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Infektionssicheres Zweibettzimmer fürs Krankenhaus entwickelt

Forschungsprojekt
Infektionssicheres Zweibettzimmer fürs Krankenhaus entwickelt

Jährlich sterben in Deutschland ca. 20.000 Menschen an Krankenhaus-Infektionen, rund 2.400 Todesfälle sind dabei auf multiresistente Keime (MRE) zurückzuführen. Das Projekt „KARMIN“ hat nun untersucht, ob Zweibettzimmer im Krankenhaus so gebaut werden können, dass Infektionen nicht übertragen werden. Dazu hat ein Architekten-Team der TU Braunschweig ein infektionssicheres Zweibettzimmer inklusive getrennter Nasszellen entworfen und als Prototyp realisiert.

Krankenhausinfektionen und multiresistente Erreger, gegen die keine Antibiotika mehr helfen, sind in Kliniken immer häufiger ein Problem. Insbesondere in Mehrbettzimmern können Bakterien schnell übertragen und zu einer akuten Gefahr für die Patienten werden. Deshalb wird bislang gefordert, mit multiresistenten Erregern infizierte Patienten in Einzelzimmern zu isolieren. Doch die ausschließliche Nutzung von Einbettzimmern ist mit mehreren Nachteilen und höheren Kosten verbunden.

Infektionssicheres Zweibettzimmer

Ein erster Prototyp des infektionssicheren Zweibettzimmers wurde auf dem Firmengelände der Röhl GmbH in Waldbüttelbrunn bei Würzburg fertiggestellt. Ein zweiter Demonstrator entsteht gerade bis Oktober 2020 auf dem Gelände der Charité Berlin. Dort wird er im Rahmen des jährlichen „World Health Summit“ einem internationalen Publikum vorgestellt.

Der Demonstrator soll Antwort geben, welchen Einfluss die Architektur eines Krankenhauses auf die Hygiene hat und ob das Zweibettzimmer ausreichend infektionssicher für die Patienten ist. Dr. Wolfgang Sunder vom Institut für Industriebau und Konstruktives Entwerfen der TU Braunschweig und Projektleiter von KARMIN ist der Meinung: „Architektur und Design können einen wichtigen Beitrag zur Hygiene im Krankenhaus leisten, wenn baulicher Infektionsschutz bei der Planung und dem Betrieb von Krankenhäusern berücksichtigt wird.“  

Not-Krankenhäuser für Corona-Patienten

Untersuchungen am Mikrobiom

In einer Studie haben die Wissenschaftler der Charité Berlin zunächst ein Jahr lang Abstriche in Patientenzimmern sowie Proben direkt von Patienten genommen. „So können wir zum ersten Mal zeigen, wie sich das Mikrobiom, also die Gesamtheit der Mikroorganismen, auf den Oberflächen im Krankenhaus aufbaut“, sagt Dr. Rasmus Leistner vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité Berlin.

Reinigungsmittel und anwesende Personen könnten demnach durch ihr eigenes Mikrobiom die Mikroben-Konstellation des Zimmers verändern. Einerseits vernichten Reinigungsmittel Bakterien, schaffen andererseits aber auch Nischen für gefährliche Erreger. Erste Schlüsse konnten die Mediziner bereits ziehen: „Wir empfehlen, keine antibakteriellen Oberflächen in Patientenzimmern einzusetzen“, sagt Professorin Hortense Slevogt vom Universitätsklinikum Jena. „Damit könnten auch Mikroben abgetötet werden, die nützlich sind.“

Hygiene bis ins Detail

Statt auf antibakterielle Oberflächen setzt KARMIN auf Materialien, die sich leicht reinigen lassen. Architekten und Designer der TU Braunschweig konnten zeigen, wie eine kluge Raumplanung und die Neugestaltung hygienerelevanter Gegenstände die Übertragung gefährlicher Keime in Krankenhäusern verhindern kann. Auch Details wie die Beleuchtung und die Position der Desinfektionsmittel-Spender haben die Planer berücksichtigt. So lassen sich hohe Hygienestandards und sinnvolle Pflegeabläufe miteinander verbinden.

Das Zwei-Bäder-Prinzip

Momentan haben Zweibettzimmer in Krankenhäusern nur ein Bad, das sich die Patienten teilen. Getrennte Bäder gewährleisten jedoch mehr Hygiene: „Wir gehen davon aus, dass die Mehrkosten für die zweite Nasszelle dadurch ausgeglichen werden, dass Kosten für eventuelle Infektionsbehandlungen wegfallen“, sagt KARMIN-Projektleiter und Architekt Dr. Wolfgang Sunder vom Institut für Industriebau und Konstruktives Entwerfen (IIKE) der TU Braunschweig.

Das Architektenteam hat gemeinsam mit dem bayerischen Unternehmenspartner Röhl und weiteren 17 Industriepartnern einen Prototyp für das neuartige Patientenzimmer gebaut. Nun folgt eine Evaluierungsphase. „Der Demonstrator soll von Klinikmitarbeiterinnen und Klinikmitarbeitern sowie einem Expertenteam bewertet werden“, sagt Sunder. „Vor allem die Reinigungs- und Behandlungsabläufe wollen wir noch einmal genau unter die Lupe nehmen.“

Kautschukböden erleichtern hygienische Reinigung

Im Demonstrator wurde der Kautschuk-Bodenbelag „noraplan sentica“ verlegt. nora Bodenbeläge lassen sich nicht nur leicht reinigen, sondern auch vollständig desinfizieren und sind somit für den Einsatz in Risikobereichen geeignet, in denen eine regelmäßige Flächendesinfektion erforderlich ist. Aufgrund ihrer extrem dichten Oberfläche müssen nora Böden im Gegensatz zu anderen elastischen Bodenbelägen nicht beschichtet werden, sodass ein Absperren von Bereichen während dieser Zeit entfällt und ein „Rund um die Uhr“-Betrieb gewährleistet wird.

Antimikrobielle Fenstergriffe

Auch das Unternehmen Schüco unterstützte das Forschungsprojekt durch die Mitwirkung während der Planungs- und Optimierungsphase sowie durch die Bereitstellung geeigneter Produkte. Beim „Patientenzimmer der Zukunft“ kamen Aluminiumfenster der Serie „AWS 75 BS.HI+“ zum Einsatz. Während ein Element als Drehfenster mit per Griff entkoppeltem Öffnungsbegrenzer ausgeführt wurde, ist das zweite Fenster als „Kipp-vor-Dreh“ mit Komfortkomponenten für reduzierte Bedienkräfte ausgestattet.

Das Wichtigste dabei: Beide Fenster wurden mit dem antimikrobiellen Fenstergriff „Schüco SmartActive“ ausgestattet. Erzielt wird die antimikrobielle Wirkung durch in die Oberfläche des Griffes eingebundene hochreine Mikrosilberpartikel. Keime, die mit der Oberfläche in Kontakt kommen, sterben ab. Damit wird auch ihre weitere Vermehrung wirkungsvoll verhindert. Das von Schüco eingesetzte Mikrosilber ist garantiert nanofrei und kann die menschliche Haut daher nicht durchdringen.

Zum Projekt

„KARMIN“ (Krankenhaus, Architektur, Mikrobiom und Infektion) ist als Teilprojekt in InfectControl 2020, einem Konsortium aus Wirtschaftsunternehmen und akademischen Partnern, eingebunden und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Neben der TU Braunschweig gehören die Charité Universitätsmedizin Berlin, das Universitätsklinikum Jena und die Röhl GmbH Blechbearbeitung aus Waldbüttelbrunn zu den Verbundpartnern. Darüber hinaus unterstützen 17 namhafte Industriepartner das Projekt.

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