit Haftungsrisiken verbunden. Das Hinzuziehen des Fachplaners sollte deshalb ebenfalls in die Vereinbarung mit dem Bauherrn über den erhöhten Schallschutz aufgenommen werden.
Allgemeine Planungsgrundsätze
Egal, ob Basisschallschutz nach DIN 4109/A1 oder erhöhter Schallschutz in Zusammenarbeit mit einem Akustiker, Schallschutzplanung beginnt für den Architekten beim Grundriss und bei der Baukonstruktion.
Bäder und Küchen sollten stets übereinander liegen und nicht von Geschoss zu Geschoss verspringen, weil dadurch die Berührungspunkte zwischen Hausinstallationen und schutzbedürftigen Räumen reduziert werden. Aus dem gleichen Grund sind die Installationen möglichst nicht an Wänden zu Schlaf- und Kinderzimmern sowie an Wohnungstrennwänden zu befestigen.
Im Idealfall kann man zwischen Bad oder Küche und das Schlafzimmer einen weniger schutzbedürftigen Raum legen, was den Installationsschallpegel im zu schützenden Schlafzimmer um bis zu 10 dB senkt.
Geräusche aus Hausinstallationen werden als Körper- und als Luftschall weitergeleitet. Gegen die Luftschallübertragung sind schwere Ausführungen der Wände und Decken mit flächenbezogenen Massen ab 220 kg/m² aufwärts ein wirksames Mittel. Etwas aufwändiger, aber ebenfalls erfolgreich können außerdem biegeweiche Vorsatzschalen auf der schutzbedürftigen Wandseite das Problem lösen.
Details bei Wasser und Abwasser
Wegen der Übertragung als Körperschall dürfen speziell Sanitärinstallationen mit der Geräuschquelle des fließenden Wassers an keiner Stelle direkten Kontakt mit dem Bauwerk haben.
Alle potenziellen Berührungspunkte müssen schalltechnisch entkoppelt werden. Rohrdurchführungen durch Wände oder Decken erhalten dafür weich-federnde Dämmmanschetten, die neben dem Schallschutz auch Brandschutzanforderungen erfüllen können.
Sanitärgegenstände wie WC- oder Waschbecken werden elastisch befestigt bzw. bei Wannen oder Duschen auf elastische Lager gesetzt. Für Rohrleitungsbefestigungen lassen sich spezielle schallentkoppelnde Schellen verwenden.
Geräusche in der Wasserversorgung entstehen vor allem in den Armaturen, von wo sie sich in das Rohrsystem fortpflanzen können. In die Schallschutzüberlegungen zur entkoppelten Lagerung sind die Auslaufarmaturen deshalb unbedingt einzubeziehen. Es dürfen nur geprüfte Armaturen mit bauaufsichtlichem Prüfzeugnis verwendet werden, aus dem Durchflussklasse und Armaturengruppe hervorgehen müssen.
Aus Tabelle 6 der DIN 4109 lässt sich dann der zugehörige Armaturengeräuschpegel Lap entnehmen. In der Praxis können Probleme auftreten, wenn der Bauherr sich erst sehr spät für bestimmte Armaturen entscheidet oder die Armaturen später austauscht, ohne dabei deren Schallschutzqualität zu beachten.
Bei Abwasserrohren sind vor allem Richtungsänderungen und Abzweige eine Geräuschquelle, die man zwar in der Anzahl gering halten, aber baupraktisch nicht völlig vermeiden kann. In kritischen Fällen verbessern die Rohrführung im abgekapselten und ggf. gedämmten Schacht oder eine schalldämmende Rohrummantelung den Schallschutz.
Schallschutz nachweisen und überprüfen
Sanitärprodukte und Befestigungskomponenten mit nachgewiesenem Schallschutz finden sich in den Sortimenten vieler Hersteller. Die Dokumentation des Schallschutzes hat mit der Änderung A1 der DIN 4109 an Bedeutung gewonnen, weil neben den verbesserten Werten auch eine bis dahin nicht vorhandene Fußnote b eingeführt wurde, die neben anderem besagt: „Die Ausführungsunterlagen müssen die Anforderungen des Schallschutzes berücksichtigen, d.h. unter anderem zu den Bauteilen müssen die erforderlichen Schallschutznachweise vorliegen.“
Praktisch können damit für die gesamte Haustechnik nur noch Komponenten mit schalltechnischem Prüfzeugnis oder Eignungsnachweis verwendet werden, sofern der Planer nicht selbst einen Nachweis führen will. Außerdem muss in allen Leistungsbeschreibungen, Stücklisten usw. der Schallschutz der jeweiligen Installations-Bauteile genannt werden.
Für die Ausführungsüberwachung im Rahmen der Bauleitung ist zu beachten, dass beim Schallschutz kleine Mängel, etwa punktuelle Berührungen des Bauwerks ohne Entkopplung, große Wirkungen haben können. Solche Fehler verursachen nicht unbedingt die Sanitärinstallateure, sondern eventuell auch Nachfolgegewerke wie Maurer/Putzer im Nassbau oder der Trockenbauer bei Leichtkonstruktionen.
Um diese Gewerkeschnittstellen besser beherrschen zu können, orientiert DIN 4109/A1 auf eine Teilabnahme vor Verschluss der Kanäle oder Vorwandinstallationen. Das rettet nicht zwangsläufig vor Fehlern nachfolgender Handwerker, erleichtert aber die Ursachensuche.
Sowohl unter dem Aspekt des erforderlichen Schallschutznachweises als auch im Hinblick auf eine sichere Ausführungsüberwachung haben komplette Sanitär-Systemlösungen in Form von Vorwandinstallationen sowie Installationswänden oder -schächten wesentliche Vorteile. Sie bieten einen optimierten sowie in der Herstellerdokumentation nachgewiesenen Schallschutz. Gleichzeitig werden die Funktionen der Standsicherheit sowie des Brand- und Feuchteschutzes erfüllt und potenzielle Fehlerquellen bei der Bauausführung minimiert.
Produkte
Schacht- und Vorwandsystem Geberit Quattro inklusive Rohrleitungs-, Abwasser- und Lüftungssystemen.
Weitere Informationen bba 559
Einbausysteme sowie Schalldämmsets für Bade- und Duschwannen (Kaldewei).
Weitere Informationen bba 560
Schalldämmsysteme für Kanäle und Rohre sowie die Befestigung von Sanitärelementen (Missel).
Weitere Informationen bba 561
Vorwandinstallationssysteme Uponor Meroblock und Uponor M-Tec.
Weitere Informationen bba 562
Vorwandinstallationssysteme und Installationswände Rapid und Uniset (Grohe).
Weitere Informationen bba 563
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