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Natursteinfassade für Groninger Kulturzentrum

Neubau des Kulturzentrums in Groningen
Geschichtete Stadt

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Mit dem Forum Groningen hat die niederländische Universitätsstadt einen wichtigen neuen Ort für Kultur und Begegnung erhalten. Um eine optimale Einbindung in das kleinteilige Altstadtgefüge zu erreichen, haben NL Architects ein 45 Meter hohes, dabei vielfach verkantetes und nach oben sich verjüngendes Volumen mit heller Natursteinfassade geschaffen, das sich trotz seiner imposanten Größe intelligent in seine Umgebung einfügt.

Anforderung:

Neuerschließung auf Innenhofgrundstück: großes Raumprogramm ins kleinteilige Altstadtgefüge einbinden

Lösung:

Form nach oben verjüngt, untergliederte Natursteinfassade: Bauvolumen fügt sich trotz Größe ins innerstädtische Umfeld ein


Robert Uhde

Die im äußersten Nordosten des Landes gelegene Universitätsstadt Groningen ist nicht nur die jüngste Stadt in den Niederlanden (bezogen auf den Altersschnitt), sondern sie beweist mit ihrer überaus vitalen Kulturszene und ihrem lebendigen Wechsel von alter und neuer Architektur gleichzeitig auch eindrucksvoll, dass Peripherie nicht zwangsläufig auch Provinz bedeuten muss. Jüngster Beleg dafür ist das im November 2019 eröffnete, am Rand der Altstadt direkt neben dem Großen Markt aufsteigende Forum Groningen, das schon jetzt als neues architektonisches Wahrzeichen der Stadt gilt.

Der nach Plänen von NL Architects aus Amsterdam realisierte Hybrid bietet eine neuartige Mischung aus unterschiedlichen kulturellen Funktionen für sämtliche Altersgruppen und stellt dazu auf zehn Ebenen ein flexibles Raumprogramm mit einer Bruttogeschossfläche von insgesamt 17 000 m² bereit. Nutzer sind unter anderem die Stadtbibliothek Groningen, das Comicmuseum Storyworld und das Filmtheater Images. Bemerkenswert dabei: Die Umsetzung des Projektes wurde 2007 nicht nur durch die Experten einer Jury, sondern auch auf Basis einer öffentlichen Bürgerbefragung beschlossen, bei der sich der Entwurf von NL Architects gegen Vorschläge von Ben van Berkel, Zaha Hadid oder Wiel Arets durchsetzen konnte.

Gewinnbringend eingefügt mit heller Natursteinfassade

Ausgehend vom geforderten Raumprogramm und dem zur Verfügung stehenden Standort auf einem optimal zur Öffnung, Nachverdichtung und Neuerschließung geeigneten Innenhofgrundstück am nordöstlichen Rand der Altstadt standen die Architekten gleich vor einer doppelten Herausforderung. Denn sie mussten nicht nur eine schlüssige Form für eine weitgehend neue Bautypologie erarbeiten, sondern es musste auch eine Strategie entwickelt werden, um das geforderte Raumprogramm gewinnbringend in das bestehende Altstadtgefüge einzubinden.

Als Ergebnis entwickelten die Planer einen pyramidenartig aufsteigenden, dabei vielfach verkanteten Monolithen, der sich trotz seiner Größe und trotz seiner selbstbewussten Architektur überraschend gut in den bestehenden Kontext einfügt. Ein wichtiger Gradmesser dafür ist die Perspektive vom Großen Markt, dessen östliche Gebäudefront zeitgleich mit dem Forum Groningen ebenfalls komplett neu bebaut wurde. Direkt oberhalb dieser neuen Marktplatzsilhouette werden je nach Perspektive zumeist nur die oberen Geschosse des neuen Kulturbaus sichtbar. Die Gestaltung der Außenhülle mit hellem Kalkstein sorgt dabei für einen gelungenen Bezug zu dem links angrenzenden, aus Sandstein errichteten Turm der 500 Jahre alten Martinikirche.

Weiter unterstützt wird die Einbindung in den Kontext durch die Wendung der schmalen Kopfseite in Richtung des Marktplatzes: „Das scharfkantige Volumen wirkt damit aus dieser Perspektive deutlich kleiner als es in Wirklichkeit ist“, erklärt Architekt Kamiel Klaasse. „Hinzu kommt die nach oben hin sich verjüngende Form, die uns gleichzeitig auch die Einhaltung der städtebaulich auf 33 m begrenzten durchschnittlichen Höhe des Neubaus erlaubte.“ Deutlich mächtiger wirkt der Bau hingegen aus anderen Perspektiven oder beim Näherkommen. Über eine der kleinen Zugangsgassen auf den neu geschaffenen Innenhofplatz vor dem Gebäude gelangt, wandert das Auge dann die imposante Natursteinfassade hinauf und erhält dabei über großzügige, wie Erdstollen in die Hülle eingeschnittene Öffnungen gleichzeitig auch einen ersten Einblick hinter die Kulissen.

Kultureller Grenzgänger

Ähnlich durchdacht präsentiert sich auch die Gestaltung des Innenraumes. Zentrales Element ist dort ein überdimensionales, bis zum achten Geschoss aufsteigendes Atrium, das den Bau wie ein riesiger Canyon in zwei Hälften untergliedert und in dem lange, frei durch den Raum verlaufende Rolltreppen die verschiedenen Galerieebenen miteinander verbinden: „Im Zusammenspiel ist eine flexibel nutzbare Landschaft mit vertikal übereinander gestapelten Plätzen entstanden, die als direkte Verlängerung des städtischen Raumes unterschiedliche Funktionen einbindet und dabei vielfältige Möglichkeiten der Begegnung schafft“, erklärt Kamiel Klaasse die Grundidee seines Büros.

Beim Schlendern durch das Gebäude und ausgehend von der Touristen-Information im Foyer erreichen die Besucher je nach Interesse unterschiedliche Ausstellungsräume, verschiedene Vortragssäle, ein Filmtheater, ein MediaLab, verschiedene Bibliotheksflächen, eine Sky-Lobby mit Restaurant und mit phantastischer Aussicht über die Stadt sowie ein Open-air Kino auf dem begehbaren Dach. Ein großer Teil der Räume ist frei begehbar, der Kinobesuch kostet in der Regel Eintritt.

Die Innenraumgestaltung sämtlicher geschlossenen Bereiche erfolgte durch NL Architects. Das Interieur der öffentlich zugänglichen Räume wurde durch das architectencollectief deMunnik-deJong-Steinhauser umgesetzt. Für Gestaltung und Ausbau der Kinosäle und der angrenzenden Foyers wurde zusätzlich das Büro &Prast&Hooft hinzugezogen. Komplettiert wird das Raumprogramm durch eine viergeschossige Tiefgarage mit 400 PKW- und 1 500 Rad-Stellplätzen.

Massive Natursteinfassade

Eine wichtige Rolle bei der Fertigstellung des in Stahlbetonbauweise mit innen liegender Stahlfachwerkkonstruktion ausgebildeten Gebäudes spielte die Umsetzung der teilweise abgeknickten Fassadenflächen. Die komplexe Außenhülle setzt sich zusammen aus 13 000 jeweils 40 mm dicken Natursteinelementen aus Wachenzeller Dolomit in unterschiedlichen Formaten (maximal 610 x 1 260 mm).

Die vom Fassadenbauer Van Stokkum aus Venlo umgesetzten Elemente für die Natursteinfassade wurden entsprechend der Planung der Architekten werkseitig zugeschnitten und dann auf der Baustelle mit Stahlankern an der vorgesehenen Position auf einer zuvor aufgebrachten Unterkonstruktion aus Aluminiumprofilen montiert (Elementfassade USC 65 von Schüco). Die vor den Betonfassaden integrierte Dämmung mit 70 mm dicken Resol-Hartschaumplatten ermöglicht dabei einen optimierten Wärmeschutz (VHF-Dämmplatte Kooltherm K15 von Kingspan Insulation).

Für die großflächigen, teilweise abgeknickten und in unterschiedlichen Neigungswinkeln ausgebildeten Glasfronten kamen unterschiedlich große, bis zu 2 x 3,50 m messende Elemente aus Wärmeschutzglas zum Einsatz (Sonnenschutzglas SGG Cool-Lite SKN 176 von Saint-Gobain).

Im Zusammenspiel ist eine kontrastreich untergliederte Außenhaut mit Natursteinfassade entstanden, die den Bau trotz seiner imposanten Größe sensibel in das innerstädtische Umfeld einfügt.


Objekt: Forum Groningen

Standort: Centrum Groningen, hinter dem Grote Markt

Bauherr: Stadt Groningen

Planung: NL Architects, Amsterdam, in Kooperation mit ABT

Planungsteam: Pieter Bannenberg, Walter van Dijk, Kamiel Klaasse
www.nlarchitects.nl

Ausführung: ABT Consulting Engineers und NL Architects

Bauunternehmen: BAM

Bruttogeschossfläche: 17 000 m2

Fertigstellung: November 2019


Architekt Kamiel Klaasse: „Das Forum ist keine Bibliothek, kein Museum, kein Kino, sondern eine neue Form von öffentlichem Raum, in dem die traditionellen Grenzen zwischen diesen verschiedenen Funktionen aufgehoben sind und in dem man sich regelmäßig von neuen Dingen überraschen lassen kann.“


Architekt Kamiel Klaasse: „Hinzu kommt die nach oben hin sich verjüngende Form, die uns gleichzeitig auch die Einhaltung der städtebaulich auf 33 m begrenzten durchschnittlichen Höhe des Neubaus erlaubte.“


Wachenzeller Dolomit ist ein Kalkstein und geeignet für den hochwertigen Außenbereich und modernen Innenausbau. Abgebaut wird der Dolomit in der südlichen Frankenalb, nahe Wachenzell nördlich von Eichstätt. Verwitterungsresistent und frosttausalzbeständig, gibt es ihn in den Oberflächen poliert, geschliffen, gebürstet, gestockt und sandgestrahlt.


Robert Uhde

Studium der Kunst und Germanistik in Oldenburg. Erstes Staatsexamen. Ausbildung zum Fachredakteur für Architektur bei der Verlagsgruppe Rudolf Müller in Köln. Seit 1997 freier Autor für Fachzeitschriften und Tageszeitungen. Eigenes Büro in Oldenburg.
www.robert-uhde.de


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