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Zeichen gesetzt

Neubau eines Technikgebäudes für Zementwerk in Dotternhausen
Zeichen gesetzt

Ralf Dunker, München

Dass Zementwerke keine graue Industrie-Tristesse vermitteln müssen, beweist die Holcim (Baden-Württemberg) GmbH in Dotternhausen mit ihrer neuen, zweigeschossigen Leitwarte, einer technischen Einrichtung mit Mess- und Regelgeräten zur gesamtheitlichen Prozesssteuerung. Auf dem als Quader ausgebildeten Erdgeschoss ruht, aus der Mitte gerückt und nach drei Seiten überkragend, ein vollverglaster elliptischer Zylinder.
In dämmerigem Licht scheint es, als habe hier ein graublaues Raumschiff angedockt. Diesen schwebenden und leichten Eindruck erzielte das Büro architektur-k aus Geisingen mit einem Trick: Die Grundelemente des Erdgeschosses sind drei Betonscheiben, die zur Front eine große Fensteröffnung freigeben. Das Obergeschoss besteht im Wesentlichen aus zwei elliptischen Betonplatten, die obere liegt auf filigranen Stützen.
Ein von außen nicht erkennbarer Überzug auf dem Dach sorgt für eine Verteilung der Hauptlasten auf tragende Wandelemente und den umgedrehten Kegelstumpf. Architekt Thomas Kreuzer: „Wir wollten mit der Leitwarte ein Zeichen setzen und mit der futuristischen Anmutung zeigen, dass die traditionsreiche Zementbranche zugleich modern ist.“
Die klare konstruktive Linie setzt sich im Inneren fort: Die Arbeitsplätze greifen die Rundung der Glasfront auf und unterstreichen die noble Note genauso wie das honigfarbene Parkett, das einen reizvollen Kontrast zu dem betont kühl und technisch wirkenden Umfeld bildet. Wertigkeit vermitteln auch die modernen TFT-Bildschirme, sie halten zudem die Kältelast gering. Die PCs bringen viel Leistung bei geringem Geräuschpegel und niedrigem Energieverbrauch.
Das wirkt sich auf die Klimatisierung positiv aus. Jedes gesparte Watt elektrischer Leistung senkt den Klimatisierungsbedarf.
Mit Tageslicht arbeiten
Die Kühllast ermittelten der Planer der Gebäudetechnik Wolfgang Thiel aus Singen und die ausführende Firma Baumeister Wärmetechnik GmbH aus Rottweil anhand des Wärmeeintrags durch die Verglasung, der Anzahl der Personen im Raum und der Abwärme der elektrischen Geräte. Dabei hat sich gezeigt, dass der Einfluss der großflächigen Glasfassade relativ gering ist.
Kreuzer: „Wir haben spezielle Sonnenschutzgläser gewählt, teils durchsichtige und teils transluzente, die genügend Licht in den Raum lassen, um auch den mittleren Bereich mit Tageslicht zu versorgen. So minimiert diese Glasfassade das Aufheizen des Raumes durch Sonneneinstrahlung und spart gleichzeitig Strom für die Beleuchtung.“
Die Wärmeabfuhr im Obergeschoss geschieht zum Teil über den Luftaustausch, den ein Zentrallüftungsgerät GEA CAIR der GEA Happel Klimatechnik GmbH sichert. Die Anlage ist auf einen Luftdurchsatz von 4 200 m³/h bei einer Luftgeschwindigkeit von 1,9 m/s im Gerätequerschnitt ausgelegt und verfügt über eine gute thermische Isolierung sowie einen hervorragenden Schallschutz.
Daher ist die Aufstellung des Geräts in einem Erdgeschoss-Raum ohne spezielle Schalldämmung kein Problem. Bereits im nächstgelegenen Büro ist die Geräuschentwicklung der Ventilatoren nicht mehr wahrzunehmen.
Ausgeklügelt lüften
Auf Wunsch von Holcim wurde die Luftfilterstrecke weit über den Anforderungen nach VDI ausgelegt. Eine Kaskade aus je einem F5-, F7– und F9-Filter findet ihre Ergänzung in einem Aktivkohlefilter. Während die Schwebstoff-Taschenfilter die im Zementwerk anfallenden Stäube zurückhalten, bietet die Aktivkohlepatrone Schutz vor Gerüchen.
Die Zuluft wird auf knapp 20 °C temperiert. Damit möglichst wenig thermische Energie verloren geht, ist im Lüftungsgerät ein Plattenwärmetauscher mit einer hohen Rückwärmezahl eingebaut. Die Zentralanlage verfügt über ein Heiz- und ein Kühlregister; die Heizenergie liefert das werkseigene Kraftwerk, zum Kühlen ist ein luftgekühlter GEA-Kaltwassersatz GLAC 0252 AC1 hinter der Leitwarte aufgestellt.
Die Dimensionierung des Kaltwassersatzes erfolgte kleiner, als es die sommerliche Maximallast erfordern würde, denn eine Betonkernaktivierung bietet Unterstützung. Über Nacht, wenn die Kühllast gering ist, „lädt“ der Kaltwassersatz die Betondecke der Leitwarte auf. Die in ihr gespeicherte Energie deckt den Grundbedarf an Klimakälte.
Im Erdgeschoss mit seinen kleinen und mittleren Büros sowie dem Küchen- und Sanitärbereich findet der Luftwechsel durch Fensterlüftung statt. Fußbodenheizung sorgt für angenehme Temperaturen im Winter, eine maschinelle Belüftung und Klimatisierung des Erdgeschosses ist nachträglich leicht möglich.
Energiesparend heizen und kühlen
Im Obergeschoss sorgen Boden-Induktionskonvektoren für ein behagliches Raumklima. Sie sind direkt vor der Fassade in den Doppelboden eingelassen.
Durch das Vier-Leiter-System sind Wechsel zwischen Heiz- und Kühlbetrieb jederzeit möglich. Die Induktionskonvektoren nutzen nicht nur den Primärluftstrom zum Temperieren; vielmehr saugt die Primärluft beim Austritt aus den Düsen Sekundärluft aus dem Raum nach, die gemeinsam mit der Primärluft in den Raum geführt wird (Induktionsprinzip).
Diese Sekundärluft strömt durch den Wärmetauscher, bevor sie sich mit dem Primärluftstrom vermischt. Der Luftstrom steigt direkt an der Fassadenseite zur Decke auf und wird dort zum Raum hin umgeleitet. Das Resultat ist eine effektive Luftdurchmischung bei geringen Luftgeschwindigkeiten im Aufenthaltsbereich. Der Coanda-Effekt, das Anlegen der aufsteigenden Luftströmung an die Fensterfläche, hat den Vorzug, dass sich bei Sonneneinstrahlung hinter der Glasfassade kein Wärmestau bildet und im Winter ein störender Kaltluftabfall vermieden wird.
Eugen Frommer, der bei Baumeister das Projekt geleitet hat, erklärt: „Das Induktionsprinzip arbeitet mit etwa einem Teil Primärluft auf drei Teile Sekundärluft. Mit den installierten Geräten können wir den geplanten zweifachen Luftaustausch sichern, erreichen aber durch das Einbeziehen der Umluft hohe Heiz- und Kühlleistung.“ Aufgrund dieses Prinzips entweicht nur so viel Wärme oder Kälte, wie die Mindestluftwechselraten es erfordern, und diese lässt sich in der Energierückgewinnung der Zentrallüftung größtenteils wieder nutzbar machen.
Weitere Informationen
Kühlregister Kaltwassersatz bba 543
Zentrallüftungsgerät bba 544
Boden-Induktions- konvektoren bba 545
Architekturbüro: Thomas Kreuzer, architektur-k, Geisingen Technikplanung: Planungsbüro für Gebäudetechnik Wolfgang Thiel, Singen
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