Das Gewächshaus wurde im 18. Jahrhundert für den Anbau von Heilpflanzen errichtet und war bis zum Ende des 20. Jahrhunderts in Betrieb, bevor es nach und nach aufgegeben wurde. Der historische Bau befindet sich im Garten der Privatklinik Saint Jean de Dieu, die für ihre hervorragende chirurgische und krebsmedizinische Versorgung bekannt ist.
Der zunehmende Platzmangel in der Klinik veranlasste die Fondation Saint Jean de Dieu dazu, das Gewächshaus wieder nutzbar zu machen und in einen Freizeitraum für Personal und Patienten umzuwandeln, in dem unterschiedliche Aktivitäten stattfinden können – z.B. Kunstkurse, Diskussionen, Vorträge und Sport.
Herausforderung Denkmalschutz
Der Standort des Gewächshauses befindet sich innerhalb der Grenzen des sogenanten secteur sauvegardé im 7. Pariser Arrondissement. Dieser wurde zum Schutz des historischen Erbes geschaffen und wird durch den Plan de Sauvegarde et de Mise en Valeur (PSMV) geregelt, der Regeln zum Schutz des baulichen Erbes und architektonische Vorschriften enthält. Er beschränkt nicht nur Neubauten, sondern auch bestehende Gebäude, die originalgetreu renoviert werden müssen.
Die Herausforderung bei dem Projekt bestand darin, das Gewächshaus so umzugestalten, dass es das ganze Jahr über für neue Zwecke genutzt werden kann und gleichzeitig die Auflagen des PSMV zur Erhaltung und Aufwertung des Kulturerbes erfüllt.
Spiel mit der Materialität
Um das Gewächshaus an seine neue Bestimmung anzupassen, war es zunächst notwendig, das Bodenniveau zu senken – zum einen, weil die ursprüngliche Höhe nicht ausreichte, zum anderen, weil es unmöglich war, das äußere Volumen zu erhöhen. Um Vorhandenes von Neuem zu unterscheiden, beschlossen die Architekten, mit der Materialität zu spielen: Die Flächen unterhalb des ursprünglichen Bodenniveaus wurden mit Terrazzo markiert, die darüber liegenden Flächen mit Holz – dem Material, das den alten Boden bedeckt hatte. Auf diese Weise erzählt die Materialität die Geschichte des Gebäudes und zeugt von seiner früheren Nutzung.
Dieser Ansatz wurde auch in der Gebäudehülle konsequent fortgeführt: Die Außenwände aus Terrakotta-Ziegeln wurden mit wiederverwendeten Ziegeln unterfüttert und mit einer vor Ort gegossenen Betonleiste abgedeckt. Auch das Glasdach wurde originalgetreu erneuert. Hier schaffte man es, sich den ursprünglichen Holzquerschnitten anzunähern und gleichzeitig eine Doppelverglasung einzubauen, um die Wärmedämmleistung zu verbessern.
Multifunktionales Holzmöbel
Während die Außenhülle diskret restauriert wurde, ist der Umbau im Inneren – vor allem dort, wo das Erdgeschoss abgesenkt wurde – deutlicher zu erkennen.
Das gesamte Mobiliar wurde am Rand platziert, wo sich früher die Pflanzenkübel befanden. Dadurch wird der zentrale Raum frei und steht nun für verschiedene Aktivitäten zur Verfügung – eine für den Austausch förderliche Konfiguration, die an Prinzipien religiöser Architektur erinnert. Die umlaufende Bank hat mehrere Funktionen inne. Im Hauptraum dient sie als Sitzgelegenheit, während sie sich im hinteren Teil des Gebäudes nach oben entwickelt und in der Küche zur Arbeitsfläche wird. Außerdem dient sie als eine Art Schacht, der Kabel und notwendige Technik enthält.
Respekt vor dem Bestand
Das gesamte Projekt wurde mit großem Respekt vor dem Bestand durchgeführt und mit dem unbedingten Willen, die vorhandene konstruktive Intelligenz des Gewächshauses zu nutzen.
Über die Elemente der Gebäudehülle hinaus wurden einige bestehende Vorrichtungen erhalten, insbesondere das Belüftungssystem, das sich im First des Glasdachs befindet, oder auch die äußeren Holzroste, die das Gebäude im Sommer vor Sonneneinstrahlung schützen. In derselben Logik wurden auch die für den Gartenbau typischen Elemente des Gewächshauses erhalten, darunter die Gussformen des Glasdachs oder auch die Löcher in der Wand, durch welche die Weinreben geführt wurden.
Obwohl das Gebäude in seiner Funktion wesentlich verändert wurde, bewahrt es die Spuren der früheren Nutzung und zeugt so von der Geschichte des Ortes.