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Kreativ und autark

Neubau eines Wohnhauses in Ostfildern
Kreativ und autark

Das Wohnhaus südlich von Stuttgart fällt zunächst durch ideenreiche Fassadengestaltung auf. Die eigentliche Besonderheit steckt aber in der Planung als energieautarkes Gebäude. Energie wird über Photovoltaikelemente gewonnen, geheizt und bei Bedarf gekühlt wird mit Geothermie. Bauteilaktivierung von Boden und Wänden spielt dabei eine Rolle.

Das Gebäude befindet sich in einer als Gartenstadt bezeichneten Umgebung, geprägt durch freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser mit Gärten und teilweise älterem Baumbestand, nahe dem südlichen Ortsrand von Ostfildern-Kemnat. Im Norden des Grundstücks befindet sich die öffentliche Erschließung, im Süden des Gebäudes schließt der private Garten an mit Aussicht auf den Albtrauf, der Abbruchkante der Schwäbischen Alb, und den Flughafen. Gegliedert hat Architekt Robert Brixner das Grundstück in sieben Schichten (A bis G); die Entwicklung der Wohnqualitäten vom „öffentlichen Raum“ (Straße) im Norden zum „privaten Bereich“ (Garten) im Süden bestimmen im Wesentlichen das Entwurfskonzept.

An den halböffentlichen Vorgarten (A) grenzt die schützende Gebäudehülle, eine Aluminiumfassade, mit der Nebenraumzone (B): Garderobe, Gästetoilette, Speisekammer, Küche im EG, Ankleide und Bad im OG sowie Technikräume, Vorratsraum und Gästebad im UG. Funktionsschicht C ist die Erschließung, der Flur mit einläufiger Treppe. Ein dreigeschossiger Schrank bildet das Rückgrat des Gebäudes (D). Durch ihn führen in allen Geschossen an der gleichen Position jeweils zwei Türen von den „dienenden Räumen“ im Norden zu den „bedienten Räumen“ im Süden des Gebäudes. So schließen sich im EG die Bereiche Wohnen und Essen, im OG Galerie und Schlafzimmer sowie im Gartengeschoss das Gästezimmer mit vorgelagertem Wintergarten, die Sauna und der Hobbybereich an.
Als eines der integrativen Elemente im Übergang zwischen innen und außen gilt der Grillkamin, der das einzig tragende Bauteil im Süden ist, Raum für Einbauschränke und die beiden offenen Kamine im EG bildet, zudem zoniert er den Wohn- und Außenbereich. Die dem Essen zugeordnete Terrasse und der dem Wintergarten vorgelagerte Teich bilden schließlich den Übergang (F) von innen zum südlichen privaten Garten. Um den Bereich auch in seiner Funktion des Übergangs zu unterstreichen, wurde dieser vollständig transparent auf der gesamten Hausbreite mit Glas überdacht.
Konstruktion und Materialien
Ortbetonelemente und vorgefertigte Dickholzplatten ermöglichten in einer Art Mischkonstruktion einen schnellen und sehr präzisen Montagebau. Die Nordfassade sowie die Dachflächen sind mit lackiertem Aluminiumblech (Falzonal von Prefa) als Doppelstehfalz-Blechscharen beplankt. Im Aufbau entspricht dies einem hinterlüfteten Kaltdach. Dagegen ist die Südfassade als Pfosten-Riegelkonstruktion ausgeführt, mit Profilen aus astlosem Fichtenleimholz. Hebe-/Schiebefenster und Isolierglaslamellenfenster gestalten die Öffnungen.
Die westliche Giebelwand ist folgendermaßen aufgebaut: Nach außen folgt auf der Stahlbetonwand eine 12 cm Schaumglasdämmung (Foamglas), dann eine vertikale Unterkonstruktion für die hinterlüftete Glasschindelfassade. Diese Glasschindeln sind einfarbig im Siebdruck beschichtet (BGT Bischoff Glastechnik). Das von Robert Brixner entworfene Motiv einer Kirschblüte ist stempelartig linear wiederholt und wird so in der Gesamtfläche der Giebelwand zu einer Art Schleier oder außenliegendem Vorhang.
Das Auswahlprinzip der Architekten bei den Materialien basierte auf dem Grundsatz der unveränderlichen Alterung ohne nennenswerten Pflege- und Unterhaltsaufwand.
So besteht die Konstruktion von Carportdach und Terrassenüberdachung aus Flachstahlblechen und U-Stahl-Walzprofilen, gedeckt aus geschuppt liegenden Glasscheiben. Die Bodenbeläge und Arbeitsplatten in Küche wie auch Waschtischplatten in den Bädern sind aus bruchrauem Schiefer hergestellt. Neben dem Bodenbelag aus Räuchereichen-Schiffsstabparkett ist der komplette Innenausbau in kanadischer Ahorn-furnierten Multiplexplatte als Einbaumöbel gefertigt.
Energiekonzept
Um trotz der Mischkonstruktion und dem relativ hohen Anteil von konstruktivem Holz die Gebäudemasse raumklimatisch auf höchst behaglichem Niveau zu halten, wurde ein System der Bauteilaktivierung im Fußboden wie auch beim Wandbereich eingeführt. So wird über beide Flächen sowohl geheizt als auch zur sommerlichen Behaglichkeitsverbesserung gekühlt. Vor dem Hintergrund dieser relativ großen möglichen Heizflächen konnte nahezu gänzlich auf sonst übliche, den Innenraum prägende Heizkörper verzichtet werden.
Die Energie wird mittels zweier Erdsonden und einer Wärmepumpe gewonnen. Das Pumpenmodell Viessmann Vitocal 300 vom Typ BW 212 mit Wärmepumpenregelung CD 60 verfügt über eine Leistung von 12,8 kW und wurde zusammen mit einem 600 l Heizwasserpufferspeicher (Viessmann Vitocell 050) eingebaut. Das Heizungssystem wurde als monovalente Wärmepumpenanlage entsprechend der benötigten Heizleistung dimensioniert und ist im Keller installiert. Mit der Wärmepumpe (WP) kann das Temperaturniveau sehr effizient auf etwa 35 bis 40° C angehoben werden. Der Anteil der dazu benötigten elektrischen Energie liegt bei ca. 25% der Gesamtenergieabgabe der WP.
Mit diesem System ist während der gesamten Heizperiode ein sehr wirtschaftlicher Betrieb der Gebäudeheizung sichergestellt. Die Wärmeverteilung erfolgt über Niedertemperatur-Strahlungsheizflächen, die als Boden- und Wandheizungen ausgebildet sind. So kann die Raumtemperatur gegenüber einem klassischen System mit konvektiven Heizflächen bei gleicher Behaglichkeit reduziert werden. Letztlich ist auch die Versorgung mit Warmwasser von 60° C möglich. Um den störungsfreien Betrieb der WP zu gewährleisten, ist ein Pufferspeicher in das Sekundärnetz eingebunden. Dieser dient zur hydraulischen Entkopplung der Volumenströme im Wärmepumpen- und Heizkreis.
Die Wärmeabgabe im Gebäude erfolgt über zwei Heizregelgruppen, die mit unterschiedlichen Temperaturen betrieben werden können. Die Auslegung der Heizflächen erfolgte jedoch unter der Prämisse, einen äußerst wirtschaftlichen Betrieb der Heizungsanlage umsetzen zu können. Zur Beheizung des Gebäudes lässt sich die notwendige Vorlauftemperatur auf 40°C begrenzen. Die Wärmepumpe wird somit sehr effektiv betrieben.
Der Strom für die internen Pumpen und die Hydrauliktechnik wird über hauchdünne Photovoltaikelemente auf der südlichen Dachfläche erzeugt. Conergy D 160P besteht aus 48 polykristallinen Zellen pro Modul(maximale Leistung P: 160 W). Es wurden insgesamt 30 Module nahezu flächenbündig auf dem Metalldach aufgebracht. Für den sommerlichen „Kühlfall“ werden die Erdsonden unter Umgehung der Wärmepumpe mittels eines sogenannten Plattenwärmetauschers im „Kurzschlussbetrieb“ gefahren. Hierzu ist eine einfache Regelungstechnik zur Kontrolle des Taupunktes vorzuhalten.
Professor Jürgen Schreiber von Schreiber Ingenieure: „Am Anfang der Entscheidungsfindung für den Einsatz einer bestimmten Technologie steht die Beurteilung des Komfortgedankens und die mögliche Einschränkung und Steuerung der Bedarfssituation. Zunächst gilt es, den Energiebedarf des Gebäudes zu steuern und die inneren und äußeren Lasten zu minimieren. Dies wurde bei diesem Wohnhaus von Beginn an in gemeinsamer Planungsarbeit konsequent beachtet und umgesetzt. Der Bauherr wurde in allen Planungsphasen mit möglichen Technologien und deren Vor- und Nachteilen konfrontiert. Nur wenn die Aufgaben und Fragestellungen des Nutzers und des Gebäudes vernetzt betrachtet werden, kann ein Mehrnutzen und damit eine Effizienz in der Energieversorgung und -anwendung entstehen.“
bba-Infoservice
Aluminiumfassade 606 Giebelwanddämmung 607 Bedruckte Glasschindel 608 Wärmepumpe 609 Photovoltaikanlage 610 www.robert-brixner.de www.robert-brixner.de www. geotharmal-energy.ch
Architekten: Robert Brixner, Brixner Architekten, Stuttgart Energiekonzept: Prof. Jürgen Schreiber, Schreiber Ingenieure Gebäudetechnik, Ulm
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