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Konsequent ökologisch

Neubau des Bischöflichen Jugendamtes Don Bosco in Mainz
Konsequent ökologisch

Ressourcen schonen, das ist nicht nur ein Schlagwort der Öko-Bewegung. Auch die Kirche legt großen Wert darauf. So wundert es nicht, dass man sich beim Wettbewerb für den Neubau des Bischöflichen Jugendamtes in Mainz für einen Entwurf mit klarem ökologischen Konzept entschieden hat.

Dipl. Ing. Marc Nagel

Holzbox ist dabei das passende Wort für das Gebäude Am Fort Gonsenheim, das nach Plänen von Angela Fritsch Architekten errichtet wurde. Denn Holz ist das dominierende Material des Neubaus, der nun das Bischöfliche Jugendamt des Bistums Mainz beherbergt. Er ersetzt das ehemalige Lehrlingswohnheim von 1955. Weil die Räumlichkeiten im Altbau limitiert waren, war eine Umorientierung notwendig, die 2008 in einem Wettbewerb endete, den Angela Fritsch gewinnen konnte. Was dabei wesentlicher Bestandteil des Entwurfs war, kann man heute in gebauter Form sehen.
So wurde die Idee eines klaren geometrischen Körpers ebenso realisiert wie die Integration in die Anlage des Katholischen Jugendwerks. In direkter Anbindung an eine bestehende Kapelle bildet das neue Verwaltungs- und Tagungshaus gemeinsam mit dem Sophie-Scholl-Bettenhaus nun ein eindeutiges Ensemble. Auf die städtebauliche Nachbarschaft mit Wohnungsbau, Sportanlagen und dem nahen Fußball-Stadion am Bruchweg musste aufgrund der Vielfalt an Bautypen und der groben städtebaulichen Körnung wenig geachtet werden. Trotzdem wirkt der Neubau gut in sein Umfeld integriert, was auch am Fassadenmaterial Holz liegt, das mit dem vielen Grün der Umgebung harmoniert.
Auflösungserscheinungen
Betrachtet man das Gebäude, fällt die unregelmäßige West-Fassade auf. Sie scheint sich von Norden nach Süden langsam aufzulösen. Konkret bedeutet dies, dass die geschlossenen Flächen aus Holz nach Süden hin ab- und die Glasanteile zunehmen. Bei der Holzfassade handelt es sich um eine Konterschalung aus 19 mm Lärchenbrettern mit gefaster Kante, die von der Ochs GmbH geliefert wurden. Gegliedert wird sie von Lisenen, die über die Geschosse hinweg durchlaufen. Die Konstruktion der Verschalung ist so konzipiert, dass jedes der vertikal angeordneten Bretter einzeln ausgetauscht werden kann. Die Lärchenholz-Bretter werden dabei ohne Schutz der Witterung ausgesetzt und nach jahrelanger Bewitterung bei Bedarf ausgetauscht. Dieses Konzept, als Opferholz-Prinzip bekannt, folgt dem ökologischen Grundgedanken des Entwurfs, da auf Lacke und Farben verzichtet werden kann.
Der Eingangsbereich wurde im Süden in die Fassade eingeschnitten. Er ist zugleich die bauliche Verbindung zur Kapelle. Sie ist geistliches Zentrum der Anlage und kann nun auch direkt über das neue Gebäude erreicht werden. Die Ostfassade wirkt gegenüber der westlichen Variante etwas geschlossener, wobei hier vor allem im Erdgeschoss die transparenten Elemente überwiegen. Damit ist ein direkter Bezug zwischen Seminarräumen und dem hier anschließenden Freibereich möglich. Die beiden übrigen Fassaden wurden als Stirnfassaden jeweils deutlich geschlossener gehalten.
Holz als fast durchgängiges Thema
Was sich außen angedeutet, findet sich innen wieder. Holz bleibt das dominante Thema. Einzig bei der Konstruktion ist ein Bruch in diesem Konzept zu verzeichnen. Könnte man denken, der gesamte Bau sei als Holzkonstruktion ausgeführt, so wird man beim Blick auf die Pläne aufgeklärt. Während die beiden Obergeschosse tatsächlich als Holzkonstruktionen ausgeführt sind, wurden das EG sowie das UG in Massivbauweise gebaut. Im Detail heißt dies, dass Erd- und Untergeschoss in Stahlbeton und die beiden Obergeschosse in Holzständerbauweise erstellt wurden. Der Innenausbau im oberen Teil erfolgte mit einer kombinierten Stahl-Holz-Skelettkonstruktion. Für die Holzkonstruktionen zeichnete die Ochs GmbH verantwortlich. Sie lieferte auch das helle Weißtannenholz, das für den Innenausbau verwendet wurde.
Hier zeigt sich dann auch wieder das Thema Holz ohne Kompromisse. Die Wände sind mit horizontalen Brettern aus Weißtanne verschalt, während die Decke mit Stäbchen des gleichen Holzes ausgeführt ist. Dadurch wirken die Räume freundlich und hell, wozu auch das Hochkantlamellen-Parkett Stabilo von Bembé beiträgt. Es wurde in Eiche ausgeführt, was einen angenehmen Kontrast herstellt. Da das Industrieparkett dabei als Massivholzausführung verwendet wurde, steigert die Strapazierfähigkeit und die Lebensdauer des Bodenbelags – gerade in den Tagungs- und Seminarbereichen im Erdgeschoss, die durch hohen Publikumsverkehr stark beansprucht werden.
Bei soviel Holz stellt sich natürlich die Frage nach dem Brandschutz. Da die Holzflächen unbehandelt eingebaut wurden, war die Vorgabe, das Gebäude in Brandschutzabschnitte von unter 400 m2 zu unterteilen. Die daraus jeweils entstandenen Nutzungseinheiten lassen sich mit Brandschutzschiebetoren voneinander trennen. Diese Tore wurden von Stahltürenbau Buchele ausgeführt und entsprechen natürlich den höchsten brandschutztechnischen Anforderungen. Da jedoch zwischen den beiden Obergeschossen ein großer Luftraum besteht, war es hier nicht möglich, die Nutzungseinheiten und damit die Brandschutzabschnitte auf die geforderten 400 m2 zu beschränken. Aus diesem Grund installierte man eine Sprinkleranlage, die als zusätzliche Brandschutzmaßnahme wirkt.
Viel Raum
Vom Aufbau teilt sich das Gebäude in zwei Bereiche: Das Erdgeschoss als Ort für Seminare und Tagungen und die oberen Geschosse für die Verwaltung. Dass dabei in jedem Bereich ausreichend Raum für Begegnung vorgesehen wurde, betont den sozialen Charakter, den die Nutzer von ihrem Neubau erwarten. Im Erdgeschoss sind dies der offene Kaminbereich sowie eine kleine Ausstellungsfläche, die noch um einen großen Raum ergänzt werden. Dieser kann als Essraum mit Küche oder als großer Seminarraum genutzt werden.
Im ersten Obergeschoss übernimmt eine Teeküche sowie der Bereich unter dem großen Luftraum diese Funktion. Hier können sich Mitarbeiter und Besucher treffen und austauschen. Im zweiten Obergeschoss steht hierfür ebenfalls eine Teeküche zur Verfügung. Diese sozialen Bereiche stechen auch durch ihre Farblichkeit heraus, da Einbauten und Sitzmöbel in Rot gehalten wurden. Was im OG zudem auffällt, ist die ungewöhnliche Dachkonstruktion über dem Luftraum. Um genügend Tageslicht in diesen Bereich zu bringen, wurde keine massive Decke eingezogen. Stattdessen befindet sich über den Köpfen ein pneumatisch stabilisiertes Membrandach aus ETFE mit einem Innendruck von 350 Pascal. Da eine transparente Folie mit einer Gesamtfläche von ca. 42 m2 verwendet wurde, kommt ausreichend Tageslicht in den Kern des Gebäudes.
Schöpfung bewahren
Die ETFE-Folie bleibt dabei eines der wenigen nicht natürlichen Materialien bei diesem Bau. Denn der Grundsatz des Bistums Mainz, die Schöpfung bewahren zu wollen, wurde beim Material berücksichtigt. Deshalb wurde viel unbehandeltes Holz verwendet. Doch auch bei der Haustechnik setzt man auf Holz als nachwachsenden Rohstoff. So sorgt eine Pellet-Heizung für die notwendige Wärme, die größtenteils über eine Fußbodenheizung abgegeben wird. Um in den Büro- und Besprechungsräumen für eine angenehme Raumluft zu sorgen, wurde hier zudem eine Lüftungsanlage eingeplant. Dabei handelt es sich um den Thermolüfter der Firma LTM, der in die Fassade integriert wurde. Als dezentrale Anlage konzipiert, sorgen mehrere Lüfter dafür, dass ausreichend Luft ausgetauscht und in diesem Fall nicht zu viel Energie verloren geht. Eine moderate Luftwechselrate von 0,4 1/h, eine automatische Anpassung an das Temperaturniveau der Raumluft sowie ein Thermospeicher zur Wärmerückgewinnung sind die Garanten für diesen Effekt.
Damit schließt sich der Kreis des ökologischen Konzepts, das in Mainz federführende Entwurfsidee war. Dass das Gebäude dabei neben eine interessanten Fassade auch spannende Innenraumerlebnisse vorweist, macht den Entwurf insgesamt gelungen.
Angela Fritsch, Architektin: „Es ist immer eine besonders schöne Aufgabe, einen Entwurf so zu gestalten, dass natürliche Ressourcen ganz selbstverständlich integraler Bestandteil des Konzepts sind. So wird in diesem Entwurf der innenliegende, zweigeschossige Kommunikationsbereich über ein großes, transparentes Luftkissen mit einem Maximum an Tageslicht versorgt und in Kombination mit den Oberflächen aus unbehandelter Weißtanne entsteht eine wunderbar natürliche Atmosphäre.“
Architekten: Angela Fritsch Architekten BDA, Darmstadt
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