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Erdgekoppelt heizen und kühlen

Neubau eines Verwaltungsgebäudes in Emden
Erdgekoppelt heizen und kühlen

Umweltverantwortung und Offenheit für neue Technologien zeigt der Neubau eines Reederei-Verwaltungsgebäudes in Emden. Eine raffinierte Wärme- pumpen-Anlage zum Heizen und Kühlen nutzt die Gründungspfähle des Gebäudes als Erdsonden und die Betondecken zur Wärmeverteilung.

16 Seeschiffe fahren bei der Reederei Lauterjung im ostfriesischen Emden. 30 weitere Seeschiffe werden bis zum Jahre 2012 geliefert. Es sind Küstenmotorschiffe, Autotransporter sowie Container- und Massengutschiffe. Manfred Lauterjung hat das Unternehmen im Jahr 1979 gegründet. Alle Schiffe werden im eigenen Haus geplant. Die Reederei kümmert sich um Instandhaltung, Charter, Befrachtung und Besatzung. Das neue Büro- und Verwaltungsgebäude ordnet sich harmonisch in die Struktur der umgebenden Blockrandbebauung „Am alten Binnenhafen“ ein, wird jedoch durch seine konsequente Gebäude-Ästhetik und spürbare Leichtigkeit zu einem städtebaulichen Zeichen. Der Architekt Paul Stein aus Leer hat den Bauherrn gemäß seiner Unternehmensphilosophie traditionell und trotzdem modern, weltoffen und hochqualifiziert interpretiert: mit einer Kombination aus Glas, regional-typischem Klinker und Fassaden-Elementen aus hellem Sandstein. Architektonisches Highlight sind flächenbündige Ganzglaselemente, die im Bereich des Treppenhauses vom EG bis zum DG reichen und einen weiten Blick auf den Hafen und das Meer bieten. Transparenz und Großzügigkeit bestimmen das vorherrschende Raumgefühl im gesamten Gebäude. Die edelholzbetonte Innenausstattung schließt an die alte Schiffsbautradition an und schafft ein maritimes Ambiente.

Zukunftslösung mit Erdwärme
Insbesondere bei der Heiz- und Klimatechnik kam die zukunftsorientierte Denkweise des Unternehmers zum Ausdruck. Er strebte eine größtmögliche Unabhängigkeit von fossilen und importierten Energieträgern an und ließ ein umweltfreundlich-sparsames Klimakonzept mit Wärmepumpen umsetzen.
Damit sich die Mitarbeiter auch bei hochsommerlichen Außentemperaturen im Gebäude wohlfühlen und leistungsfähig bleiben, sollte eine Kühlung im System integriert werden. Denn wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass Produktivität und Wohlbefinden der Mitarbeiter mit jedem Grad Temperatursteigerung über 20 °C sinken. Bereits ab der Raumtemperatur von 24 °C setzt deutliche Konzentrationsminderung sowie abnehmende Leistungsfähigkeit ein.
In enger Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Thomas Vorpahl, Westoverledingen, und dem ausführenden Fachbetrieb Gebäudetechnik Natelberg, Rhauderfehn, wurde ein ganzheitliches Klimakonzept mit Wärmepumpen-Kühlheizung von Nibe geplant und umgesetzt. Für das Gebäude lag die stationäre Heizlast bei 118 kW. Aufgrund der verwendeten Systemkonstellation (Betonkernaktivierung und Kühl/Heizdeckensystem) war eine Heizleistung von 80 kW ausreichend, da die Amplitudendämpfung des dynamischen Verhaltens bei der Berechnung des Ingenieurbüros mit betrachtet wurde. Man entschied sich für ein erdgekoppeltes Wärmepumpensystem mit zwei Sole/Wasser-Wärmepumpen vom Typ Nibe Fighter 1320. Diese Geräte haben eine Heiz- und Kühlleistung von 40 kW und zeichnen sich aufgrund effektiver Schalldämmung durch hohe Laufruhe aus.
Die Wärmepumpen sind in Kaskade geschaltet und ihre Leistung kann bedarfsabhängig in insgesamt vier Stufen á 20 kW abgerufen werden. Die Leistungsanpassung bewirkt, dass die Anlage dauerhaft wirtschaftlich arbeitet und sich zu keiner Zeit vom Energieengel zum Stromteufel entwickelt. Die Kaskadenlösung hat den Vorteil, dass die vollhermetisch geschlossenen Verdichtermodule eine Kältemittelmenge unter 3 kg aufweisen und somit in der Zukunft auch keiner Pflichtrevision für Kälteanlagen durch Kältemittelfachleute unterliegen.
Der Mikroprozessor im Fighter 1320 gewährleistet eine bedarfsabhängige Leistungsabgabe. Eindeutige Informationen über Betriebszeit und Temperaturen sind im LCD-Display abzulesen. Deshalb sind externe Anlagenthermometer nicht erforderlich. Für die erzeugte Wärmeenergie steht ein 500-l-Pufferspeicher von Nibe zur Verfügung, der das Heizungswasser gradgenau an die Betonkernaktivierung oder Fußbodenheizung weiterleitet.
Die Wärmepumpen sind um zwei Nibe HPAC 42-Module ergänzt. Hierbei handelt es sich um Klimamodule, die in Verbindung mit den Wärmepumpen Fighter 1320 ein System bilden, das kostengünstige passive und die aktive Kühlung ermöglicht. Somit vervollständigen die beiden Klimamodule die hocheffiziente Komplettlösung zur Heizung und energieeffizienten Kühlung. Je nach Bedarf schaltet die Systemautomatik auf Heiz- oder Kühlbetrieb um. Die schonende Beanspruchung dieser Automatik sorgt für eine außerordentliche Langlebigkeit aller Wärmepumpen-Komponenten und bietet das ganze Jahr hindurch Klimakomfort.
Gründungspfähle gut genutzt
Das Gebäude wurde direkt am Wasser auf morastigem Boden und daher auf 96 Betonpfählen gegründet. Für die erforderliche Tragfähigkeit reichen die Gründungspfähle je 18 m ins Erdreich und wurden durch Ausrüstung mit Wärmetauschern zur Energiequelle (Energiepfähle) erweitert. Hierzu dienten sorgsam eingebrachte PE-Rohre DIN 32 mit sehr guten Materialeigenschaften, z. B. hinsichtlich Alterungsbeständigkeit. Im geschlossenen Kreislauf führen die in Beton verpackten Kunststoffrohre als Erdsonden zur Wärmepumpe.
In ihnen zirkuliert ein Wasser-Frostschutzgemisch als Wärmequellenflüssigkeit. In einer Tiefe von rund 18 m beträgt die Temperatur im Erdreich ganzjährig ca. +8 ° bis +10 °C. An den meisten Sommertagen im Jahr ist das Wasser-Frostschutzgemisch mit etwa 18 °C ausreichend, um mittels passiver Kühlung eine angenehme Raumtemperatur zu erreichen. Da hierbei nur die Antriebsenergie der Umwälzpumpe aufgewandt werden muss, funktioniert das System energiesparend und kostengünstig. Den Hauptanteil der erforderlichen Energie stellt somit das Erdreich kostenlos zur Verfügung, denn die Pfahlsonden, die an kalten Tagen als Wärmequelle dienen, werden an warmen Tagen als Kältequelle genutzt.
Sparsame Zwei-Phasen-Kühlung
Die „Passive Kühlung“ deckt die Grundkühllast des Gebäudes bis zur durchschnittliche Raumtemperatur von 23 °C ab. Erst bei Überschreitung dieser Raumtemperatur wird der Betriebsmodus „Aktive Kühlung“ benötigt und die Wärmepumpen-Module schalten sich bedarfsabhängig automatisch zu. Die in diesem Betriebsmodus entstehende Abwärme wird jetzt in die Erdsonden eingespeist. Dadurch erholt sich das – nach einer Winterperiode abgekühlte – Erdreich schneller, die Anlage führt einen Teil der Wärme zurück und gleicht das Temperaturniveau im Erdreich automatisch wieder aus. Wenn draußen sehr hohe Temperaturen herrschen, ist der Kühlbedarf besonders groß. Mit herkömmlich luftgekühlten Klimageräten würde die Kühlleistung mit steigender Temperatur sinken. Die Klimamodule Nibe HPAC 42 arbeiten jedoch nicht mit der Außenlufttemperatur, sondern nutzen die Kälteenergie des kühlen Erdreichs.
Ausgewogene Wärmeverteilung
Je geringer der zu überwindende Temperaturunterschied zwischen Vorlauftemperatur und Raumtemperatur ist, desto effizienter arbeiten Wärmepumpen. Aus diesem Grund wurden im gesamten Gebäude thermoaktive Fußböden und Decken vorgesehen. Sie bilden im EG und in den beiden OG das einzige Verteilungssystem für Heizung und Kühlung. Im Rasterabstand von 20 cm verlegte Rohrleitungen, die im Winter warmes und im Sommer kühles Wärmequellenmedium führen, sind auf allen Ebenen direkt in den Betondecken eingeschlossen.
Lediglich im DG wurde eine Fußbodenheizung in Verbindung mit einer abgehängten Kühl-/Heiz-Decke eingebaut. Zur schnellen Regelbarkeit der einzelnen Büroräume wurde in jedem Büro vor der Fassade ein Deckenversatz in die Betondecke geschalt. In diesem Versatz wurde ein Kühl-/Heiz-Deckenelement als Ventilatorkonvektor deckenbündig eingebaut. Die Vorlauftemperatur im Kühlfall wird taupunktüberwacht. Dabei bewirkt die gute Wärmeleit- und Wärmespeicherung des Betons ein langsames und konstantes Aufheizen bzw. Abkühlen der Räume. Die Betonkernaktivierung ist für den Heiz- und Kühlfall auf 23 °C ausgelegt. Die notwendige Vorlauftemperatur für die Heizung beträgt maximal 35 °C – ideale Temperatur für großflächige Wärmeverteilung. Über die zentrale Haustechniksteuerung mit Außentemperatur- und Feuchtigkeitsfühler wird ganzjährig eine optimale Temperierung der Räume möglich.
Kosten der Wärmepumpen-Anlage inkl. Pufferspeicher, Dämmung/Isolierung, Hydr. Einbindung, Wärmetauscher, Pumpen und Regelung, Montage und Inbetriebnahme: 131.000 € Kosten für Sonden in Pfahlgründung, Leitungen, Soleverteiler/-sammler, Anbindesysteme: 50.000 € Wärmepumpen-Anlagentechnik gesamt: 181.000 € Kosten für Betonkernaktivierung inkl. Leitungen und Verteilung: 60.000 € Kosten für Kühl- und Heizdecken inkl. Anbindesystem/ Verteilung: 130.000 € Gesamtkosten für Heiz- und Kühlsystem: 361.000 €
Architektur: PSP Paul Stein Planung, Leer TGA-Fachplaner: Ing.-Büro Thomas Vorpahl, Westoverledingen
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