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Holzfassade für Pergolavilla in Berlin

Neubau eines Wohnhauses in Berlin-Nikolassee
Urform des Hauses neu gedacht

Formal ist es ein klassisches, giebelständiges Satteldachhaus mit Holzfassade  in einer ruhigen Wohnstraße nördlich der Potsdamer Chaussee. Doch die Urform des Wohnhauses wurde von rundzwei Architekten BDA beim Neubau dieser Holzbau-Villa in Berlin-Nikolassee neu interpretiert.

Anforderung:

Komplex-spannende Räume hinter einer einheitlich Halt gebenden Gebäudehülle

Lösung:

Holzfassade mit Zwischenräumen als Filter für Zugang, Sicht- und Sonnenschutz


Dipl.-Ing. Eric Sturm | be

Sowohl die Dachflächen als auch die Fassaden überzieht auf allen vier Seiten eine feingliedrige, helle Holzlattung aus Weißtanne. Mit Ausnahme einiger gezielt platzierten Fassadenöffnungen ist der gesamte Baukörper von einer homogenen Gebäudehülle umgeben. Entlang der beiden Traufseiten werden die Dachflächen als Pergola über den Baukörper hinaus verlängert und das Haus so bis in den Garten hinein erweitert.

Holzfassade bildet einheitliche Gebäudehülle als Schutz und Filter

Die filigrane Hülle formt den Bau zu einer architektonischen Einheit, betont einerseits den Archetyp des klassischen Einfamilienhauses und verwischt andererseits seine Form. Funktional dient die einheitliche Dach- und Fassadenhaut der hellen Holzfassade mit ihren Zwischenräumen als Sicht- und Sonnenschutz. Sie wird damit zum Filter zwischen innen und außen und ermöglicht eine spezifische äußere und innere Wahrnehmung des Gebäudes.

Im Gegensatz zu den Häusern der direkten Nachbarschaft ist der Baukörper mit seinem nahezu quadratischen Grundriss (ca. 10 m x 10 m) relativ nah an die Straße gerückt und von dieser nur durch einen ca. 6 m breiten Vorgarten getrennt. Diese Position auf dem 520 m² großen Grundstück vergrößert die Fläche für den auf der Nordseite gelegenen Garten hinter dem Haus.

Verlängerung des Baukörpers bis an die Grundstücksgrenze

Die raumgreifenden, links über der Terrasse am Hauseingang und rechts über Carport und Fahrradstellplätzen aus dem Baukörper weitergeführten Dachflächen vergrößern die wetterunabhängig nutzbare Fläche des Einfamilienhauses elegant. Dank dieser umhüllenden Holzfassade wird das kompakte Grundstück optimal genutzt: Die baurechtlich geforderten Abstände werden eingehalten, obwohl z. B. die Carport-Pergola über den Fahrradstellplätzen bis an die östliche Grundstückgrenze reicht.

Man betritt das Haus über eine schmale Terrasse entlang der Westseite des Hauses, wettergeschützt dank der darüber liegenden, verlängerten Dachfläche. Der Eingangsbereich bietet auf kleiner Fläche – neben dem Zugang zu Wohnräumen im EG und OG sowie zum Arbeitszimmer – durchdachte Funktionen wie eine lang gezogene Sitzbank sowie dezent versteckten Stauraum für Schuhe und Garderobe.

Auch das Untergeschoss mit Wellnessbereich, Haustechnik und Abstellflächen wird über den Eingangsbereich erschlossen. Zwei Schächte auf der Straßen- sowie auf der Gartenseite des Hauses belichten den langgestreckte Pool und die angrenzenden Liege- und Fitnessbereiche. So entsteht ein hochwertiger privater Raum für Sport und Erholung.

Horizontales und vertikales „L“-Prinzip

Im Erdgeschoss sind die Flächen für Wohnen, Essen und Kochen in L-Form um die kompakt konzentrierten, „dienenden“ Funktionen (Arbeitszimmer, Gäste-WC, Treppen und Abstellflächen) gelegt. Dieses horizontale „L“ verbindet in seinem Scheitelpunkt durch großflächig verglaste Fensterflächen den Innenraum mit dem Außenraum. Die über Eck öffenbaren Terrassentüren erweitern das Haus in den Garten.

Über dem Essbereich erstreckt sich ein Luftraum bis unter das Steildach und bildet mit der offenen Küche bzw. dem Wohnraum ein vertikales „L“. Zwischen EG und den als Galerieebenen realisierten Geschossen darüber sind dadurch Blickbeziehungen möglich – auch die filigrane, abgehängte Stahltreppe zwischen den Obergeschossen tragen dieser Entwurfsidee Rechnung.

Die funktionalen Zonen „Wohnen“, „Essen“ und „Kochen“ werden durch das vertikale und horizontale „L-Prinzip“ architektonisch klar definiert: Während der Wohnbereich eher intim, leicht zurückgezogen ausgeprägt ist und der Kochbereich sich zu Vorgarten und Straße hin öffnet, wird das „Esszimmer“ zum kommunikativen Herzstück der Villa.

Schlafzimmer mit Aufenthaltsqualität hinter der Holzfassade

Über eine einläufige, gerade Treppe gelangt man in das erste OG. Hier befinden sich, wiederum in „L“-Form um den Luftraum über dem Essbereich angeordnet, das Elternschlafzimmer und die Kinderzimmer, dazwischen das gemeinsame Badezimmer. Es ist sowohl vom Elternschlafzimmer als auch vom zentralen Flur aus zugänglich und mit zwei Duschen, zwei WCs und zwei Waschbecken ausgestattet. Eine Schiebetür in der Mitte ermöglicht die zeitgleiche, flexible Nutzung durch verschiedene Personen. Individuelle entworfene Regalflächen und Einbauschränke sorgen für Ordnung und Übersicht.

Die zwei Kinderzimmer orientieren sich zur Straße, das Elternschlafzimmer zum Garten hin. Jedes dieser Zimmer hat ein langgestrecktes Sitzfenster als gemütlichen Aufenthaltsort. Die Fenster sind rahmenlos und so nah wie möglich an der Außenhaut platziert und wurden darum mit feststehender Verglasung realisiert. Zum manuellen Lüften befindet sich neben jedem Sitzfenster eine hochformatige Holzöffnung. Diese Lüftungsflügel werden im Fassadenbild durch die Lattung der Holzfassade verdeckt und sind so von außen quasi unsichtbar.

Rückzugsräume unter dem Dach

Im Dachgeschoss bietet eine offene Galerie mit Kamin einen halbprivaten Rückzugs- und Aufenthaltsraum, der über das große Dachflächenfenster von Osten sowie über die von hier aus zugängliche Dachterrasse auf der Westseite des Hauses intensiv belichtet wird. Ein von der Galeriefläche abgetrennter Raum kann dank seiner vollständig verglasten Westfassade auch als Gästezimmer oder als weiterer Wohnraum genutzt werden.

Die weitläufige Terrasse befindet sich hinter bzw. unter der Dachfläche, sie ist teilweise als offener Einschnitt in die Gebäudehülle der Holzfassade, teilweise pergola-artig überdacht ausgeführt. So entsteht ein flexibel nutzbarer, geschützter Rückzugsort unter freiem Himmel mit Blick auf die üppige Vegetation im Westen.

Natürliche Klimatisierung und intelligenter Sonnenschutz – auch dank der Holzfassade

Bis auf Kelleraußenwände aus wasserundurchlässigem Beton ist das Gebäude als reiner Holzbau ausgeführt. Die Innenwände (auch im Keller) sind tragende Vollholzwände, die Außenwände wurden mit vorgefertigten Elementen in Holztafelbauweise realisiert. Alle Decken inklusive der Kellerdecke sind aus Holz. Um ein späteres Recycling im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen, wurden Verbindungen zwischen Bauteilen mechanisch ausgeführt. Auf geklebte Verbindungen konnte so weitestgehend verzichtet werden. Auch das Blechdach unter der Dachhaut aus Holzlatten ist auf eine Wiederverwertung ausgelegt.

Als Dämmmaterial für das KfW 55-Haus kommt Holzwolle zum Einsatz, die Innenwände sind mit Gipsfaserplatten und einem Kalkputz versehen. Gipsfaser trägt dank seiner Offenporigkeit zu einer natürliche Klimatisierung der Innenräume bei. Sie werden über eine Niedrigtemperatur-Flächenheizung temperiert, die Wärme hierfür wird durch ein Gas-Blockheizkraftwerk im Untergeschoss erzeugt, das auch Strom für die Bewohner:innen erzeugt.

Die Baustoffe Holz, Gips und Kalk nehmen Feuchtigkeit auf und geben sie auch wieder an die Raumluft ab. Besonders im Winter wird so die Wohnqualität durch die höhere Luftfeuchtigkeit deutlich erhöht. Während der Sommermonate schützt die vom eigentlichen Baukörper leicht abgesetzte Gebäudehülle der Holzfassade vor Aufheizung durch die Sonne. Von Sensoren gesteuert werden die Dachfenster sowie die Terrasse im Dachgeschoss bei Sonnenschein automatisch verschattet. Darüber hinaus dienen die als Pergola verlängerten Dachflächen als Sonnenschutz vor den seitlichen Hausfassaden. Auf diese Weise stellt die relativ einfache Haustechnik sicher, dass das Haus innen an maximal zwölf Tagen pro Jahr wärmer als 26° C wird.

Konsequente Materialwahl und feine Details

Mit der klaren Architektursprache der Holzbau-Villa korrespondiert die konsequente Materialwahl und durchdachte Detaillierung. Während die Wellnessbereiche im UG durch beige-braune Natursteinböden und graue Mineralputzwände einen kontemplativen Raumeindruck erzeugen, erstrahlen EG und OGe im hellen Weiß der Wände, Decken und Stahltreppen.

Boden- und Treppenbeläge, aber auch die Sitzfenster oder die Einbauten in Flur und Küche sind dagegen aus natürlich belassenem Eichenholz. Vertikale Oberflächen von Schränken und Schubladen sind einheitlich in grauem Linoleum ausgeführt. Für die Sanitärbereiche sowie das Schwimmbecken haben rundzwei Architekten eine durchgängige Materialkomposition entwickelt: Beige-braun melierter Travertin an Wänden und Böden kontrastiert mit schwarzen Stahlelementen, Lichtschaltern und Armaturen.


Projekt: Pergolahaus, Berlin-Nikolassee

Standort: Berlin-Zehlendorf, DE

Bauherr: privat

Architektur: rundzwei Architekten BDA , Berlin

Projektteam rundzwei: Michelle Bähr, Constantin Blömer, Luca Di Carlo, Marc Dufour-Feronce, Raimon Espasa Bou, Lou Pelosoff, Andreas Reeg
www.rundzwei.de

Tragwerksplanung: ZRS Ingenieure, Berlin

Energieplanung/KfW: ZRS Ingenieure, Berlin

Bodengutachten: Andreas Zill, Diplom-Geologe Sachverständiger für Ingenieurgeologie, Berlin

TGA-Planung: bwp bauwerkpartner,Ing.-Betrieb für Tragwerksplanung und Versorgungstechnik, Berlin

Elektro-Planung: rundzwei Architekten BDA, Berlin

Bauleitung: rundzwei Architekten BDA, Berlin

Holzbau: Holzbau Moser KG, Hirschfeld
www.www.holzbau-moser.com

Ausführung Holzfassade: Theo‘s Handwerk, Berlin

Planungsbeginn: 05|2018

Fertigstellung: 11|2020

Bruttogeschossfläche (BGF): 400 m²

Nutzfläche (NF): ca. 350 m²

Bruttorauminhalt (BRI): 1 150 m³

 


rundzwei Architekten zu Konzept und Idee: „Der Vorschlag beruht auf der Untersuchung zweier getrennter Elemente. Das Erste ist die innere Räumlichkeit, die über unterschiedliche Ebenen komplexe und spannende Situationen schafft. Das Zweite ist die Hülle des Hauses, die dem Projekt Einheit gibt, indem Holz als alles umgebendes Material verwendet wird.

(…) die Gebäudehülle, in der Holz der unbestrittene Protagonist ist. Durch die Verwendung von Zwischenräumen gelingt es dieser Hülle die Form des Gebäudes auf nachhaltige Weise zu verwischen. Diese Komposition hat die Absicht, als Filter für Zugang, Sicht- und Sonnenschutz zu dienen.“


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