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Stahltragwerk mit Boden- und Fassadenelementen als Baukastensystem

Neubau eines Büro- und Geschäftsgebäudes in Utrecht
Schwarz elementiert

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Mit „Open Ateliers“ hat das Amsterdamer Büro HOH Architecten einen modularen Baukasten mit schwarzen Stahlelementen  entwickelt, der sich flexibel für unterschiedliche Zwecke einsetzen lässt. Erstmals umgesetzt wurde das Konzept bei dem multifunktionalen Gebäude-Ensemble „Ateliers 11“. Zwei klar und einfach detaillierte Baukörper bieten auf je drei Ebenen offene Büro- und Arbeitsräume für verschiedene Unternehmen.

Anforderung:

Klare Architektur für multifunktionale Nutzung, wirtschaftlich und qualitativ hochwertig

Lösung:

Flexibles Stahltragwerk im Baukastensystem: Modulbau mit reduzierter Bauzeit und hoher Termin-/Kostensicherheit


Robert Uhde

Beim Stichwort Modulbau denken viele noch immer an standardisierte Monotonie und an Gestaltung von der Stange. Die Realität ist da bereits deutlich weiter. Denn moderne Fertigungsmethoden und digitale Entwurfsstrategien lassen längst auch individuelle Konzepte zu, die sich schnell und kostengünstig umsetzen lassen. Parallel dazu bietet moderner Modulbau ein Maximum an Flexibilität. Ein Beispiel dafür ist das Baukastensystem „Open Ateliers“ vom Amsterdamer Büro HOH Architecten.

Das Konzept integriert ein leicht montierbares Stahltragwerk sowie standardisierte Boden- und Fassadenelemente, die sich je nach Funktion und Raumbedarf zu unterschiedlich großen Einheiten zusammenstellen lassen: „Jedes einzelne Modul weist dabei eine Breite von 5,20 m, eine Länge von 12 m und eine Standardhöhe von drei Geschossen (10 m) auf. In der Kombination von beliebig vielen Einheiten sind damit je nach Anforderung einfache Wohnhäuser als Einzelbauten oder in Reihenhausanordnung, aber ebenso auch Bürogebäude oder individuelle Mischformen realisierbar“, erklärt Projektarchitektin Freyke Hartemink. „Der modulare Aufbau macht es dabei möglich, auch spätere Nutzungsänderungen ohne großen Aufwand durchführen zu können.“

Flexible Nutzung dank dem variablen Stahltragwerk

Erstmals umgesetzt haben die Architekten ihr Konzept mit dem multifunktional nutzbaren Gebäude-Duo „Ateliers 11“ im Nordwesten von Utrecht. Das zuletzt für den Nationalen Staalprijs 2022 nominierte Projekt umfasst zwei kompakte, komplett in Schwarz gehaltene Baukörper, die auf jeweils drei Ebenen insgesamt 1.800 m² Nutzfläche bereitstellen. Eine Besonderheit ist dabei die ungewöhnliche Lage des Grundstücks am Rande eines kleinen Gewerbegebiets in unmittelbarer Nähe zur Autobahnabfahrt Haarrijnse Rading sowie zu dem beliebten Badesee Haarrijnseplas.

„Entsprechend vielfältige Aussichten haben sich für die beiden Baukörper ergeben“, erklärt Freyke Hartemink. Und ebenso vielfältig fällt auch die Zusammensetzung der verschiedenen Mieter am Standort aus: In dem zur Autobahn hin gelegenen Baukörper haben sich ein Verkehrsplanungsbüro und ein Malerbetrieb eingerichtet, in dem etwas kleineren Nachbargebäude finden sich ein Beleuchtungshersteller mit Showroom sowie ein exklusiver Herrenfriseur, die beide von der kontemplativen Aussicht auf den See profitieren.

Nach außen hin ablesen lassen sich die unterschiedlichen Funktionen und Anforderungen der verschiedenen Nutzer an der individuellen Gestaltung der beiden Fassaden mit ihrem fließenden Wechsel von offenen und geschlossenen Flächen. Ähnlich differenziert präsentiert sich auch die Gestaltung der beiden Grundrisse: Die EG-Ebenen der beiden Baukörper stehen als Stellfläche und Arbeitsplatz für den Malerbetrieb sowie für den Leuchtenhersteller zur Verfügung, in den beiden darüber liegenden Ebenen finden sich offene und luftige Büroflächen, der Showroom sowie der Friseursalon. Ergänzt wird das Raumprogramm durch mehrere Erschließungskerne mit Küchen und WCs. Die erforderliche Gebäudetechnik mit Lüftung und Bodenheizung ist jeweils im Attikabereich integriert.

Umsetzung mit Baukastensystem im flexiblen Stahltragwerk

Die Umsetzung der beiden Baukörper erfolgte innerhalb von nur neun Monaten nach dem Plug-and-Play-Prinzip mit fünf bzw. sechs Modul-Einheiten. Im Ergebnis weisen die beiden Baukörper damit eine Länge von 26 m bzw. 31,20 m auf. Als statische Basis fungiert jeweils ein flexibles Stahltragwerk, bestehend aus handelsüblichen Standard-HEA-Stützen, die im Raster von 4 x 5,20 m aufgestellt sind. Nur die Stirnseiten sind abweichend mit lediglich drei Stützen im Abstand von 6 m errichtet. Je nach Geschoss kamen ‚HEA-100-, HEA-120– oder HEA-140-Profile‘ zum Einsatz, für die Träger wurden ‚HEA-220– bzw. HEB-200-Profile‘ verwendet. Die Außenfassaden wurden aus gestalterischen Gründen durchgehend mit ‚UNP-300-Profilen‘ ausgeführt, die Zwischenwände mit Porenbetonsteinen gemauert.

„Die eingesetzte Stahlrahmen ermöglichen eine sehr schlanke, verwindungssteife Konstruktion“, so Freyke Hartemink. Vor Ort erfolgte dann die Umsetzung der verschiedenen Ausfachungen. Je nach Nutzungskonzept kamen wechselweise durchgehend verglaste Abschnitte mit drei bzw. vier Stahlprofilen (Stirnseite) oder komplett geschlossene Fassadenelemente mit Wärmedämmung, Dampfsperre sowie mit Außenverkleidung aus Stahl zum Einsatz. Verwendet wurden Fassadenpaneele KS600–1200 AWP von Kingspan. In den Erdgeschossen wurden zudem auch weitgehend geschlossene Fassadenelemente mit integrierten Eingangstüren und Sektionaltoren verwendet.

Maximale Flexibilität

„Das Projekt nutzt die klassischen Vorteile des Modulbaus, also die reduzierte Bauzeit, die hohe Termin- und Kostensicherheit, die gleichbleibend hohe Qualität und die hohe Flexibilität und verbindet diese mit einer klaren, einfachen und extrem flexiblen Architektur“ fasst Freyke Hartemink die Vorteile des „Open Atelier“-Moduls zusammen. Die Kosten von 1,8 Millionen Euro für das Projekt in Utrecht fallen entsprechend deutlich niedriger aus als bei zwei vergleichbaren, aber herkömmlich errichteten Bürogebäuden.

Bei Konzeption, Entwicklung und Gestaltung des Systems haben sich die Architekten unter anderem vom berühmten Case Study House von Charles und Ray Eames inspirieren lassen, das die beiden kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus Standardbauelementen entwickelt hatten, weil Rohstoffe seinerzeit nur schwer verfügbar waren: „Das Ergebnis unserer Arbeit ist ein hochflexibles Modul, das sich für unterschiedlichste Zwecke einsetzen lässt, vom Reihenhaus über die dreigeschossige Büroeinheit bis hin zum Geschäft“, so Freyke Hartemink. „Denkbar sind aber auch ein Studentenwohnheim mit gemeinsamer Dachterrasse oder ein kleiner Supermarkt im Erdgeschoss mit Lagerräumen in den beiden Obergeschossen. Oder es lassen sich Wohnen und Arbeiten unter einem Dach zusammenführen.“

Die Zusammenstellung von offenen oder geschlossenen Fassadenelementen sorgt dabei jeweils für ein lebendiges und abwechslungsreiches Fassadenbild in Abhängigkeit von der jeweiligen Funktion. „Und natürlich muss das Gebäude auch nicht zwingend schwarz sein“, so die Architektin weiter. „Ebenso denkbar wären auch Rot, Gelb oder Blau.“


Projekt: Büro- und Ladengebäude in Stahlmodulbauweise

Standort: Ien Dalessingel 1, Utrecht Niederlande

Bauherr: Urban Developments B.V.

Planung: HOH Architecten, Amsterdam
Projektteam: Freyke Hartemink, Carsten Hilgendorf, Jarrik Ouburg, Emma Bellucci, Andrea Ceko, Luigi Fabozzi
www.hoh-architecten.com

Bauunternehmen: HLE Bouw

Beratung: Smits van Burgst, De Prouw

Nutzfläche: 1.800 m2

Kosten: 1,8 Millionen Euro


Architektin Freyke Hartemink: „Das Ergebnis unserer Arbeit ist ein hochflexibles Modul, das sich für unterschiedlichste Zwecke einsetzen lässt, vom Reihenhaus über die dreigeschossige Büroeinheit bis hin zum Geschäft.“


Robert Uhde

Studium der Kunst und Germanistik in Oldenburg. Erstes Staatsexamen. Ausbildung zum Fachredakteur für Architektur bei der Verlagsgruppe Rudolf Müller in Köln. Seit 1997 freier Autor für Fachzeitschriften und Tageszeitungen. Eigenes Büro in Oldenburg.
www.robert-uhde.de


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