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Interaktive Gemütlichkeit

Reiterkaserne in Bad Cannstatt
Interaktive Gemütlichkeit

Heike Bering

Auf dem großflächigen Areal der Reiterkaserne auf dem Stuttgarter Hallschlag in Bad Cannstatt stehen in lockerem Abstand zueinander Leuchten, die aussehen, als hätten sie ihren angestammten Platz auf dem Nachttisch verlassen, um geradewegs ins Freie zu wandern.
Vor allem bei Einbruch der Dunkelheit entfaltet sich auf dem überdimensionierten Platz inmitten noch leer stehender oder sich gerade in Restauration befindender ehemaliger Kasernengebäude seit dem Aufbau der Leuchten eine einzigartige Atmosphäre, die ohne weiteres als Filmkulisse überzeugen würde.
Das mag auch die Medienschaffenden und Musiker inspirieren, die bereits in den vergangenen Monaten in die festungsartigen und unter Denkmalschutz stehenden Gebäude der Reiterkaserne eingezogen sind und neues Leben in die alten Mauern bringen.
Auch wenn an zahlreichen Stellen noch für einen längeren Zeitraum Gerüste, brüchige Fensterscheiben und jede Menge Bauschutt zu sehen sein werden, entsteht auf dem riesigen Areal mit einer Gesamtfläche von 100 000 und einer Nutzfläche von 40 000 m² allmählich für jeden sichtbar eine „Stadt in der Stadt“ mit Eventbereichen, Ateliers, Wohnungen, Restaurants und Kindertagesstätte.
Zielsetzung
Nachdem das Gelände zehn Jahre lang brach lag, erwarb Investor Wolfgang Kreis einen großen Teil der Kaserne, um daraus mit Unterstützung der Stadt Stuttgart und dem Architekten Boris Bulling ein „Kultur und Medienzentrum am Hallschlag“ zu schaffen.
Im Januar 2002 begann die umfangreiche Restaurierung mit der Entkernung der „Mannschaftsquartiere“, die auf drei Stockwerken eine Nutzungsfläche vom 9 000 m² bieten.
Mittlerweile haben sich hier unter anderem Tonstudios niedergelassen, Agenturen und Existenzgründer Quartier bezogen. Ziel ist es, dass sich in der alten Kaserne die Bereiche Wohnen und Arbeiten miteinander vermischen und auch ein Brückenschlag nach außen, das heißt zu den benachbarten Wohngebieten entsteht.
„Mit der Revitalisierung des Areals soll ein Impuls für das schwierige soziale Umfeld am Hallschlag entstehen“, erläutert Architekt Boris Bulling einen Aspekt seiner Bauaufgabe. Mit der Eröffnung einer Kindertagesstätte, die dem gesamten Stadtbezirk und nicht nur den Bewohnern der Reiterkaserne zu Verfügung steht, wurde diesbezüglich bereits ein deutliches Zeichen gesetzt.
Geplant sind beispielsweise auch fünf öffentliche Durchgänge, die dem Eindruck, sich auf ein hermetisch abgeschlossenes, elitäres Gelände zu begeben, entgegen wirken sollen.
„Es soll keine Verdrängung stattfinden, sondern wir möchten erreichen, dass sich der Stadtteil mit unserem Konzept in Ruhe entwickelt“, sagt Boris Bulling.
Sanierung mit Feingefühl
Das Sanierungskonzept und die Umsetzung erfordert in jeder Hinsicht Fingerspitzengefühl, sei es im Hinblick auf das soziale Umfeld, sei es, was die langwierigen Verhandlungen mit dem stets gegenwärtigen Landesdenkmalamt angeht, das bei Eingriffen in die historische Bausubstanz ein gewichtiges Wort mit zu reden hat.
Die historischen Fassaden werden nicht angetastet, ebenso werden die Ziegeldächer und historischen Dachgauben behutsam restauriert. In künftigen Wohnungen wird altes, filigranes Dachgebälk freigelegt, während im künftigen Veranstaltungsort der Großen Reithalle eine Asbestentsorgung notwendig war, bevor sich die Fachleute an die Sanierung des Dachtragewerks begeben konnten.
Wo immer es möglich war, orientierten sich alle Beteiligten am Original: An manchen Fassaden ist jetzt schon der historische, sandgelbe, südliche Wärme vermittelnde Farbauftrag zu sehen, in manchen Räumen die sauber herausgearbeitete Ziegelwand.
Lichtinstallation
Die Integration der modernen Leuchten auf dem schier unübersehbaren ehemaligen Kasernenplatz bedeutete dann bewusst einen Bruch mit der Historie und konnte nur in zähem Ringen mit dem Landesdenkmalamt umgesetzt werden. Architekt und Nimbus-Geschäftsführer Dietrich Brennenstuhl, der für die Lichtinstallation verantwortlich zeichnet, sieht sie als seinen Beitrag, „in der Reiterkaserne Atmosphäre zu schaffen“.
Um der Dimensionslosigkeit des Kasernenplatzes, auf dem unmittelbar der Eindruck der Orientierungslosigkeit entsteht, etwas entgegenzusetzen, entwickelte Dietrich Brennenstuhl einen in der Größe bewusst überzeichneten Leuchtentyp, der im großzügigen Raster von 12 mal 12 m aufgestellt wird.
Eigentlich aus dem Wohnbereich stammend assoziiert die Leuchte in ihrer formalen Einfachheit Gemütlichkeit und Atmosphäre. Sie ist interaktiv schaltbar, das heißt, die Besucher können an einem Schnurzug ziehen und die Leuchte von Weißlicht auf Rot, Gelb, Blau oder Grün umschalten.
Die statische Berechnung des überdimensionierten Schirmes erfolgte durch das Stuttgarter Ingenieurbüro Sobek. Die konkave Form erwies sich als ideal, um den transluzenten Schirm wind- und wetterfest zu gestalten. Das verzinkte Stahlrohrgestell ist direkt in den Boden betoniert.
Weitere Informationen
Leuchten bba 541
Architekten: Boris Bulling, Bulling Architekten, Stuttgart Lichtinstallation: Architekt und Designer Dietrich Brennenstuhl, Stuttgart Leuchtenstatik: Ingenieurbüro Sobek, Stuttgart
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