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Komfortgewinn im Bestand

Vier-Liter-Haus in Nürnberg
Komfortgewinn im Bestand

Anne Fingerling /red.

Ein Doppelhaus aus dem Bestand der WBG Nürnberg Gruppe wurde im Rahmen des DENA-Modellprojektes „Niedrigenergiehaus im Bestand“ modernisiert und umgebaut. Durch den Einsatz von Passivhaus-Komponenten konnte ein Heizwärmebedarf nach EnEV von 40 kWh/(m2a) erreicht werden.
Das dreigeschossige Doppelhaus entstand 1951 innerhalb einer Kleinwohnanlage im Nürnberger Stadtteil Hasenbruck aus Trümmersplittbeton. Die insgesamt 24 Kleinstwohnungen mit unzeitgemäßen Grundrissen und jeweils maximal 35 m2 Wohnfläche verfügten noch über Einzelofenheizungen (Kohle, Öl, Gas) und waren nur mit Kleinbädern ausgestattet, teilweise sogar ohne Bad. Dennoch waren sie bis zur Sanierung im Jahre 2004 vollständig vermietet.Die WBG verwaltet in Nürnberg ca. 18 500 Wohneinheiten, zum großen Teil Bestand aus den 50er und vor allem 60er und 70er Jahren. Die Mieter konnten während der Sanierung innerhalb des Hausbestandes umgesetzt werden.
Grundrissänderungen
Aus den ehemals 24 Kleinstwohnungen entstanden im Zuge der Sanierung zwölf Wohnungen mit je 75 m2 Wohnfläche. Durch die Grundrissänderungen sowie die Anforderungen an Schall- und Brandschutz erfolgte zunächst ein Rückbau der Gebäude bis auf den Rohbauzustand.
Die Giebelwände aus 25 cm Splittbeton-Mauerwerk hatten bereits vor 15 Jahren eine 6 cm dicke Dämmung erhalten. Diese partielle Dämmung reichte allerdings aus bauphysikalischer Beurteilung bei weitem nicht aus, um Transmissionswärmeverluste und damit Feuchteschäden und Schimmelgefahr zu vermeiden.
Beschwerden über Schimmelschäden waren im bewohnten Zustand zwar nicht bekannt, aber nach Leerzug der Gebäude zeigte sich erwartungsgemäß in zahlreichen Wohnungen ein sehr deutlicher Befall mit Schimmelpilzen – an den Stellen, wo Möbel an Außenwänden gestanden hatten oder unter dort angebrachten Tapeten. In Bereichen geometrischer Wärmebrücken verliefen die Schimmelspuren vergleichbar zu den Isothermenlinien.
Dämm-Maßnahmen
Die vorhandene Dämmung wurde entfernt und eine neues Wärmedämmverbundsystem WDVS aus 20 cm Polystyrol (Neopor von BASF) aufgebracht. Durch den eingesetzten Dämmstoff der Wärmeleitgruppe 035 mit sehr niedriger Rohdichte von 15 kg/m3 und wärmestrahlungsreflektierender Wirkung konnte der U-Wert der Außenwände von 0,53 auf 0,15 W/(m2K) verbessert werden.
Die ursprünglichen Holzverbundfenster wurden durch passivhaus-zertifizierte Kunststofffenster (Clima-Design von Rehau) mit Dreifach-Wärmeschutzverglasung ersetzt. Der wärmebrückenminimierte Einbau in der Dämmebene mit ca. 5 cm Einstand von der Außenwandkante wurde mit Montagewinkeln durchgeführt.
So ergab sich außen ein Überstand von 7 cm. Nach Aufbringen des WDVS blieb damit das ursprüngliche Erscheinungsbild mit etwa 15 cm Leibungstiefe erhalten. Die Dämmung umgreift außen die Fenster um 14 cm.
Präzise wurde der Einbau der Fensterbänke auf die neue Putzebene abgestimmt. Die umlaufende Verklebung und Einbindung der Fenster durch den Innenputz erwies sich als sehr luftdicht.
Der Einbau hochwertiger Rollläden erfolgte nur im Bereich der Schlaf- und Kinderzimmer, mit 8 cm Einbauabstand zur Wand, um eine Hinterdämmung mit Polystyrol (WLG 035) zu ermöglichen und so die Wärmebrückenwirkung zu minimieren. Auf der Südseite erhielten die Wohnungen vorgehängte Balkone, was das Erscheinungsbild optisch aufwertet.
Rundum geschlossene Hülle
Nicht nur der Kellerabgang wurde gedämmt sowie wärmebrückenarm und luftdicht ausgeführt, sondern auch die Kellerdecke erhielt 20 cm Dämmung aus Polystyrol (WLG 035), was bei einer Raumhöhe von 2,25 m problemlos möglich war.
In den Flurbereichen wurde aus brandschutztechnischen Gründen Mineralwolle verwendet, in der Oberfläche verspachtelt mit eingelegtem Glasfasergewebe. Der U-Wert der Kellerdecke konnte so von 1,4 W/(m2K) auf 0,137 W/(m2K) verbessert werden. Die Betonplatte der Zechdecke erwies sich als luftdicht und bildet die Luftdichtheitsebene.
Die luftdichte Ebene der obersten Geschossdecke zum nicht genutzten Dachboden wurde mit Hilfe einer sorgfältig verlegten PE-Folie als Dampfbremse hergestellt. Darauf liegt eine 25 cm dicke Dämmschicht (Polystyrol WLG 035), mit Ölpapier als Trennlage und Zementestrich mit 6 cm Aufbauhöhe.
Lag der U-Wert ursprünglich bei 1,452 W/(m2K), so erreicht die jetzige begehbare Konstruktion einen U-Wert von 0,13 W/(m2K). Entscheidend sind die Bereiche, wo die Dachsparren auf dem Mauerwerk auflagern. Um Wärmebrücken so weit wie möglich zu vermeiden, erhielten die Sparren an der Traufe jeweils einen Aufschiebling.
Von außen montierten die Dachdecker zwei Lagen Folie, um im Bereich der Traufe eine winddichte Ebene herzustellen.
Lüftung mit Wärmerückgewinnung
Bei dem hier ausgeführten Wärmedämmstandard ist eine mechanische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung obligatorisch. Die beiden Gebäude mit jeweils sechs Wohnungen erhielten je eine getrennte zentrale Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung, die im Dachgeschoss neben dem Treppenhauskopf innerhalb der thermischen Hülle untergebracht ist.
Das Lüftungsgerät (Reco-Boxx 1500 P von Aerex) mit geringem Schallpegel ist ausgelegt auf ein Luftvolumen von 360 bis 600 m3 pro Stunde für sechs Wohnungen bei höchster Elektroeffizienz unter 0,3 Wh/m3.
Die Lüftungsleitungen zu den Wohnungen wurden aus Brand- und Schallschutzgründen als Einzelleitungen konzipiert, jede Wohnung erhielt also eine Zu- und eine Abluftleitung.
Hochwirksame Schalldämpfer in den Zu- und Abluftleitungen hinter dem Lüftungsgerät sowie ein flexibler Rohrschalldämpfer vor den Brandschutzklappen in der Decke über dem 2. OG schaltet alle Schallübergänge zwischen den Leitungen und der Zentrale aus. Gleichzeitig wird die flexible Anordnung dieser Schalldämpfer für die Wartung der Brandschutzklappen genutzt.
Zentral geregelt
Eine zunächst geplante dreistufige Regelung wurde aus Kostengründen verworfen. Bei der nun in Betrieb befindlichen Anlage wird eine Grundlüftung durchgeführt mit zentraler Regelung nach Außentemperatur.
Das bedeutet, dass bei sehr niedrigen Temperaturen der Volumenstrom automatisch zurückgefahren wird. Bei höheren Außentemperaturen außerhalb der Heizsaison sorgt ebenfalls eine reduzierte Luftmenge als Grundlüftung für den bauphysikalisch notwendigen Luftwechsel. In Verbindung mit der dann statt findenden Fensterlüftung ist dennoch eine gute Raumluftqualität gesichert.
Innerhalb der Wohnungen ermöglicht eine Zonenregelung erhöhte Abluftmengen im Bad und bietet so dem Mieter Eingriffsmöglichkeiten.
Wärmeversorgung
Die zentrale Wärmeversorgung für Heizung und Trinkwasser erfolgt durch Fernwärme aus der Kraft-Wärme-Kopplung. Zusätzlich wurde eine thermische Solaranlage mit ca. 20 m2 Kollektorfläche in Verbindung mit einem Pufferspeicher installiert. Eingesetzt wurden zwei Großflächenkollektoren SolvisFera F802 und der Pufferschichtenspeicher Stratos SR956 mit 950 Litern Inhalt.
Die Solaranlage von RWE-Schott Solar und BP arbeitet im Low-Flow-System und ist drehzahlgeregelt. Vorteile sind der höhere Solarertrag und die damit verbundene Reduzierung der konventionellen Nachheizung.
Grundsätzlich fungiert die Raumheizung nur als Notheizung; selbst an extrem kalten Tagen wurde die Heizung bislang noch nicht in Betrieb genommen.
Weitere Informationen
Wärmedämmstoff bba 561
Kunststofffenster bba 562
Lüftungsanlage bba 563
Solaranlage bba 564
Genehmigungsplanung und energetische Betreuung: Dr. Burkhard Schulze Darup, Nürnberg Projektsteuerung und Bauleitung: WBG Nürnberg GmbH Immobilienunternehmen, Nürnberg
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