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Ausgesprochener Mehrwert

Neukonzeption und Sanierung des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg
Ausgesprochener Mehrwert

Auch Gebäude kommen in die Jahre, vor allem, wenn sie intensiv genutzt werden. Dies trifft auch auf das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg zu, dessen Gebäudeanlage aus den 70er Jahren nun grundlegend saniert und in großen Teilen neu organisiert wurde. Die Pläne für die Revitalisierung der alten Substanz stammen dabei ebenso aus der Feder von Heinle, Wischer und Partner wie der ursprüngliche Entwurf.

Dipl. Ing. Architekt Marc Nagel

Bereits in den 70er Jahren wurde der große Gebäudekomplex an der Kirschnerstraße, direkt am Universitätsklinikum Heidelberg, nach den Plänen von Heinle, Wischer und Partner erstellt. Damals nach dem aktuellen Wissen entworfen, zeigten die Gebäude nun nach und nach die Notwendigkeit einer Umstrukturierung sowie einer Sanierung auf. Da der komplette Prozess während des laufenden Betriebs im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) erfolgen musste, sahen sich die Planer nicht nur architektonischen, sondern auch logistischen Aufgaben gegenüber.
Um die Organisation der Gebäude und ihre Ausstattung den heutigen Anforderungen an einen modernen Forschungsstandort anzupassen, entschloss man sich, das neungeschossige Hochhaus sowie das Dokumentationsgebäude des DKFZ komplett auszuräumen und in den Rohbauzustand zurückzuführen. In dieser Phase erfolgte auch die Aufstockung des Dokumentationsgebäudes um ein zusätzliches Geschoss.
Neue Organisation
Von außen kaum verändert, nimmt man die neue Glasfassade mit zeitgemäßen Wärmedämmeigenschaften einmal aus, ist die Veränderung im Innern am stärksten sichtbar.
Erste Maßnahme der Neukonzeption der beiden Gebäude war die Überarbeitung der Grundrissorganisation des Hochhauses. So wurde die dreibündige Erschließung beim neuen Grundriss zweibündig organisiert und die Anordnung der Arbeitsplätze überarbeitet. Es entstanden große Labore mit entsprechender Raumtiefe, die in verschiedene Zonen unterteilt sind. Direkt an der Fassade, parallel zur Lichtquelle ausgerichtet, befinden sich die Schreibarbeitsplätze. Dahinter folgen die Arbeitszonen, die von den Schreibplätzen durch eine Glaswand getrennt sind. Diese sichert eine ausreichende Belichtung der beiden Arbeitszonen mit natürlichem Licht und erlaubt kurzes Innehalten und Ausblicke in die Umgebung. Die beiden Arbeitszonen unterscheiden sich durch ihre Möblierung. Während im einen Bereich die Labormöblierung flexibel und variabel angelegt ist, befinden sich im anderen Bereich installationsintensive Laboreinrichtungen sowie Digestorien (Luftabzüge für Labordämpfe) und Ausgussbecken. Zum Erschließungsgang hin folgt die letzte Zone, die Platz für Nebenräume wie Geräteräume, Abstellmöglichkeiten, Garderobe und Kühlräume bietet.
Der große Vorteil dieser Organisation ist die schnelle und einfache Anpassung an verschiedene wissenschaftliche Anforderungen und Versuchsanordnungen.
Kommunikation ermöglichen
Damit die Mitarbeiter des DKFZ jedoch nicht mit ihren Ergebnissen in den eigenen Laboren alleine bleiben und aufgrund mangelnder Räumlichkeiten kein Austausch stattfindet, wurden im Hochhaus Kommunikationszonen eingerichtet. Sie komplettieren das Raumprogramm jedes Labor-Geschosses. Kern dieser Zonen sind Küchenelemente, die frei im Raum stehen und durch Sitzbereiche und Besprechungszimmer komplettiert werden.
Die Kücheninseln fallen dabei besonders auf, da sie mit hinterleuchteten Möbelboxen von den Freizonen abgegrenzt sind. Die dabei verwendeten Transsatco-Elemente ( gegossenes Acrylglas mit geringem spezifischen Gewicht und guter Bruchsicherheit) von Fritz wurden mit unterschiedlichen Motiven in verschiedenen Farbtönen foliert. Die Farbtöne wechseln dabei, ganz dem Farbkonzept von Heinle, Wischer und Partner folgend, pro Geschoss. Der Hintergrund dieser Maßnahme ist der Wunsch, dass die Farben als Orientierungshilfe dienen und so aufzeigen, auf welchem Stockwerk man sich befindet. Aus diesem Grund sind auch die Wände im gleichen Farbton gehalten wie die Kücheninseln. Die Küchen selbst basieren auf einem Entwurf der Architekten und wurden von Simon Schreinerwerkstätten GmbH umgesetzt.
Ebenfalls mit Transsatco versehen sind die Elemente im Foyer des Hochhauses. Das hier verwendete Blattmotiv in seinem frischen Grün wirkt lebendig und gibt dem ansonsten an Highlights armen Raum etwas mehr Qualität. Der Gedanke, das Außen nach innen zu holen funktioniert dabei gut, da auch Blickbeziehungen in den Innenhof der Anlage sowie in die weitere Umgebung möglich sind.
Farbe als Orientierung
Das Farbkonzept dient zur optischen Aufbesserung der ansonsten eher grauen Labormöblierung und eben als Orientierungshilfe. Die Wände wurden dabei mit Herbol Latex-matt gestrichen, wobei für die unterschiedlichen Untergründe darauf geachtet wurde, dass der Farbton einheitlich bleibt – bei Resopal-Platten ebenso wie bei Formica-Elementen.
Auch die Räumlichkeiten der Verwaltung wurden überarbeitet und finden nun im Dokumentationsgebäude sowie im Hochhaus Platz. Die Räume im Dokumentationsbau sind dabei um die zentral angeordnete, durch ein Oberlicht natürlich belichtete Aufenthaltszone gruppiert. Hier können, aufgrund einer hohen Flexibilität dank Schiebewänden, Besprechungen abgehalten, informelle Treffen zwischen den Mitarbeitern geführt oder einfach Gäste empfangen werden. Während im Hochhaus die Wandfarben schnell ins Auge stechen, fällt beim Verwaltungsbereich auf, dass hier der Fußboden wechselt. Ist der Laborbereich mit dem praktischen, pflegeleichten und robusten Kautschuk-Boden noraplan mega in Grau mit Granulatdesign von nora systems GmbH belegt, findet sich in den Bürobereichen ein schlichter, aber eleganter Birke-Parkett als Bodenbelag.
Betrachtet man die neue Organisation der Gebäude, die neue Farblichkeit sowie die Details, dann kann der Umbau und die Sanierung des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg als gelungen betrachtet werden. Schon alleine die Tatsache, dass selbst so banale Orte wie Erschließungszonen eine eigene Qualität haben, sind Beleg hierfür.
Denn die großen Glasflächen erlauben es, dass hier Blickbeziehungen zwischen den Gebäuden entstehen. Diese dienen neben dem Farbkonzept dazu, die Orientierung in diesem komplexen Ensemble zu behalten. Natürlich, und auf diesen Punkt wurde hier kaum eingegangen, hat die Sanierung einen ökonomischen und ökologischen Aspekt, der nicht unerwähnt bleiben soll.
Hanno Chef Hendriks, Gesellschafter der Heinle, Wischer und Partner Freie Architekten GbR: „Wir haben den Begriff „Neukonzeption“ bewusst gewählt, um das Konzept für die Erneuerung des DKFZ von einer ‚Sanierung‘ abzusetzen. Letztere beinhaltet in der Regel die Wiederherstellung baulicher und gebäudetechnischer Eigenschaften. Die Neukonzeption erzeugt darüber hinaus einen wesentlichen Mehrwert dadurch, dass in dem bestehenden baulichen Gefüge eine neue Laborlandschaft aufgebaut wird – eine Laborlandschaft, die qualitätvoll die Fragen nach Kommunikation, nach wissenschaftlichem Austausch, nach Arbeitsplatzqualität, nach Flexibilität, nach optimierter Gebäudetechnik und Ausstattung beantwortet -und das vor dem Hintergrund einer sehr knappen Geometrie des Bestandsgebäudes. Die Neukonzeption des DKFZ ist nach unserer Auffassung eine Referenz für den Umgang mit der umfangreichen Bausubstanz im Forschungs- und Hochschulbereich unseres Landes. Sie ist eine Referenz für eine inhaltlich geprägte konzeptionelle Auseinandersetzung mit der Aufgabe – die aber auch hinsichtlich der architektonischen Qualitäten überzeugt – wie die jüngst verliehene Hugo-Häring-Auszeichnung 2011 belegt. Nicht zuletzt ist das wertvollste Ergebnis die erreichte Zufriedenheit der wissenschaftlichen und der administrativen Nutzer!“
Architekten: Heinle, Wischer und Partner, Berlin
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