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Die Weiterverwendung von Materialien ist ein Schlüssel für mehr Nachhaltigkeit im Baubereich. Wie das konkret umgesetzt werden kann, zeigt ein Mehrfamilienhaus in Meerbusch. Hier haben gebrauchte Klinker ein zweites Leben als Riemchen erhalten – das spart Ressourcen, Energie sowie Abfall.
Armin Scharf
Eigentlich ist die Idee nicht neu, sondern schon seit Jahrhunderten ein zentrales Verfahren des Bauens: Die Wieder-, besser Weiterverwendung von Bauteilen, Materialien, Halbzeugen. Geschleifte Burgen dienten einst als Steinbruch für ganze Dörfer, mächtige Eichenbalken gingen in die nächste Gebäudegeneration über. Unsere Altvorderen waren Meister der Transformation.
Heute geht es darum, diese Kunst wieder zu erlernen, zu nutzen und als Wert an sich zu schätzen – Stichwort Nachhaltigkeit. Dieses essenzielle Verständnis, das viel mit Qualität und Wertschätzung zu tun hat, bringt altbewährte Materialien wieder in den Fokus der Architektur. Zum Beispiel Klinker.
Klinker zu Riemchen
Klinker sind enorm langlebig, optisch ausgesprochen lebendig, patinafähig, rein mineralisch aufgebaut und lassen sich aus regionalen Rohstoffen herstellen. Klinker können auf eine lange Präsenz in der Baugeschichte zurückblicken. Das Problem: Der Herstellungsprozess ist sehr energieaufwendig. Die positive Nachricht: Es muss nicht immer fabrikneuer Klinker verbaut werden. Klinker und Backsteine aus Abbrüchen können neue Gebäude aufwerten.
So setzt das Unternehmen Caparol nun auf das Upcycling alter Klinker und verarbeitet diese zu dünnen, zeitgemäß nutzbaren Riemchen. Den »Rohstoff« für die ‚Capatect LoftLook‘-Klinker liefern zum Beispiel alte Industrieanlagen – etwa Gebäude stillgelegter Zechen im Ruhrgebiet –, die rückgebaut werden.
Nach der Bergung der Klinker am Abbruchobjekt werden diese sortiert, gereinigt und schließlich filetiert, also zu Riemchen mit 20 Millimetern Dicke geschnitten. So verwandelt sich ein Klinkerstein in bis zu zwei Riemchen, die jeweils ein Unikat darstellen. Kantenabbrüche, Patina oder Unregelmäßigkeiten machen dabei den gewollt besonderen Charakter aus.
Abwechslungsreiche Optik
Die LoftLook-Klinker sind als Klinkerriemchen, Winkel und Läufer erhältlich – keines davon ist mit einem anderen völlig identisch. Schließlich haben sie Jahrzehnte an unterschiedlich ausgerichteten oder beanspruchten Fassaden verbracht. Daher wird auch das spätere Fassadenbild abwechslungsreich sein – der Grad lässt sich durch eine vorherige Sichtung und Mischungen der Chargen beeinflussen. Konkret bedeutet dies, dass bei der Verlegung die Riemchen aus unterschiedlichen Lagen der Lieferung entnommen und quergemischt werden. Jedes Riemchen ist 65 mm hoch, die applizierte Schichthöhe beträgt inklusive Lagerfuge 77 mm.
Spannung durch Materialwechsel
Wie gut die aufgefrischten Klinker zu aktueller Architektur passen, beweist das Vierfamilienhaus einer privaten Baugruppe im niederrheinischen Meerbusch. Die Fassaden präsentieren sich mal verputzt, mal verklinkert.
„Die beiden Materialien nehmen Kontakt zur Nachbarschaft auf, in der es sowohl Putz wie auch Klinker gibt“, so Architekt Uwe Meyer aus Meerbusch. „Das neue Haus fügt sich ideal in die Umgebung ein. Außerdem unterstützen wir die Gliederung des Baukörpers.“
Peter Wassenberg, einer der Mitbauenden und heute Verwalter des Hauses, ergänzt: „Der Materialwechsel lockert auf und lässt den Eindruck entstehen, dass ein Bestandsgebäude mit einem Neubau ergänzt wurde.“ Und Dipl. Ing. Uwe Meyer weiter: „Wir alle waren vom Upcycling-Gedanken und dem regionalen Bezug begeistert.“
Ein abgestimmtes und sicheres Fassadensystem
Unter den Klinkern, die offiziell als »angeklebte Bekleidung« bezeichnet werden, sorgt das Dämmsystem ‚Capatect MW‘ mit Mineralwolle-Dämmplatten für sehr gute energetische und bauphysikalische Werte – und Langlebigkeit.
„Ich sehe mich als Langzeitinvestor, daher habe ich mich auch für die Klinker entschieden“, so Wassenberg. Da spielten auch die Mehrkosten des Materials nur eine untergeordnete Rolle, entscheidend sei die lange Nutzungsdauer. „Ich würde das wieder so machen.“
Und Architekt Meyer ergänzt: „Die Optik des Materials beeinflusst auf jeden Fall, wie wertig das Objekt wahrgenommen wird.“ Was die Planung betrifft, so Meyer, habe die Putz-Klinker-Kombination keine besonderen Herausforderungen mit sich gebracht. Schließlich blieb man dabei im Capatect-System: Für die angrenzenden Putzflächen verwendete man ‚Capatect AmphiSilan‘ Fassadenputz (K20), die dann eine zweifache Beschichtung mit ‚ThermoSan NQG‘ erhielten.
Das Wertigkeitsversprechen der Gebäudehülle setzt sich übrigens im Inneren fort. Das Treppenhaus wurde mit den Premium-Farben aus der Caparol Icons-Kollektion beschichtet, ebenso zwei Wohnungen. „Die Mieter sind begeistert“, so Peter Wassenberg.