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Fahrt mit Wissensvorsprung

Nachrüstung und Sanierung eines Museums in Greiz
Fahrt mit Wissensvorsprung

Der nachgerüstete Aufzug im Oberen Schloss Greiz kann mehr als Personen befördern. Spannend und experimentell zugleich gelang die Koexistenz von Historie und Moderne. Bei der Begegnung im Aufzug erlebt der Museumsgast mit Hilfe modernster Lift-, Licht-und Monitortechnik eine Zeitreise der besonderen Art.

Petra Domke

Zwei Schlösser bestimmen das Stadtbild der kleinen thüringischen, an Salzburg erinnernden Stadt Greiz. Beide sind authentische Beispiele kleinstaatlicher Residenz-architektur und in ihrer bauhistorischen Geschlossenheit als Ensemble einzigartig. Während das Untere Schloss bereits seit Jahren als Museum den Besuchern ein wahrhaft fürstliches Ambiente für Dauer- und Sonderausstellungen bietet, steht das Obere Schloss ab Januar 2010 für Interessierte offen. Aufwendig und liebevoll saniert, komplettiert es das Greizer Museumsangebot.
Das Obere Schloss erhebt sich als imposantes Wahrzeichen auf einem 50 m hohen Bergkegel. An höchster Stelle befindet sich ein 24 m hoher Turm als wohl ältester Teil der Burganlage, die bereits 1209 erstmals urkundliche erwähnt wurde. Durch den Wiederaufbau nach einem Brand im Jahre 1540 erhielt das Schloss im Wesentlichen seine heutige Gestalt. Etwa 600 Jahre lang war das Schloss im Besitz der Fürstenfamilie Reuß ältere Linie, die bis 1918 im kleinsten Flächenstaat Deutschlands herrschte. Nachdem 2001 das Thüringesche Staatsarchiv Greiz das Haupthaus des Oberen Schlosses verlassen hatte, bot sich die Chance, die repräsentativen Räume für eine museale Nutzung herzurichten und in beiden Schlössern, dem Oberen sowie dem Unteren, thematisch abgestimmt die kleinstaatliche Residenzkultur zu präsentieren.
Neben dem Erhalt der wertvollen Bausubstanz und vieler historischer Details stand in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege der Einbau modernster Technik im Mittelpunkt der Sanierung, um die Ausstellung innerhalb der Museumslandschaft wettbewerbsfähig zu positionieren. Der Stadt Greiz als Bauherr und dem Planer Matthias Hamann vom Greizer Architekturbüro Schubert-Hamann-Dinkler lagen die Hinwendung zu aktueller Präsentations-, Gebäude- und Aufzugstechnik ebenso am Herzen wie die authentischen Zeugnisse aus der Baugeschichte. Ausdruck der Entscheidung, „mit der Zeit zu gehen“ und der Öffentlichkeit ein Museum zu offerieren, das seine Attraktivität nicht allein aus den Exponaten und einem historischen Gemäuer bezieht, ist eine Hightech-Aufzugsanlage mit visionären Lift-Info-System.
Technisches Neuland auf nostalgischem Terrain
Ein modernes Museum ohne Aufzug ist zur Realisierung der Barrierefreiheit heute undenkbar. Die Frage bestand also nicht darin, ob ein Aufzug gebaut wird, sondern wo. Weder die historische Treppenanlage noch ein etwaiges Treppenauge standen zur Verfügung. Raum bot nur der zu Fürstenzeiten von der Dienerschaft genutzte, kleine, den Haupt- und Westflügel verbindende Anbau, der es den Domestiken erlaubte, über geschossweise Verbindungsgänge mit niveauausgleichenden Stufen schnell und unsichtbar von einem Haus in ein anderes zu gelangen.
Allein diese unregelmäßig sechseckige Fläche pro Etage bot die Chance für den Einbau eines Aufzugs. Da außerdem der dreieckige Grundriss der angrenzenden Dielenbereiche nur einen sehr speziellen Zugang ermöglichen würde und die historische Bausubstanz Bedingungen diktierte, stand sehr schnell fest, dass die Aufzugsanlage keine Standardvariante sein konnte, sondern eine dem Standort angepasste Lösung erforderte. Hinzu kam, dass das gesamte Planungsteam den Einbau des Liftes mit inhaltlich konzeptionellen Vorstellungen im Dienste der Museumspräsentation verbanden. Markante Lichteffekte und ein intelligentes Lift-Info-System sollten einen Aufzug der Extraklasse komplettieren.
Je häufiger, desto effektiver
Zunächst wurde der hölzerne Fachwerkbau, der einst als kleine separate Verbindung zwischen zwei Schlossflügeln angefügt worden war, entfernt. Mit ihm verschwanden auch die etagenweisen hölzernen Einbauten, die den Übergang von einem Flügel in den angrenzenden ermöglichten. Auf Felsgestein gegründet entstand dann unter Wiederherstellung der originalen Fassadengliederung ein an die historische Substanz anschließendes Schachtbauwerk. Errichtet auf einem Betonsockelgeschoss und weiterführend als gemauerter Baukörper nimmt er alle statischen Lasten aus der 14,5 m hohen Aufzugsanlage vom Keller- bis zum dritten Obergeschoss auf. Die maßgeschneiderte Aufzugsanlage vom ORBA-Lift Aufzugsdienst setzt mit ihrer ausgefeilten Technik und den designerischen Highlights Maßstäbe.
Gleichzeitig betrat das Bauteam auf historischem Terrain technisches Neuland. Der getriebelose, frequenzgeregelte hydraulische Antrieb aus dem Hause ALGI Maschinen- und Hydraulikbau, der die Fahrgeschwindigkeit des Aufzuges in beiden Richtungen mit Hilfe eines Frequenzumrichters der Personenzahl anpasst, sorgt beispielsweise für einen sehr ökonomischen Fahrbetrieb. Zum Einsatz kommt ein Danfoss-Ventil, das den Ölstrom auch in Abwärtsrichtung durch die Pumpe in den Behälter zurückfließen lässt. Dadurch wird der Motor in eine Drehbewegung versetzt, die von der Software des Frequenzumrichters geregelt wird.
Außerdem verhindert ein spezieller Bremswiderstand die Umwandlung der in Abwärtsrichtung entstehenden Energie in Wärme. Aus diesem Grund kann die Förderleistung, speziell in den Bereichen der Beschleunigung und der Verzögerung der veränderlichen Fahrgeschwindigkeit angepasst werden. Die verbesserte Energie- und Wärmebilanz entsteht ausschließlich in den Bereichen Beschleunigung, Verzögerung und Schleichfahrt. Daraus resultiert: Je häufiger die einzelnen Etagen angefahren werden, d. h. je öfter der Aufzug beschleunigt und verzögert, desto effektiver ist der frequenzgeregelte Antrieb.
Aufzugsfahrt als Zeitreise
Ein Info-System in der Fahrerkabine kann heute mehr als nur die Etage anzeigen. In Zusammenarbeit mit der Museumsleitung entstand im Lift eine Navigations-, Informations- und Emotionsplattform des Greizer Schlosses. Abgestimmt mit dem jeweiligen Kabinenlicht, jeder Etage ist eine Farbe und eine geschichtliche Epoche zugeordnet, bietet ein Monitor der Firma Schaefer die passenden Informationen für die zu erwartende Ausstellungsebene. Auf drei Feldern laufen Zeitachsen, Jahreszahlen und Bilder bzw. Landkarten als Einstimmung und Wissensvorsprung. Eine Sprachansage an jeder Haltestelle unterstützt die Botschaften.
Bewegt man sich vom Kellergeschoss, in dem die Entstehung der alten Burg um 1188 präsentiert wird, nach oben, beispielsweise in die 2. Etage, rollen die Jahreszahlen vorwärts und wechselt die Kabinenfarbe von Rot über Weiß und Gelb nach Grün, um am Ausstieg das Jahr 1517 anzuzeigen. Die sonst eher langweilige Fahrt mit dem Lift bietet mit dieser individuellen Ausstattung dem Museumsbesucher nicht nur umfassende Information und Orientierung, sondern die zusätzliche Attraktion einer kleinen Zeitreise. Da das gesamte System rechnergesteuert ist, kann es jederzeit verändert und aktualisiert werden. Denkbar sind künftig Veranstaltungshinweise und virtuelle Etagen-Rundgänge, um die Aufmerksamkeit auf bestimme Exponate zu lenken.
Architekturbüro: Schubert-Hamann-Dinkler Architekten + Ingenieure, Greiz
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