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Solitär mit Strahlkraft

Neubau einer Fachschule in Montpellier
Solitär mit Strahlkraft

Als ein architektonisches Statement der Stadt gilt das neue Lyzeum in Montpellier. Organisch geschwungene, gebogene und gewölbte Fassaden und Dächer verleihen dem Gebäudeensemble vielfältige Reize. Mit glänzenden Aluminium-Verbundplatten ließen sich die Flächen planeben umsetzen.

Kay Rosansky | be

Montpellier, angesiedelt am französischen Mittelmeer, ist eine rekordverdächtig schnell wachsende, prosperierende Stadt. Obwohl dort lediglich ca. 400 000 Menschen leben, die Vororte mitgerechnet, hat Montpellier in der Region dennoch längst Metropolcharakter. Denn hier befindet sich das administrative Zentrum der Region, hier ist der wirtschaftliche und kulturelle Mittelpunkt zu sehen und von hier gehen zahlreiche Impulse aus; jeder vierte Einwohner ist an der Universität eingeschrieben.
Der eigenwillige Sozialist Georges Frêche, der über ein viertel Jahrhundert als Bürgermeister die Geschicke der Stadt lenkte, war durchaus gewillt, in seiner Stadt einige schwer zu übersehende Fußabdrücke zu hinterlassen. Das Sozialbau-Quartier Antigone, eine fragwürdige Reminiszenz an den römischen Baustil, gehört ebenso dazu wie die beauftragten Standbilder von Politikern des zwanzigsten Jahrhunderts, wie Roosevelt, de Gaulle, Lenin, Mao und andere. Wohl nicht zuletzt weil sich der politische Haudegen in seiner Heimat großer Beliebtheit erfreute, setzen die Bürger der Stadt auch nach dessen Tod weiter auf architektonische Statements, um ihr Selbstbewusstsein zu demonstrieren und ihren regionalen Führungsanspruch zu untermauern. Das Rathaus von Jean Nouvel und François Fontès ist ebenso in diesem Zusammenhang zu sehen wie die spektakuläre Bibliothek von Zaha Hadid, übrigens das erste Hadid-Gebäude in Frankreich.
Seit wenigen Monaten gesellt sich zu den genannten nun ein drittes architektonisches Statement, das Lycee Georges Frêche, entworfen von Massimiliano und Doriana Fuksas und benannt nach dem bauwilligen Ex-Bürgermeister.
Für den Gastronomie-Nachwuchs
Das Lyzeum, gelegen in der Region Languedoc-Roussillon, die pro Jahr ca. 45 Millionen Liter Wein produziert und im Süden durch das Mittelmeer begrenzt ist, widmet sich nun der nahe liegenden touristischen Aufgabe, den personellen Nachwuchs für die vielen französischen Küchen, Keller und Service-Bereiche auszubilden. Auch dies gehört zum Selbstverständnis der kulinarisch engagierten Südfranzosen: Man hält sich in der Region für besonders gastfreundlich und legt diesbezüglich Wert auf gewisse Standards.
Die Gastronomie-Fachschule hat mit einer kleinen Berufsschule wenig gemein. Sie verfügt über einen eigenen Campus mit einer vollständigen Internats-Infrastruktur. Künftig werden hier etwa 1 000 Studenten parieren, blanchieren, sautieren und die Kniffe und Tricks von Hotellerie und haute cuisine erlernen. Und die Bürger von Montpellier können deren Fortschritte selbst überprüfen, denn das integrierte Hotel sowie die drei Restaurants sind öffentlich zugänglich und stellen sich der Kritik ihrer Gäste.
Mit Wiedererkennungswert
Das Studio Fuksas konnte den 2007 noch von Georges Frêche selbst initiierten internationalen Wettbewerb für sich entscheiden. Der inzwischen leicht überarbeitete Entwurf zeigte bereits damals, dass ein einfaches funktionales Gebäude nicht gewünscht war. Anstelle eines schlichten Schulbaus sollte ein architektonischer Solitär entstehen, mit großer Strahlkraft und mit hohem Wiedererkennungswert. Die von Fuksas entworfenen Gebäudekörper verfügen über organisch geschwungene, gebogene und gewölbte Fassaden und Dächer, die dem dreiseitig umfahrbaren Gebäudeensemble eine Vielzahl von perspektivischen Reizen verleihen.
Die tragende Struktur der Gebäude besteht aus Beton- und Stahlkonstruktionen. Die anfänglich in Weiß geplante Gebäudehülle sollte schließlich in metallischem Glanz erstrahlen. Für Planung und Ausführung der komplexen Gebäudegeometrie war ein recht großer Aufwand nötig. 17 000 dreieckige Aluminiumverbund-Fassadentafeln wurden vorgefertigt und montiert. Damit die unterschiedlichen Fassadenelemente auf der Baustelle zugeordnet werden konnten, wurde jeder Kassette ein eigener Barcode zugeteilt. Die Fensterflächen bestehen aus 5 000 dreieckigen Fenstern, bei denen es sich ebenfalls sämtlich um Sonderanfertigungen handelt. 22 % der Fassade bestehen aus gebogenen, 61 % aus zweifach gekrümmten Formen.
Fuksas Architekten entschieden sich angesichts dieser Herausforderung an Planung und Ausführung für die Aluminium-Verbundplatte Alucobond mit der Oberfläche Anodized Look C0/EV1. Ein großer Vorteil des Verbundmaterials zeigt sich an den Gebäudekanten, insbesondere im Bereich der höhlenartigen Eingänge. Die Konturlinien sind präzise ausformuliert und technisch sauber umgesetzt.
Immer wieder kommt das Material dort zum Einsatz, wo ein Entwurf verlangt, dass planebene Flächen ohne Schüsselungen und Durchbiegungen sowie scharf konturierte Gebäudeecken und -kanten kompromisslos realisiert werden müssen. Die gute Bearbeitbarkeit des Materials sowie dessen enorme Biegesteifigkeit wird dafür sorgen, dass der Fuksas-Entwurf auch langfristig repräsentative Realität bleibt.
Die Baukosten konnten mit gut 80 Millionen Euro im Rahmen gehalten werden, nicht zuletzt deshalb, weil die Stadt dem Bauherren das 1,6 ha große Baugrundstück für einen symbolischen Euro überließ. Da war dann noch Geld übrig für ein weiteres Standbild in Montpellier: Georges Frêche ante portas, in Bronze und auf ewig.
Architekt: Massimiliano Fuksas, Rom
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