Weitgespannte Holzdecken sind oft unwirtschaftlich – denn aufgrund der erforderlichen Schwingungsnachweise müssen die Bauteile meist sehr große Querschnitte haben. Forschende an der Hochschule Biberach arbeiten deshalb gerade an der Entwicklung eines schwingungsoptimierten Deckensystems für große Spannweiten.
Wenn es darum geht, das Bauen klimaverträglicher zu gestalten, wird Holz als Rohstoff künftig eine immer wichtigere Rolle spielen. Holzdecken haben aber, wie alle leichten Decken, den etwas unangenehmen Nebeneffekt, dass sie durch den Nutzer in Schwingung gebracht werden können. Diese können sich sehr störend anfühlen und schonmal das Geschirr im Schrank zum Klirren bringen. Für den Hausbau gibt es deshalb Vorgaben, wie bei der Konstruktion entsprechender Decken Schwingungen auf ein Minimum reduziert werden können.
„Bei sehr weit gespannten Decken von über 8 Metern kommen diese Regeln aber an ihre Grenzen“, erklärt Professorin Patricia Hamm, die an der Fakultät Bauingenieurwesen und Projektmanagement der Hochschule Biberach (HBC) Holzbau lehrt. „Es gibt zwar keine Spannweitenbegrenzung, doch führen die nötigen Schwingungsnachweise dazu, dass die Bauteile sehr große Querschnitte haben müssen. Damit ist die Bauweise oft unwirtschaftlich.“
Einzigartiger Versuchsstand für Holzdecken
Gemeinsam mit den Masterstudenten Johannes Ruf und Valentin Knöpfle sowie dem Projektpartner, der Primin Jung Deutschland GmbH, forscht sie deshalb aktuell zur Entwicklung eines schwingungsoptimierten Deckensystems, das für große Spannweiten geeignet ist und die Nachweise im besten Fall sogar unnötig machen könnte. Dafür hat das Team einen einzigartigen Versuchsstand aufgebaut: In einer Lagerhalle der Max Wild GmbH in Berkheim ist ein Deckenfeld von fast 150 Quadratmetern Größe entstanden, an dem seit November fast 2.500 Messungen durchgeführt wurden.
„Wir können hier sowohl an einem Stahl- als auch einem Holzunterzug testen, die Deckenfläche variabel verkleinern oder vergrößern. Das ermöglicht es uns viele verschiedene Konstellationen und Szenarien auszuprobieren“, erläutert Johannes Ruf.
Der Versuch selbst läuft dann immer nach einem bestimmten Muster ab, wie Valentin Knöpfle erklärt: „Wir beginnen mit dem sogenannten Heel Drop, also dem Wippen von den Zehenspitzen auf die Ferse. Dann folgt das Joggen auf der Stelle. Auf der Decke sind verschiedene Messpunkte angebracht, über die wir dann die ausgelösten Schwingungen auswerten können.“
Zusätzliche Schwingungsdämpfer erforderlich
Im Laufe der Testphase konnte mit den im Vorfeld angedachten und berechneten Konstellationen kein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden. Kurzerhand entwickelte das Team zusätzliche Schwingungsdämpfer und baute sie ein. „Damit konnten wir die Schwingungen der Decke deutlich reduzieren, wenn auch nicht ganz stoppen“, so Patricia Hamm.
Der Prüfstand wird nun abgebaut und die detaillierte Auswertung der Messergebnisse beginnt. Die erste Masterthesis zu dem Thema wurde bereits in diesem Sommer veröffentlicht, der abschließende Projektbericht folgt im Juni 2023.