Natur-Dämmstoffe sollten beim Bauen und Sanieren verstärkt zum Einsatz kommen – dafür plädiert das Deutsche Energieberater-Netzwerk DEN e.V. Nachwachsende Rohstoffe hätten großes Potential und seien sicher, so das Netzwerk.
„Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie etwa Holz, Zellulose, Hanf, Jute, Flachs, Stroh, Seegras, Wiesengras, Kork und Schilf verdienen als klassische Baumaterialien viel größere Aufmerksamkeit“, sagt Dipl.-Ing. Rolf Canters, DEN-Landessprecher Baden-Württemberg. „Wir haben diese seit Jahrhunderten bewährten Baustoffe leider aus dem Blick verloren und konzentrieren uns bei Dämmungen zu sehr auf mineralische und erdölbasierte Stoffe. Das ist nicht nachhaltig.“
Umfassende Studie
Canters verweist auf eine aktuelle Studie im Verbundprojekt »Mehr als nur Dämmung – Zusatznutzen von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen«, die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert wurde. An dem interdisziplinären Forschungsprojekt haben zwölf Partner aus Forschung und Industrie teilgenommen.
Die langjährigen Untersuchungen zeigten, dass Natur-Dämmstoffe in puncto Sicherheit, Schallschutz, Wärmeschutz und Feuchteschutz den heute üblichen Materialien in nichts nachstehen, ja in manchen Bereichen sogar überlegen sind. Darüber hinaus ist ihr Einsatz nachhaltiger als der von mineralischen und erdölbasierten Materialien, so die Studie.
Marktanteil von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen steigt
Wirtschaften der kurzen Wege
„Wir sollten vor dem Hintergrund des Klimawandels unsere heute verwendeten Dämmstoffe kritisch unter die Lupe nehmen und dringend anders bewerten“, so Canters. Der Bauingenieur, Baubiologe und Energieberater hat im schwäbischen Murrhärle in jahrelanger Arbeit die alte Schule saniert. Das aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammende große Fachwerkgebäude, das er selbst bewohnt, wurde dabei mit klassischen Dämmmaterialien wie Lehm, Holz, Kork und Schilf saniert sowie mit modernster Energietechnik ausgerüstet. „Die dabei gemachten Erfahrungen sind Gold wert und sollten als Grundlage für neue Konzepte nachhaltigen Dämmens dienen“, sagt Canters.
Der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen (NawaRos) und regional gewonnenen Baustoffen garantiere ein Wirtschaften der kurzen Wege zwischen Rohstofferzeuger und Baustelle. Canters: „Holz- und seine Nebenprodukte wie Holzwolle, aber auch naturnahe Materialien wie Lehm, Kork und Schilf vermeiden nicht nur Herstellungs- und Transportenergien, sondern können auch große Mengen CO2 einlagern. Vor allem beim Schilf, das als Reet jedes Jahr nachwächst, entlastet die winterliche Ernte sogar die Gewässer.“
Hanffasern: Ökologischer Baustoff für ausgeglichenes Raumklima
Verbindliche Normen für Natur-Dämmstoffe
Canters‘ Erfahrungen bestätigen die Ergebnisse der FNR-Studie. So sei die Feuchtespeicherung von Zellulose um ein Vielfaches höher als von Mineralfaser. Dabei könnten kurzzeitige Feuchteschwankungen abgepuffert werden, ohne dass sich die Feuchte des Baumaterials erhöhe. Die Wärmespeicherfähigkeit der verwendeten NawaRos stehe mineralischen oder erdölbasierten Dämmstoffen in keiner Weise nach. Das Brand- und Glimmverhalten der NawaRos biete gegenüber den Faser- oder Hartschaumdämmstoffen sogar Vorteile; Sicherheitsbedenken seien besonders bei einer Verwendung in Verbindung mit Lehm unbegründet, so Canters.
Es gehe jetzt darum, die Vorteile solcher auf nachwachsenden Rohstoffen basierenden Dämm-Materialien einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen: „Außerdem sollten gezielt Bauprüfungen unternommen werden mit dem Ziel, verbindliche Normen in diesem Bereich zu schaffen“, sagt Canters. „Natur-Dämmstoffe passen in unsere Zeit und verdienen einen gebührenden Platz im Gesamtmarkt.“