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Infraleichtbeton weiter verbessert bei Wohnhaus

Neubau eines Wohnhauses in Pfaffenhofen
Meilenstein bei Infraleichtbeton

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Mit seinem 2015 fertiggestellten Einfamilienhaus in Aiterbach schuf Architekt Michael Thalmair ein Leuchtturmprojekt in Sachen Betontechnologie, nämlich monolithisch mit wärmedämmendem Infraleichtbeton. Im Mai 2020 hat Thalmair ein zweites Wohnhaus in Pfaffenhofen fertiggestellt – mit einem weiter verbesserten Infraleichtbeton: statisch tragend, hochwärmedämmend und recycelbar.

Anforderung:

Wohnhaus in monolithischer, ressourcenschonender Bauweise aus Beton

Lösung:

Recycelbarer Infraleichtbeton für Keller- und Außenwände: Rohdichte 570 kg/m³, Wärmeleitfähigkeit 0,126 W/(mK)


Der für das von Thalmair selbst bewohnte Einfamilienhaus in Aiterbach entwickelte Infraleichtbeton hat sich, so berichtet der Architekt, nach fünf Jahren in allen Belangen bewährt: „Ich bin nach wie vor überzeugt von diesem innovativen Baustoff.“

Entfacht wurde Thalmairs Begeisterung für monolithische Bauweisen mit wärmedämmenden Leichtbetonen von ersten in der Schweiz damit realisierten Projekten: u. a. Architekten Valentin Bearth, Andrea Deplazes und Daniel Ladner 2001 wärmedämmender Leichtbeton beim Haus Meuli im schweizerischen Fläsch oder Architekt Patrick Gartmann 2003 Wohnhaus aus so genanntem Isolationsbeton in Chur.

Leichtbetone sind mit Blähton, Blähglas oder Blähschiefer versetzt und enthalten dadurch relativ viel Luft, also eine geringe Wärmeleitfähigkeit. Je mehr Luft ein Baustoff enthält, desto geringer ist seine Rohdichte, in kg/m³ bemessen. Die Rohdichte eines gefügedichten Leichtbetons liegt zwischen 800 kg/m³ und 2 000 kg/m³. Infraleichtbeton ist eine Weiterentwicklung des Leichtbetons und bietet aufgrund einer Rohdichte von weniger als 800 kg/m³ noch bessere Wärmedämmeigenschaften. Die tragende und zugleich wärmedämmende Funktion des Infraleichtbetons ermöglicht das Bauen mit einem einzigen monolithischen Material. Anders als bei mehrschichtigen, komplexen Wandaufbauten können mit Infraleichtbeton einfache, robuste, dauerhafte und ressourcenschonende Konstruktionen realisiert werden.

Entwicklung von Infraleichtbeton 2.0

Nach Besichtigung der Schweizer Projekte kam zusammen mit dem Betontechnologen Björn Callsen der Kontakt zum Hersteller dieser Infraleichtbetone zustande. Thalmairs Vorhaben schien zunächst an den Kosten für den neuen Baustoff zu scheitern. Doch Björn Callsen bot ihm ein Experiment an: Er könne ihm einen günstigen Infraleichtbeton für sein geplantes Vorhaben entwickeln. Thalmair stimmte zu – und so wurde in einem Münchener Betonlabor in Kooperation mit Prof. Karl-Christian Thienel von der Universität der Bundeswehr München ein neuer Infraleichtbeton kreiert.

Er wies eine Rohdichte von 700 kg/m³ bei einer Druckfestigkeit von 8 N/mm² auf. Um eine niedrige Wärmeleitfähigkeit von Lambda 0,185 W/mK zu erzielen, wurden dem Beton ein Blähglasgemisch und Blähton zugeführt. Die mit diesem Infraleichtbeton realisierten 50 cm starken Außenwände des Einfamilienhauses in Aiterbach ermöglichen Niedrigenergiehausstatus. Der Beton wurde in einem Münchener Transportbetonwerk hergestellt.

Große Resonanz

Michael Thalmairs Wohnhaus aus Infraleichtbeton fand in den Medien große Aufmerksamkeit, ebenso bei Bauherren und Architekten. Einige weitere Infraleichtbeton-Projekte, so Björn Callsen, wurden in den letzten fünf Jahren im Großraum München realisiert. Es hätten weit mehr sein können, würde die für das Bauen mit Infraleichtbeton erforderliche Zustimmung im Einzelfall durch die oberste Baubehörde nicht so manche Bauherren davon abhalten, ihre Ideen mit dem innovativen Beton zu realisieren. Zudem, so Callsen, stellte sich heraus, dass nicht alle Transportbetonwerke ihre Mischsilos auf den neuen Baustoff einstellen können.

Mobiles Betonwerk für Infraleichtbeton

Um den neuen Infraleichtbeton auch deutschlandweit verfügbar machen zu können, entwickelte die Holcim (Deutschland) GmbH in den letzten Jahren ein mobiles Betonwerk. Dieses ist auf einem 12 m langen Lkw-Auflieger als technisch ausgereiftes Betonwerk verbaut und kann innovative Betonsorten wie Infraleichtbeton deutschlandweit auf jeder Baustelle als Ortbeton herstellen.

Gleichzeitig entwickelte Callsen den beim Einfamilienhaus in Aiterbach eingesetzten Infraleichtbeton weiter. Entstanden ist ein Hochleistungsbeton, der durch seine bauphysikalischen Eigenschaften wegweisend sein wird – ein Infraleichtbeton 2.0. Dieser ist ein statisch tragender Hochleistungsbeton, der zugleich über eine hohe Dämmfunktion verfügt, die Anforderung an Wärmedämmung erfüllt und zu 100% recycelbar ist. Gleichzeitig erfüllt er die Anforderungen an Schall- und Brandschutz. Mit diesem Infraleichtbeton lassen sich monolithische, lebhafte und unverwechselbare Betonoberflächen herstellen, deren Oberflächen einen eher warmen Charakter haben.

Der neue Infraleichtbeton, der sich aus klinkerarmem CEMIII-Zement, abgestuftem Blähglas und Zusatzmitteln zusammensetzt, verfügt über eine Rohdichte von nur 570 kg/m³ mit einer maßgeblich reduzierten Wärmeleitfähigkeit von 0,126 W/(mK). Wie schon der in Aiterbach eingesetzte Beton wurde auch der neue Infraleichtbeton von Prof. Karl-Christian Thienel vom Institut für Werkstoffe des Bauwesens, Universität der Bundeswehr München (UniBw), sowie von Prof. Thomas Braml vom Institut für Konstruktiven Ingenieurbau, UniBw, geprüft.

Wohnhaus in Pfaffenhofen

Architekt Michael Thalmair plante 2019 auf einem kleinen 300 m2 großen Grundstück in Pfaffenhofen an der Ilm ein zweites eigenes Wohnhaus – auf Anregung von Björn Callsen mit dem neu entwickelten Infraleichtbeton.

Das zweigeschossige Wohnhaus mit Keller beinhaltet zwei Wohnungen mit einer gesamten Nutzfläche von 215 m² und einer Wohnfläche von 185 m². Durch die Hanglage konnte die untere Einliegerwohnung als vollwertig belichtetes Geschoss realisiert werden. Beide Wohneinheiten sind in Anordnung und Ausrichtung voneinander getrennt, wodurch die Privatsphäre gesichert wird.

Die 50 cm starken Keller- und Außenwände sind monolithische, rein mineralische, diffusionsoffene und nicht brennbare Sichtbetonwände ohne zusätzliche Wärmedämmung. Selbst der Keller wurde nicht mit Styropor versehen, sondern lediglich „schwarz“ abgedichtet. Thalmair ist von dieser ressourcenschonenden Bauweise mit Beton überzeugt: „Die ressourcenoptimierte Herstellung des Infraleichtbetons und selbst der spätere Rückbau des Gebäudes tragen beispielhaft zur Reduktion von Treibhausgasen bei, denn der für die Außenwände eingesetzte Infraleichtbeton ist zu 100% recyclebar. Die Gesteinskörnung besteht ausschließlich aus Blähglas, das aus Recyclingglas hergestellt wurde. So kann der Beton mit konventionellen Methoden zu 100% recycelt werden.“

Da die Außenwände monolithisch hergestellt wurden, ist eine sortenreine Trennung möglich, die enthaltende Stahlbewehrung kann vom Beton getrennt, der rückgebaute Infraleichtbeton als Sekundär-Rohstoff eingesetzt werden. Mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe sowie einer dezentralen Lüftung entspricht der Energieverbrauch des Gebäudes dem Neubau-Standard nach EnEV. Der Effizienzhaus-Standard KfW-Effizienzhaus 55 wäre, so Thalmair, mit dem Einbau einer zentralen Lüftungsanlage ohne weiteres erreichbar.

Kein Hexenwerk

Der neue Infraleichtbeton ermöglicht eine einfache und schnelle Bauweise. Das Ziel war es, so Thalmair, „baukonstruktiv einfach und damit auch schnell, visuell aber sehr hochwertig zu bauen.“ Gegenüber z. B. Ziegelbauweisen sind weniger Gewerke notwendig, was sich auch positiv bei gewerkeübergreifenden Schnittstellen auswirkt und Mängel verhindert. Das Gewerk Baumeister, so Thalmair, ist aufgrund der Schalarbeiten zwar etwas komplexer und erfordert gegenüber herkömmlichen Bauweisen einen zeitlichen Mehraufwand von ein bis zwei Wochen, dafür aber ergibt sich bei den Folgegewerken wie Innen- und Außenputz, Dämmung und Malerarbeiten sowie den entsprechenden Trocknungszeiten je nach Bauvolumen eine Zeitersparnis bis zu zehn bis zwölf Wochen. Die Mischung des Betons erfolgte vor Ort auf der Baustelle durch das mobile Betonwerk. Der Einbau des Infraleichtbetons ist, berichtet Thalmair, „kein Hexenwerk“. Das Team des lokalen Bauunternehmers wurde von Björn Callsen eingewiesen und beaufsichtigt: „Man braucht vor dem neuen Infraleichtbeton keinen besonderen Respekt zu haben. Er wird ähnlich verarbeitet wie ein normaler Beton.“


Projekt: Wohnhaus, Pfaffenhofen

Bauherr: Michael Thalmair

Architekt: KPT Architekten, Kirchmann Patzek Thalmair, Architekten Ingenieure, Freising
www.kpt-architekten.de

Bauunternehmen Rohbau: Irrenhauser & Seitz GmbH & Co. KG, Gerolsbach

Betonlieferant: Holcim Deutschland GmbH mit Holcim ThermoPact

Bauzeit: 07|2019 – 5|2020

Wohnfläche: 185 m².

Nutzfläche: 215 m²

Grundstücksgröße: 301 m2


Architekt Michael Thalmair: „Entstanden ist ein auf den ersten Blick wahrscheinlich sehr normales und unspektakuläres Projekt. Der dafür eingesetzte Beton ist jedoch ein Meilenstein in der Betontechnologie.“


Zustimmung im Einzelfall für Bauen mit Infraleichtbeton 2.0: Rohdichte von 570 kg/m³ und Wärmeleitfähigkeit von 0,126 W/(mK)

Wie für alle Gebäude aus Infraleichtbeton war auch für das Wohnhaus in Pfaffenhofen eine Zustimmung im Einzelfall erforderlich. Diese wurde in diesem Fall relativ zügig erteilt. In Bayern, so Björn Callsen, liege eine solche Zustimmung in der Regel binnen weniger Wochen vor.


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