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Österreichischer Pavillon in Venedig soll 2023 geteilt werden

Architekturbiennale 2023
Halber Pavillon für Venedig

Der österreichische Pavillon 2023 fordert die Biennale auf, sich im schrumpfenden Venedig ihrer politischen und kulturellen Verantwortung zu stellen. Der symmetrische Pavillon soll geteilt, eine Hälfte zum angrenzenden Stadtteil geöffnet und für die Bevölkerung Venedigs frei zugänglich werden. Derzeit stößt diese Idee jedoch auf  Widerstand bei den Verantwortlichen.

Erstmals in ihrer jüngeren Geschichte hat die Einwohnerzahl der Altstadt Venedigs einen historischen Tiefpunkt erreicht und ist unter die kritische Marke von 50.000 gesunken.

Räumliche Verdrängungsprozesse und der Verlust essenzieller Infrastruktur führen seit Jahrzehnten zu einer steten Entvölkerung der Stadt. Politische Versprechen wurden gebrochen, raumplanerische Kontrollinstanzen in den vergangenen Jahren schrittweise abgeschafft. Der soziale Wohnungsbau wurde mittlerweile de facto eingestellt. Das einheimische Leben in Venedig wird zunehmend marginalisiert.

Unterstützt wird dies durch eine Kulturpolitik, die vorgeblich eine bewohnbare Stadt zum Ziel hat, aber raumgreifend gegen sie arbeitet. Venedig kann ohne Kulturtourismus nicht mehr überleben. Dieser leistet mittlerweile einen beträchtlichen Beitrag zur Erhaltung der Altstadt. Gleichzeitig tragen die kulturellen Institutionen durch ihre ständige räumliche Ausdehnung aber dazu bei, immer größere Teile der Stadt ihren Bewohnern zu entziehen.

Der Widerstand gegen alle diese Entwicklungen hat zu einer ungewöhnlich hohen Dichte an selbstorganisierten Zusammenschlüssen innerhalb der Bewohnerschaft geführt. Sie eint das gemeinsame Ziel, das drohende Absterben der Stadt zu verhindern.

»Wie werden wir zusammenleben?«

Temporärer Umbau des österreichischen Pavillons

Das in Wien beheimatete Architekturkollektiv AKT und der Architekt Hermann Czech planen für die 18. Internationale Architekturausstellung La Biennale di Venezia (20. Mai bis 26. November 2023) einen gesellschaftlich wirksamen temporären Umbau des österreichischen Pavillons. Ein Teil des Gebäudes wird zum angrenzenden Stadtteil geöffnet und frei zugänglich an die Bevölkerung Venedigs abgetreten. Im Zentrum dieses architektonischen Eingriffs steht die Frage nach der Verfügungsmacht über Raum und nach den gesellschaftlichen Verschiebungen, die Architektur in gebauter Form auslöst.

Der österreichische Pavillon liegt an der nordöstlichen Grenzmauer des Biennale-Areals. Der dahinterliegende Stadtteil ist eines der wenigen verbliebenen, noch überwiegend von lokaler Bevölkerung bewohnten Viertel Venedigs. AKT und Hermann Czech planen, die historische Biennale-Mauer zu öffnen, die Trennung zwischen Biennale und Stadt in den Pavillon zu verschieben und der städtischen Öffentlichkeit Platz einzuräumen: ein »Laboratory of the Future«.

Der österreichische Pavillon fordert so die größte Kulturveranstaltung Venedigs auf, sich im Kontext der Stadt ihrer politischen und kulturellen Verantwortung als »Labor der Zukunft« zu stellen. Durch die temporäre Öffnung des Pavillons wird das Verhältnis zwischen Stadt und Biennale öffentlich sichtbar verhandelt.

Faserpavillon

Mögliches Scheitern als Inhalt der Ausstellung

Ihr Konzept haben AKT und Hermann Czech nun der Biennale präsentiert – nach einjähriger Vorarbeit mit lokalen Organisationen und Bewohnern. Bei der Biennale und den involvierten Institutionen stößt die Öffnung der Stadt jedoch derzeit noch auf großen Widerstand.

Sollte die geplante Öffnung zur Stadt am Widerstand der Biennale und/oder den beteiligten Institutionen scheitern, wird dieses Scheitern zum politischen Inhalt der Ausstellung. Der für das Projekt geplante architektonische Zustand wird bis auf die verhinderte Öffnung hergestellt und als unzugängliche Leerstelle zum zentralen Exponat der Ausstellung. Die dann nicht öffentlich zugängliche Hälfte des Pavillons wird für die Biennale-Besucher als vertane Möglichkeit der Beteiligung erfahrbar gemacht. Das Scheitern, ebenso wie seine Gründe, werden dokumentiert und im Zuge der Ausstellung kontextualisiert.

Die politische Dimension der Verantwortung kultureller Institutionen werde damit dem internationalen Publikum umso anschaulicher und dringlicher dargestellt, so die Verfasser.

»Wenn (…) [eine] Institution echte Veränderungen möchte, wenn sie tatsächlich echte Diversität, Inklusion und Gleichstellung möchte, muss sie Mechanismen schaffen, die eine Realisierung auch ermöglichen. (…) Für die Institutionen liegt genau darin die große Herausforderung, denn jemand muss seinen Platz räumen, damit jemand anderes ihn einnehmen kann.«

 – Lesley Lokko, Kuratorin der 18. Internationalen Architekturausstellung La Biennale di Venezia 2023


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