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Dunkle Klinkerfassaden kontrastieren mit hellen Putzflächen.

Neubau einer Wohnanlage in Münster
Kontrastreich eingefasst

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Im westfälischen Münster haben Bolles + Wilson die leer stehende Kirche St. Sebastian zur Kita umgewandelt. Direkt angrenzend an den ovalförmigen Backsteinbau haben die Planer im zweiten Bauabschnitt einen fünfgeschossigen Wohnriegel ergänzt. Dunkle Klinkerfassaden und helle Putzflächen schaffen dabei einen gelungenen Kontrast zur umgenutzten Kirche.

Robert Uhde

Durch den demographischen Wandel und die zunehmende Säkularisierung geschieht es hierzulande immer häufiger, dass Kirchen nicht mehr ausgelastet sind und in vielen Fällen sogar leer stehen. Immerhin gibt es mittlerweile zahlreiche positive Beispiele, die aufzeigen, wie sich die vorhandene Bausubstanz erhalten und einer neuen Nutzung zuführen lässt. Eine besondere Lösung zeigt dabei die Umwandlung der 1962 errichteten Kirche St. Sebastian in Münster, die seit Sommer 2013 als Kindertagesstätte fungiert.
Im 2009 ausgeschriebenen Wettbewerb für die Neubebauung des Grundstücks war der Erhalt des nicht denkmalgeschützten Kirchenbaus eigentlich gar nicht zwingend vorgeschrieben. Gefordert war schlicht die Planung von 53 Wohnungen sowie einer Kindertagesstätte für 90 Kinder. Auf Basis des siegreichen Entwurfs des Münsteraner Büros Bolles + Wilson ist es jedoch gelungen, den elliptischen Sakralbau mit seinem geschwungenen Dach als vertrauten Identifikationspunkt des Quartiers zu erhalten und die neue Kita als Haus im Haus zu integrieren. Ein imposantes Element ist dabei die oberhalb der Gruppenräume eingerichtete Spiellandschaft mit ihren luftigen Ausblicken auf die historische Kirchendecke.
Zweiter Bauabschnitt
Rund zwei Jahre später sind auch die im zweiten Bauabschnitt vorgesehenen Wohnappartements fertiggestellt worden. Das Raumprogramm umfasst 28 Eigentumswohnungen sowie 25 Mietwohnungen, 16 davon als öffentlich geförderte Einheiten. Um eine präzise Kante zu einem nördlich angrenzenden kleinen Park zu schaffen und gleichzeitig die Lärmbeeinträchtigung aufgrund der westlich an den Komplex angrenzenden Hammer Straße zu minimieren, haben die Planer einen fünfgeschossigen, an einigen Stellen leicht geschwungenen Riegel entwickelt, der sich winkelförmig um die umgenutzte Kirche schmiegt und dabei an zwei Stellen offene Durchgänge zum begrünten Innenhof bietet. „Sämtliche Schlafzimmer und Balkone haben wir dabei bewusst nach innen orientiert, während die Nebenräume vorrangig zur Straße ausgerichtet sind“, erklärt Architekt Peter L. Wilson.
Variantenreiche Fassadengestaltung
Ebenso sorgfältig abgestimmt auf den Umraum präsentiert sich auch die Gestaltung der Fassaden. Einen gelungenen Übergang zu den bräunlich-roten Handstrichziegeln des Kirchenbaus schaffen dabei die in Richtung des Parks sowie nach Osten ausgebildeten dunklen Klinkerfassaden mit ihren abwechslungsreich platzierten, optisch durch weiße Putzflächen eingerahmten Fenstern:
„Als gestalterisches Vorbild dienten uns dabei die sogenannten ‚London terrace houses‘ mit ihrer kontrastreich detaillierten georgianischen Architektur“, erklärt Peter L. Wilson eine Grundidee des Entwurfes.
Der straßenseitig gelegene Flügel präsentiert sich im Kontrast mit einer weitgehend geschlossenen, in weiß und hellrosa gestalteten Putzfassade. Die zurückspringend integrierten, in unterschiedlichen Pastelltönen ausgebildeten Laubengänge ermöglichen dabei eine übersichtliche Erschließung der hier platzierten öffentlich geförderten Wohnungen und schaffen gleichzeitig einen halböffentlichen Raum zur Kommunikation. Die wenigen straßenseitigen Öffnungen finden sich vor allem im arkadenartig gestalteten Erdgeschoss sowie im Mittelteil, wo die Laubengänge einen zentralen Risaliten als Treppenhaus ausformulieren. Komplettiert wird die Ansicht durch das aus unterschiedlichen Volumen bestehende, dabei unregelmäßig vor – und zurückspringende Staffelgeschoss mit seinen polychrom in grau, orange und violett gestalteten Fassaden. Die Innenhoffassaden wurden alternativ als schlichte Putzfassaden mit blau-gelb bzw. rot-orange akzentuierten Balkonbrüstungen gestaltet.
Dunkle Klinkerfassade
Bei der Wahl nach einem geeigneten Stein für die zum Park hin orientierte Mauerwerksfassade entschieden sich die Architekten ausgehend vom gestalterischen Konzept für einen dunklen, beinahe schwarzen Klinker:
„Der Stein lehnt sich aufgrund seines Materials an den Bestandsbau an, betont mit seiner modernen Ausstrahlung aber gleichzeitig die Eigenständigkeit des Wohngebäudes“, begründet Architektin Julia B. Bolles-Wilson die Wahl.
Aus Kostengründen kamen vorgefertigte, bis zu 2,0 x 2,8 m große Mauerwerkspaneele mit 20 mm dicken Riemchen zum Einsatz (Hagemeister Ziegelriemchen Manchester GT+FU).
Hervorgehoben wird der eigenwillige Charakter des hellgrau verfugten Steins durch eine Ausbildung des Mauerwerks im vertikalen Stapelverband. Die Wahl zweier unterschiedlich breiter Formate – neben dem 71 x 240 mm großen Normalformat kam auch ein 65 x 240 mm großes Dünnformat zum Einsatz –, ermöglicht dabei eine subtile Rhythmisierung der Flächen. Für einen effektiven Wärmeschutz sorgt eine 16 cm starke Kerndämmung aus Mineralwolle. Im Erdgeschoss wurde die Fassade aus Lärmschutzgründen und als Kletterhilfe für eine ursprünglich geplante Begrünung abweichend mit 49 x 49 x 15 cm großen, schachbrettartig strukturierten Reliefpaneelen aus offenporigem betongrauen Betonstein gestaltet (Akustikstein „Sonopor“ von FCN Betonelemente).
Zusätzlich betont wird der abstrakte Charakter der dunklen Klinkerfassaden durch die Integration von weißen Putzflächen als teilweise über zwei Geschosse reichende optische Umrahmung der abwechslungsreich platzierten und unterschiedlich großen Fenster. Ein schönes Detail ist außerdem die im direkten Reflex auf den vorhandenen Baumbestand umgesetzte Fassadenkurve am straßenseitig angrenzenden nordwestlichen Rand der Fassade.
Flexibles Wohnraumangebot
Um unterschiedlichste Wohnansprüche zu erfüllen, bietet der Neubau flexibel geschnittene Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen mit Flächen zwischen 47 und 107 m². Die Beheizung der Wohnungen erfolgt über eine Gas-Zentralheizung, auf dem Dach stehen ergänzend zwei Solarthermieanlagen mit einer Fläche von insgesamt 200 m² zur Verfügung. Komplettiert wird das Raumprogramm durch einen im Innenhof angrenzenden eingeschossigen Anbau, der einen Quartierstützpunkt für Senioren beherbergt. Zusätzlich stehen eine Tiefgarage mit 40 PKW-Stellflächen sowie eine große Fahrradgarage mit insgesamt 64 Plätzen zur Verfügung. Die vergleichsweise hohe Quote an Fahrradstellflächen entspricht dabei ziemlich exakt den Kräfteverhältnissen vor Ort. Schließlich gilt Münster seit Jahrzehnten unangefochten als bundesweite Fahrrad-Hochburg.
Planung:
Bolles + Wilson, Prof. Julia B. Bolles-Wilson, Peter L. Wilson, Münster
Statik:
ahw Ingenieure GmbH, Münster
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