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Fachwerk trifft Walzblei - Anbau für einen Mode-Outlet in Metzingen

Anbau eines Geschäftshauses in Metzingen
Fachwerk trifft Walzblei

Der Kontrast zwischen Tradition und Moderne lädt zum Experimentieren ein: spannende Gegensätze oder überraschende Harmonie? Bisweilen gelingt beides zugleich – wie beim neuen Geschäftshaus im schwäbischen Metzingen: drittältestes Fachwerkgebäude der Stadt plus puristischer Neubau plus ein für die Region ungewöhnlicher Fassadenwerkstoff – Walzblei.

Robert Pichel, Blue Moon CC GmbH | be

Metzgerei, Nagelschmiede, Bauernhaus – das Fachwerkgebäude an der Wilhelmstraße 14 hat in seiner rund 500-jährigen Geschichte vielfältige Zwecke erfüllt. Im Jahr 2011 ist eine weitere Funktion hinzu gekommen: Das historische Gebäude wurde Teil eines Mode-Outlets und gehört nun zur großen Familie der Fabrikverkäufe am bekannten Modestandort Metzingen. Um seiner neuen Aufgabe gerecht zu werden, musste das Haus im Herzen der Stadt allerdings deutlich vergrößert werden. Die Lösung: Ein Anbau, der in seiner schlichten Eleganz ein eigenes Ausrufezeichen setzt, ohne seinen historisch bedeutenden Nachbarn in den Schatten zu stellen.

Alt und neu im Ensemble

Seine unverkennbare Ästhetik erhält der Neubau durch eine innovative Fassade: Der gesamte Baukörper ist inklusive der Dachflächen vollständig mit Walzblei eingekleidet. Die anthrazitfarbene, metallisch glänzende Hülle lässt das Gebäude monolithisch – wie „aus einem Guss“ – wirken und harmoniert dennoch mit der traditionellen Bebauung in der Umgebung. Damit Altes und Neues eine optisch spannende und zudem funktionelle Einheit bilden konnten, mussten an vielen Stellen innovative Wege eingeschlagen werden. Notwendig war insbesondere eine enge Abstimmung mit dem Denkmalamt.

In seiner heutigen Form besteht der Gebäudekomplex aus drei jeweils zweigeschossigen Hauptelementen. Nordöstlich entlang der Hauptstraße erstreckt sich der neue Anbau. Da an dieser Stelle bereits im Jahr 2005 zwei historisch wertlose Gebäude abgerissen worden waren, war ausreichend Platz vorhanden. Städtebaulich war es sogar erwünscht, diese Lücke zu schließen. Der Grundriss des Anbaus folgt dem Straßenverlauf, der an dieser Stelle eine leichte Kurve macht. Südwestlich davon befindet sich abseits der Hauptstraße der historische Gebäudekomplex, bestehend aus einem nach Westen gerichteten Hausteil aus den 1490er Jahren und einer Erweiterung mit Südgiebel, die auf das Jahr 1526 datiert wird.

Der Fabrikverkauf umfasst das gesamte Ensemble aus alten und neuen Gebäudeteilen. Beide Geschosse des Neubaus dienen als Verkaufsfläche, während im historischen Gebäude das Erdgeschoss hauptsächlich als Lager und das Obergeschoss größtenteils als Verkaufsraum ausgestaltet wurde.

Sanierung der alten Bausubstanz

Der historische Teil des Ensembles musste vollständig saniert und für die Zwecke des Outlets nutzbar gemacht werden. Gerade hier galten strenge Denkmalschutzrichtlinien: Historische Details wie eine Bohlenstube in spätgotischer Bauweise mussten behutsam in die neue Nutzung integriert werden. Durch den Austausch maroder Balken und einer ausgeklügelten Wärmedämmung – auf den verputzten Flächen wurde eine Außendämmung, am Sichtfachwerkbereich eine Innendämmung angebracht – konnte der Denkmalcharakter des Gebäudes beibehalten werden. Das Haus ist jetzt gemäß EnEV 2009 gedämmt und wird gemeinsam mit dem Neubau durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpanlage versorgt. Die Höhe der Innenräume konnte durch platzsparende Deckenhölzer vergrößert werden.

Stahlbeton und Bleifassade

Der Neubau ist eine Stahlbetonkonstruktion und bildet auch in dieser Hinsicht einen Kontrast zu seinem kleinteiligen, historischen Nachbarn. Die Konstruktion lässt sich im Inneren des Gebäudes gut erkennen, da auf eine Verkleidung der Innenwände verzichtet wurde. Auf den Außenseiten sind Rahmenhölzer als Unterkonstruktion der Bleifassade angebracht, zwischen den Hölzern befinden sich vlieskaschierte Fassadendämmplatten aus Mineralfaser. Der Neubau entspricht ebenfalls der EnEV2009. Die Fassade verfügt über eine Hinterlüftungsebene, wobei die Entlüftung optisch unauffällig am Dachfirst erfolgt. Auch Regenrinnen, Fenster- und Eckausbildungen konnten so in die Außenhülle integriert werden, dass sie kaum auffallen.

Funktionale und ästhetische Hülle

Für die Wahl des Fassadenmaterials waren funktionale ebenso wie ästhetische Aspekte ausschlaggebend. Da die Fassade wartungsfrei sein sollte, fiel die Wahl früh auf eine metallische Außenhülle. Obwohl Walzblei als Dach- und Fassadenwerkstoff in der Region wenig Tradition hat, entschied sich das Architekturbüro Keppler Schenk Architekten aus Münsingen für 2,5 mm starkes Venusblei von Röhr + Stolberg. Wie andere Walzblei-Erzeugnisse auch ist Venusblei besonders langlebig, witterungsbeständig und schmiegt sich dank seiner Biegsamkeit flexibel an Ecken, Kanten und Unebenheiten an.
Das Produkt verbindet die klassischen Vorteile mit einer innovativen, hygienischen Veredelung, die der Oberfläche einen hochwertigen, anthrazitfarben-modernen Glanz verleiht. Die witterungsbedingte Schlierenbildung, die auf unbehandelten Bleiprodukten schnell eintritt, ist hier von vornherein ausgeschlossen. Das Ergebnis ist eine gleichmäßige, dauerhaft gleichbleibende Optik.

Organische Optik dank manueller Verarbeitung

Ein wichtiger ästhetischer Aspekt war auch die manuelle Verarbeitung der Walzbleielemente:„Die Bleibekleidung korrespondiert durch ihre handwerkliche Fertigung sehr gut mit dem Altbau“, unterstreicht Architekt Gerhard Keppler. „Zudem entwickelt die handwerklich hergestellte Oberfläche durch das Zusammenspiel von Licht und Schatten einen ganz besonderen Reiz.“

Röhr + Stolberg lieferte die Venusbleiplatten bereits als Zuschnitte an, die vor Ort in vorbereitete Profile eingehängt und mit Nägeln fixiert wurden. Obwohl die Fassade die geraden Linien des Gebäudes betont, wirkt sie dank der manuellen Anbringung organisch und filigran. Auf diese Weise nimmt der Fassadenwerkstoff bereits vorweg, was das Gebäudeensemble als Ganzes ausmacht: ein spannender, aber schlüssiger Kontrast zwischen Tradition und Moderne, zwischen historischem Metzingen und modernem Modestandort.

Architekturbüro: Keppler Schenk Architekten, Münsingen
www.keppler-architekten.de

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