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Lieber vorbeugen als heilen

Aufstockung und Sanierung eines Wohnhauses in Berlin
Lieber vorbeugen als heilen

Ein Wohnhaus in einer Geschäftsstraße Berlins wurde um zwei Etagen aufgestockt. Das brachte die Tragfähigkeit der Fundamente auf den Prüfstand. Ein Bodengutachten zeigt: Die Tragfähigkeit für die zusätzliche Auflast war nicht gegeben. Ein verblüffend einfaches Verfahren, die Tiefeninjektions-Methode, konnte für Abhilfe sorgen.

Das bestehende Gebäude befindet sich in der Nähe des Gendarmenmarktes in Berlin. Im Zuge einer Wohnraumerweiterung plante der Besitzer die Aufstockung des 4-geschossigen Baus um zwei Stockwerke. Mit Ausführungsplanung und Baubetreuung wurde das Architekturbüro Breywisch beauftragt. Zunächst wurde eine Baugrunduntersuchung veranlasst, die feststellen sollte, ob die bestehenden Fundamente der zwangsläufigen Lasterhöhung Stand halten würden. Zusätzlich interessant war außerdem die Beschaffenheit des Baugrundes. Laut Gutachten stehen bis ca. 4 m unter der Oberkante des Kellergeschossfußbodens eng gestufte Mittel- und Feinsande an. Die Ergebnisse der Sondierungen mit der leichten Rammsonde zeigten eine überwiegend mitteldichte, zum Teil auch mitteldichte bis dichte Lagerung. Örtliche Auflockerungszonen wurden jedoch nicht ausgeschlossen. Durch jahrelange Auflast ist der Baugrund schon bis zu einem gewissen Grad als vorkonsolidiert anzusehen. Infolge der Lasterhöhungen durch die geplante Erweiterung des vorderen Gebäudeteils um zwei Geschosse sind aber gemäß Bodengutachten dennoch Setzungsdifferenzen zu erwarten, die nachfolgend zu Schäden am Gebäude führen können. Schließlich beträgt die zu erwartende Last nach der Aufstockung über 300 kN/m².

Für das Architekturbüro Breywisch stand die Aufgabe an, mit einem geeigneten Verfahren den Baugrund bzw. die Fundamente so zu verstärken, dass nach der Aufstockung des Gebäudes keine Setzungsgefahr mehr besteht. Nahe liegend war die Anwendung einer klassischen Unterfangung. Bei der Unterfangung wird das bestehende Fundament abschnittsweise untergraben und dieser Hohlraum dann mit Beton oder Mauerziegeln unterfüttert. Dabei sind die Bestimmungen der DIN 4123 „Gebäudesicherung im Bereich von Ausschachtungen, Gründungen und Unterfangungen“ zu beachten, etwa die Sicherheit der angrenzenden Nachbarfundamente gewährleisten, den Kraftschluss zwischen Unterfangung und Fundament herstellen und ausreichende Festigkeit des eingebrachten Betons abwarten.
Als problematisch wurde aber angesehen, dass bei Unterfangungen die Fundamentlasten nicht größer als 250 kN/m² betragen sollen. Im vorliegenden Fall würden diese deutlich überschritten. Ferner hätte für die Dauer der Arbeiten der Keller des Wohnhauses frei geräumt werden müssen und wäre für die Mieter nicht nutzbar gewesen. Diese Überlegungen veranlassten das Architekturbüro Breywisch, sich nach alternativen Verfahren umzusehen.
Tiefeninjektion
Bei der Recherche stieß man auf ein Injektionsverfahren, das vor mehr als 30 Jahren in Finnland entwickelt und von Uretek vielfach erfolgreich angewendet wurde. Diese so genannte Tiefeninjektions-Methode (UDI = Uretek DeepInjection) verdichtet und verstärkt den Baugrund unter dem Fundament mit Hilfe eines 2-komponentigen Expansionsharzes. Dadurch wird das Verformungsverhalten des Baugrundes soweit verbessert, dass auch vergrößerte Lasten vom Baugrund aufgenommen werden können, ohne dass für das Bauwerk unverträgliche Setzungen entstehen.
Die UDI-Methode läuft in drei Arbeitsschritten ab: Bohren, Injizieren, Expandieren. Mit Spezialbohrern werden 16 mm-Bohrlöcher im Abstand von 60–120 cm durch die Fundamente bis zur Fundamentsohle und tiefer bis in die Problemzonen gesetzt. Dies erfolgt nach vorher festgelegtem Injektionsplan im Bereich der aufgetretenen Setzungsschäden. In diese Bohrlöcher wird eine entsprechend lange Injektionslanze eingesetzt. Danach wird die Injektionspistole an die eingesetzten Injektionsrohre angeschlossen und das Zweikomponenten-Expansionsharz injiziert. Beide Harzkomponenten werden vermischt und unter kontrolliertem Druck in den Baugrund gepresst. Innerhalb kürzester Zeit expandieren die zwangsgemischten Komponenten im Baugrund und dehnen sich zunächst in Richtung des geringsten Widerstands aus. Der Baugrund wird durch vertikale „Aufsprengung“ seitlich verdichtet, Hohlräume werden aufgefüllt. Sobald der Untergrund in seitlicher Richtung einen ausreichend großen Widerstand entwickelt hat, bleibt für die auftretenden Expansionskräfte nur noch eine Ausweichbewegung nach oben. Diese Bewegung wird von Präzisions-Laserempfängern registriert. Durch dosierte weitere Injektionen kann sogar das Bauwerk millimetergenau bauwerksverträglich angehoben und ein Schließen von Setzungsrissen erreicht werden.
Zerstörungsfreies Vorgehen
So wurde also ein Vor-Ort-Termin mit dem Technischen Berater von Uretek, Dipl.Ing. (FH) Jens Gnauck, durchgeführt. Dieser stellte nach eingehender Besichtigung der örtlichen Gegebenheiten und nach Durchsicht des Bodengutachtens die grundsätzliche Eignung des Injektionsverfahrens für die Verbesserung der Tragfähigkeit fest. Anhand ausgewählter Referenzen wurden sowohl das Architekturbüro als auch der Bauherr von der Effektivität überzeugt. Ausschlaggebend war die Kürze der prognostizierten Sanierungsarbeiten und vielmehr noch das absolut zerstörungsfreie Vorgehen, bei dem die Kellerräume durchgehend weiter benutzt werden konnten.
Mit allen Beteiligten wurde besprochen, mit Hilfe der DeepInjection-Methode den Fundamentuntergrund zu verstärken und damit für die Aufnahme der aus der Aufstockung resultierenden höheren Lasten zu qualifizieren. Außerdem müssen die Grundleitungen im zu bearbeitenden Bereich gegen Verstopfungen durch eindringendes Harz geschützt werden. Für die Sanierungsarbeiten wurden vier Arbeitstage eingeplant.
Zunächst setzte man vom Keller aus im Abstand von ca. 60 bis 80 cm Bohrlöcher mit einem Durchmesser von 16 mm. Durch Injektionslanzen wurde dann das Zweikomponenten-Expansionsharz von Uretek flüssig und unter kontrolliertem Druck zuerst direkt unter die Fundamentsohle der zu bearbeitenden Bereiche gepresst. Durch die Volumenvergrößerung der Harze (Polymerisation) und die dabei entstehende Expansionskraft (bis 2 000 kN/m² in Abhängigkeit vom Widerstand der Umgebung und der Baukonstruktion) wurde der durchgehende Kraftschluss zwischen Fundamentsohle und Baugrund hergestellt. Die Expansion der Harze erfolgte in Richtung des geringsten Widerstandes und damit genau dort hin, wo die Verstärkung notwendig war. Danach wurden in einer zweiten und dritten Ebene im Abstand von ca. 1,20 m zusätzliche Verstärkungsinjektionen bis ca. 2 m unter der Oberkante des Kellerfußbodens in den Baugrund gesetzt. Dabei bildeten sich vertikale, fein verästelte Harzlamellen aus, die zunächst eine horizontale Verspannung im Baugrund bewirkten. Durch weitere Verdichtung kam es lokal begrenzt zu einem Anwachsen der Vertikalspannungen mit messbaren Hebungstendenzen.
Wegen extrem kurzer Reaktionszeit der Harze und millimetergenauer Überwachung durch Nivellierlaser konnte der ganze Prozess genau kontrolliert und gesteuert werden. Ein Laserempfänger registrierte jede Ausweichbewegung der Baukonstruktion und Umgebung und brachte damit den Nachweis für den Zuwachs der Untergrundtragfähigkeit unter Belastung. Parallel dazu fanden schon die Ausbauarbeiten am Dachgeschoss des Gebäudes statt.
Kerstin Breywisch ergänzt: „Gerade für Sanierungen im städtischen Bereich ist dieses Verfahren ideal geeignet: Wenig Platzbedarf, keine Zerstörung des Umfeldes, kurze und effektive Arbeitszeit“.
Architekturbüro: AK Architektur und Konstruktion, Dipl.-Ing. Kerstin Breywisch und Dipl.-Ing. Uwe Breywisch, Berlin
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