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Für besondere Lebensumstände

Neubau eines Wohnhauses in Radeberg in Sachsen
Für besondere Lebensumstände

Dieses Wohnhaus in Radeberg besitzt zweifelsfrei Modellcharakter. Es ist das erste Haus zum „Ambulant betreuten Wohnen“ für Menschen mit der Behinderung „Taubblind“. Die ganz besonderen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Bewohner waren in vielerlei Hinsicht zu berücksichtigen. Hierbei spielte der Baustoff Kalksandstein eine wesentliche Rolle.

Dipl. Ing. Bernd Niebuhr, Fachjournalist, Hannover | jo

Bauherr dieses einmaligen Projekts ist die ortsansässige Ruth Zacharias Stiftung – Gemeinschaft der Taubblinden.
Architekt Holm Pinkert, Dresden: „Das Gebäude war eine besondere architektonische Herausforderung, weil taubblinde Menschen ihre Umwelt vollkommen anders erfassen. Allein die Planung für das „behindertengerechte Bauen für taubblinde Menschen“ hat über ein Jahr gedauert. Hierbei waren die Beratung und der enge Austausch mit Ruth Zacharias, die als blinde Pastorin Geschäftsführerin im Taubblindendienst e.V. ist, sehr hilfreich.“
Taubblinde Menschen leben durch den Ausfall der Fernsinne mit einer komplexen und folgenschweren Behinderung. Dabei bedeutet Taubblind nicht für alle Betroffenen absolute Gehörlosigkeit und Blindheit. Es kann unter Umständen ein minimaler Seh- oder Hörrest vorhanden sein. Deshalb hat Architekt Pinkert die Planung ganz und gar auf die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Wünsche der Bewohner des Hauses ausgerichtet und das noch vorhandene visuelle und akustische Wahrnehmungsvermögen durch spezielle Elemente berücksichtigt. Ziel ist es, dass sie ihren Alltag und ihr privates Leben weitgehend eigenständig und selbstbestimmt, aber auch in der Erfahrung der Gemeinschaft gestalten und erleben können.
Den Menschen gerecht werden
Zahlreiche Maßnahmen wurden so geplant und umgesetzt, dass sie speziell für die besonderen Lebensumstände taubblinder Menschen gerecht werden:
  • Alle Wände bestehen aus massiven Kalksandsteinen zum Vermeiden von Schallübertragung und Vibrationen.
  • Der Fahrstuhl und das Treppenhaus wurden zum Reduzieren von Vibrationen „schallentkoppelt“. Das bedeutet, es bestehen nur „weiche“ Auflager und Verbindungen zwischen diesen Bauteilen und dem Gebäude.
  • Die Treppenstufen aus Holz sind auf Dämmmatten so gelagert, dass sich entgegenkommende Personen über das leichte Vibrieren der Stufen wahrnehmen können.
  • Durch das Foyer und Treppenhaus werden die Bewohner mit in Augenhöhe angebrachten farbigen Leitstreifen an den Wänden geführt, unterstützt durch beidseitige haptisch informative Holzhandläufe.
  • Die intensive farbige Gestaltung der Türen und Zargen in Fluren und zum Fahrstuhl unterstützt die Orientierung ebenso wie die sehr helle Ausleuchtung im Treppenhaus. Die Steuerung erfolgt über Bewegungsmelder.
  • Große Fenster bringen viel Licht in die Wohnungen. Um Blendeffekte zu reduzieren, sind sie zum Teil direkt über die Arbeitsflächen und unter Augenhöhe platziert.
  • Alle Balkone sind überdacht und bieten freie Sicht in zwei Fassadenrichtungen. Die Balkongeländer mit horizontalen Streben auf Flachstahl bieten Personen mit Sehrest einerseits eine freie, offene Sicht aus dem Gebäudeinneren und dienen anderseits beim direkten Davorstehen als geschlossen wirkende Absturzsicherung.
Die Architektur des Wohnhauses orientiert sich an der rechteckigen Grundform des Gebäudes. Durch die längs über die Fassade auskragenden Balkone erhält das Haus eine besonders Charakteristik. Das gesamte Haus mit einer Wohn- und Nutzfläche von 375 m2 / 476 m2 ist barrierefrei und rollstuhlgerecht. Zu fünf Wohnungen gehören ein Wohn- und Schlafzimmer, Küche und Bad. Eine Wohnung ist als Ein-Raumwohnung gestaltet. Bewohner im Erdgeschoss freuen sich über einen kleinen Garten. Im 1. und 2. Obergeschoss besitzt jede Wohnung einen geräumigen Balkon.
Jedes Detail, jede Konstruktion steht im Einklang mit perfekter Funktionalität und Beachtung höchster Sicherheitskriterien, besonders für die komplizierten Statikbereiche wie auch für bauphysikalische Ansprüche. Der Kalksandstein spielte dabei eine wesentliche Rolle. Lieferwerk der Kalksandstein-Plansteine für das Wohnhaus ist das KS-Werk Dresden der Heidelberger Kalksandstein GmbH.
Architekt Pinkert: „Wir haben Kalksandstein für alle Innen-und Außenwände sowie für die Schachtabmauerungen des Aufzugs eingesetzt. Mehrere Gründe waren dafür ausschlaggebend. Tragwerk- und schallschutztechnische Anforderungen wurden mit Kalksandstein ebenso optimal erfüllt wie hohe Brandschutzsicherheit. Denn besonders in einem hoch sensiblen Gebäude wie diesem, hat optimaler Brandschutz höchste Priorität. Sie sind nach DIN 4102–4 in die Baustoffklasse
A1 eingestuft: nicht brennbar. Den erhöhten Brandschutz sichern wir auch durch Brandmeldeanlage aus dem Bereich des vorbeugenden Brandschutzes (BMA) mit Aufschaltung zu einer Zentrale“.
Das Wohnhaus ist ein Energieeffizienzhaus 55, das bedeutet, dass ein Jahres-Primärenergiebedarf von 40 kWh/(m²a) erlaubt ist. Um diesen Energiestandard zu erreichen, setzte Pinkert insbesondere auf einen optimalen Wärmeschutz der Gebäudehülle.
Die luft- und winddichte Außenwandkonstruktion – 20 cm Kalksandstein mit 18 cm Wärmedämmverbundsystem – hat einen U-Wert von 0,23 W/m2K. – Die Stärke der Dachdämmung liegt zwischen 20 und 26 cm. Der mittlere U-Werte von 0,20 W/m2K wird erreicht. Die Fenster weisen einen U- Wert von 1,3 W/m2K und einen G-Wert von 0,60 auf. Mit weiteren baulichen Maßnahmen wie zum Beispiel Sonnenkollektoren zur Heizungs- und Warmwasserunterstützung und einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung konnten die Anforderungen an ein Energieeffizienzhaus 55 erfüllt werden.
Pinkert: „Die Lüftungsanlage bietet neben den energetischen Vorteilen noch die Garantie, dass der Mindestluftwechsel auch bei den sehr unterschiedlichen Nutzerverhalten gesichert ist.“
Architekt: Holm Pinkert, Dresden
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