Startseite » Holzbau »

Ökologisch komfortabel

Neubau eines Schulkomplexes in Limeil-Brévannes:
Ökologisch komfortabel

Auf 9 480 m² BGF wurden 2 936 m³ Holz verarbeitet und somit der größte Schulkomplex Frankreichs in Holzbauweise errichtet. Zeit und Raum zu sparen, waren hier die obersten Devisen. Durch das architektonische Konzept und den Einsatz vorgefertigter Holzbauteile kam dabei die Qualität auch im Hinblick auf Akustik und Trittschallschutz keineswegs zu kurz.

pro publica | be

Niemandem entgeht der neue Schulkomplex im Zentrum des revitalisierten Stadtquartiers Pasteur von Limeil-Brévannes, südlich von Paris. Drei Kindergärten, zwei Grundschulen und Wohnanlagen markieren nun das Herzstück eines urbanen Großprojekts, das mit Erwartungen und Herausforderungen verbunden ist. Die wichtigste Auflage: Ökologische Bauweise unter Verwendung des Materials Holz.
Architektin Véronique Klimine, erzählt von den Reaktionen auf das vorherrschende Baumaterial: „Die Kinder haben uns gefragt: ‚Haben Sie das entschieden, mit Holz zu bauen?’ Die Kleinen merken den Unterschied zur Bauweise in der Umgebung, sie lieben das Holz.“ Warum das Material so viel Zuspruch findet, lässt sich leicht zusammenfassen: Es strahlt visuellen, akustischen und thermischen Komfort aus, erfüllt zugleich hohe ökologische Standards.
„Holz genießt die Gunst der Bevölkerung, es wird stets als Material geschätzt. Bei allen Schulen, die wir aus Holz gebaut haben, haben wir im Nachhinein gehört, dass die Kinder in einer mit Holz gestalteten Umgebung viel ruhiger sind“, erklärt die Architektin.
Im März 2011 ging das Büro r2k Architekten aus Grenoble als Gewinner aus einem Wettbewerb für den Bau eines Exzellenz-Bildungszentrums und von Wohnanlagen hervor, der im Zuge eines urbanen Entwicklungsplans für das Viertel Pasteur durch die Stadt Limeil-Brévannes durchgeführt wurde. Die beiden kreativen Urheber hinter dem Projekt, Véronique Klimine und der aus Finnland stammende Kunstprofessor und Architekt Olavi Koponen, planten und realisierten gemeinsam mit dem deutschen Holzbauspezialisten Amann die Gebäude.
Zwei große Herausforderungen begleiteten das Projekt von Anfang an: Bis September 2012, also nach einem knappen Jahr Planungs- und Bauzeit, sollten 50 Klassen in die neuen Kindergarten- und Schulgebäude einziehen können. Zudem sollten auf einem Bauplatz von nur 9 500 m² sowohl Schulen, Kindergärten und eine große Mensa entstehen als auch noch ausreichend Platz für außerschulische Aktivitäten sein.
Planerische Präzision
Diese Hürden ließen sich nur mit Hilfe einer minutiösen Planung und Logistik bewältigen, wie Tobias Döbele von Holzbau Amann berichtet. Als entscheidender Faktor erwies sich die Möglichkeit, Holzbauteile vorfertigen zu lassen. Lignotrend, deutscher Hersteller von Holzbausystemen, lieferte dabei mehrere Arten von Brettsperrholz-Rippenelementen, die in den Decken zum Einsatz kamen.
„Die innovativen Holzdecken von Lignotrend haben gute Eigenschaften hinsichtlich Statik, Schall- und Brandschutz – es konnten Elemente für Spannweiten von bis zu 7 m vorgefertigt werden“, erklärt Diplomingenieur Döbele. Das überragende Argumenthinsichtlich Bauzeit und Ausbauauf-wand war jedoch, dass die Deckenelemente bereits ab Werk mit endgefertigter Holzoberfläche und eingebautem raumakustisch wirksamem Absorber geliefert wurden, wodurch Innenausbauarbeiten unter der Decke in vielen Gebäudebereichen überflüssig waren.
Die Planung dieser Bauteile erfolgte bis in die Details: So konnten schon in der Vorfertigungsphase beim Holzbauunternehmen technische Versorgungsleitungen in die standardmäßig vorhandenen Hohlräume in den Brettsperrholz-Rippendecken eingebaut werden. Von der Produktion bis zum Aufbau vor Ort wurde der Prozess von Fachleuten von Lignotrend und Holzbau Amann begleitet. Der deutsche Beitrag zum Projekt zeigte sich laut Architektin Véronique Klimine unter anderem in handwerklicher Kompetenz sowie in überaus termingerechter Zusammenarbeit.
Offenheit und Bezug zur Umwelt
Die Auftraggeber in Limeil-Brévannes setzten den Einsatz von Holz für den Bau der öffentlichen Gebäude im neu entwickelten Stadtquartier voraus. Das architektonische Konzept der Schulen basiert dabei auf drei wichtigen Komponenten: Offenheit, Transparenz und Bezug zur Umwelt. Das Baumaterial selbst trägt insofern dazu bei, als es warm, hell und vertraut wirkt. Durch bodentiefe Fenster ohne Brüstung werden die Räume visuell mit der Außenwelt verbunden, die Schüler erleben im Innenraum den Kontext außen, wie die von ihnen gestalteten Freiplätze oder auch die Witterung. Sichtbezüge zwischen den einzelnen, individuell gestalteten Teileinrichtungen und den Außenanlagen sowie zwischen dem Gebäudekomplex und der umliegenden städtebaulichen Situation stellen ein Schlüsselelement im Entwurf dar.
Dichte Bebauung kann also auch die Chance bergen, Mensch und Natur zu verbinden. Véronique Klimine erklärt dazu: „Das Material Holz, sei es für die Decke oder als wellenförmige Fassadenverkleidung sowie farbige Sonnenschutzelemente, trägt zu einem hellen und angenehmen Raumerlebnis bei.“
Die Gebäudeteile fügen sich perfekt in den Bauplatz ein, dazwischen bleibt genügend Freiraum für abgegrenzte Pausenhöfe. Es entstand ein Dialog zwischen bebauter und begrünter Fläche, wobei jede Schule oder jeder Kindergarten individuell gestaltet wurde, sich letztendlich aber doch in einer stimmigen Gesamtheit wiederfindet.
Im ursprünglichen Zustand wies das Gelände 4 m Höhenunterschied auf, so dass sich die Architekten dafür entschieden, die Schuleinrichtungen auf zwei Ebenen zu gruppieren. Ein zweites Geschoss von Freiplätzen wird durch die Dachterrassen einiger Gebäudeteile gebildet, die nahtlos in die öffentlichen Plätze außerhalb des Geländes übergehen. Über diese künstlich geschaffene Bodenebene wird das Gefühl der Mehrgeschossigkeit minimiert.
Geräuschdämpfend
Auch dieser Gestaltungsfaktor stellt besondere Ansprüche an die Bauausführung: Bei der Schalldämmung der Trenndecken zwischen den Geschossen und über den unter Pausenhöfen liegenden Klassenräumen ist die besondere Beachtung des Trittschallschutzes notwendig. Die Hohlräume in den Brettsperrholz-Rippenelementen Ligno Block Q3 BV und Rippe Q3 BV, die hier in den Decken zum Einsatz kamen, wurden mit Splitt befüllt und weisen dadurch in diesem Bereich ausgezeichnete Eigenschaften in der Geräuschdämpfung auf, wie sie mit herkömmlichen Holzdecken nur unter erhöhtem Aufwand erreicht werden können.
Auch der Lärmschutz innen wurde berücksichtigt. Hierfür wurden teils die Decken ab Werk mit Akustikprofil ausgerüstet, teils kamen die Echtholz-Akustikpaneele Ligno Akustik light als Wandverkleidungen zum Einsatz. Hinter einer fein lamellierten Oberfläche aus sehr hellem Holz liegen Absorber aus Holzfasern, die die Akustik deutlich verbessern. Kinder und Lehrer haben mehr Ruhe während des Unterrichts; dank besserer Sprachverständlichkeit ist der Lernerfolg größer.
Die sichtbaren Oberflächen der horizontalen Holzstrukturen, also der Decken und Böden, sind aus vorwiegend im Schwarzwald gewonnener Weißtanne hergestellt. Durch astreine Verarbeitung – eine Spezialität des Herstellers – wirken sie ruhig und edel.
Fassade
In der Fassade finden sich ebenso Elemente von Lignotrend. Die Unterkonstruktion besteht aus 200 mm tiefen Dämmständern Upsi F, die mit Zelluloseflocken befüllt sind. Die geforderten Dämmwerte wurden hier um 25 % unterschritten, Wärmebrücken sind auf ein Minimum reduziert.
Daneben dominiert an der wellenförmig ausgeführten Außenverkleidung witterungsresistentes Lärchenholz. Gestaltungselemente in den Außenanlagen sind sowohl aus massiver Lärche und Weißtanne als auch aus thermisch modifizierter Buche hergestellt. Zum Gesamtaspekt der luftig und offen gestalteten Gebäude tragen zudem 2 500 m² Glas bei, geringfügig Beton sowie Backstein.
Für die Fassadenverkleidung wurde das Lärchenholz in Wellenprofil ausgebildet, um das Material haptischer und erlebbarer zu machen. Der finnische Maler und Kunstprofessor Lauri Ahlgrén genehmigte zudem eine Reproduktion seines Gemäldes „Merenneito ja octopus“ für die Wandgestaltung eines lichtdurchfluteten Eingangsbereichs und des markanten Turms. Lebhafte, fröhliche Farben, die Ahlgrén für seine Gemälde präferiert, prägen die Schulen und Kindergärten, seine Formen fügen den Gebäuden eine spielerische Note hinzu.
Um die Ost-, West- und Südfassaden vor Sonneneinstrahlung zu schützen, wurden vertikale Lamellen aus perforiertem Stahlblech vorgehängt. Diese sind in den gleichen Farben wie die Kunst von Lauri Ahlgrén gestaltet und legen sich wie ein Band um das Gebäude. Dennoch kann Tageslicht permanent in die Klassenräume einfallen, jedoch ohne zu blenden.
Architekten: r2k architectes, Grenoble, Frankreich
Unsere Top-3-Projekte des Monats
MeistgelesenNeueste Artikel

Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der bba-Infoservice? Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum bba-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des bba-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de