Die heute in Berlin vorgestellte »Deutschlandstudie 2019: Wohnraumpotenziale in urbanen Lagen, Aufstockung und Umnutzung von Nichtwohngebäuden« der TU Darmstadt und des Pestel-Instituts weist erneut auf das immense Flächenpotenzial auf den Dächern von Bestandsbauten hin. Die Studie, von führenden Organisationen und Verbänden der deutschen Planungs-, Bau- und Immobilienbranche in Auftrag gegeben, sieht in der Aufstockung bestehender Bauten eine Möglichkeit, fehlenden Wohnraum in Ballungsgebieten zu schaffen.
Während die vorangegangene Deutschlandstudie 2016 die Aufstockung von Wohngebäuden untersuchte, rückt die zweite Studie die Aufstockung von Bürogebäuden, Supermärkten und Parkhäusern in Innenstädten in den Fokus. Diese stellen Potenzialflächen in den Kernlagen von Städten, Gemeinden und Kommunen dar, auf denen bezahlbarer Wohnraum entstehen könnte. Die Studie beziffert bei konservativen Annahmen das zusätzliche Wohnraumpotenzial mit bis zu 2,7 Millionen zusätzlichen Wohneinheiten.
Der Mangel an Baugrund ist einer der wesentlichen Ursachen für den stockenden Wohnungsbau und die dramatische Preissteigerung von Mieten. Bezahlbarer Wohnraum fehlt vor allem in den Großstädten. Die Schaffung von Wohnraum ist eine der drängendsten Aufgaben unserer Gesellschaft.
„Aufstockungen tragen dazu bei, die wachsende Versiegelung von Flächen zu vermeiden. Das Zusammenfügen von großen gewerblichen Einheiten und kleinteiligen Wohneinheiten ist allerdings eine anspruchsvolle Bauaufgabe, die sorgfältig konzipiert und von erfahrenen Planern übernommen werden muss. Es gibt bereits erfolgreiche Beispiele aus Wettbewerbsverfahren,“ sagt Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer.
„Wir müssen unseren Gebäudebestand intelligent und lebensnah verdichten – für Vielfalt und Lebensqualität in unseren Städten. Dazu sind Anpassungen im Bauplanungs- und im Bauordnungsrecht notwendig, um die Rahmenbedingungen für Aufstockung und Umnutzung zu verbessern. Außerdem müssen finanzielle Anreize und passende Förderprogramme geschaffen werden.“
Gemeinsam mit weiteren Verbänden haben Bundesarchitektenkammer und auch Bundesingenieurkammer Rahmenbedingungen erarbeitet, die für die Umsetzung erforderlich sind. Dazu gehören u.a.:
- Erleichterung von Genehmigungsverfahren,
- Zulassen der Überschreitung der zulässigen Geschossflächenzahl (GFZ) für Aufstockungen ohne Ausgleichsmaßnahmen,
- Reduzieren von Anforderungen (z.B. im Bereich Schall, Wärme, Barrierefreiheit), wenn die statischen und technischen Voraussetzungen nachgewiesen werden,
- Anpassung von Trauf- oder Firsthöhen.
Neben der Tragwerkstruktur sind bei der Aufstockung von Nichtwohngebäuden weitere Aspekte aus der Bauphysik zu berücksichtigen. „Darüber hinaus sind energetische Richtlinien sowie Brandschutz- und Schallschutzanforderungen für die bestehenden Nichtwohngebäude und die neuen Wohnungen zu erfüllen. Hier müsste politisch schnellstmöglich nachjustiert werden“, fasst Hans-Ullrich Kammeyer, Präsident der Bundesingenieurkammer, die Ergebnisse zusammen.
Die neue Studie zeigt anhand von 20 Best-Practice-Beispielen, wie durch Aufstockungen und Umnutzungen von Nichtwohngebäuden ein wesentlicher und qualitätsvoller Beitrag zum Wohnungsmarkt in urbanen Räumen geschaffen werden kann.