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Transparenz und Bewegung

Erweiterung des Deutschen Historischen Museums, Berlin
Transparenz und Bewegung

Am Schnittpunkt der beiden Straßen Hinter dem Gießhaus und Hinter dem Zeughaus befindet sich Berlins schönster „Hintereingang“: Mit dem gläsernen Treppenturm setzt der Architekt I.M.Pei an diesem geschichtsträchtigen Ort ein markantes Zeichen. Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Berlin unterzeichneten 1987 die Gründungsvereinbarung für die Einrichtung des Deutschen Historischen Museums. Es sollte das westliche Pendant des seit 1952 bestehenden Museums für Deutsche Geschichte im damaligen Ost-Berlin sein. Gleichzeitig mit dem Entschluss des Neubaus wurde als Standort der Spreebogen gegenüber dem Reichstag bestimmt.

Die langjährige Planungszeit nahm mit der Wiedervereinigung Deutschlands eine Wende, als beschlossen wurde, das im Zeughaus befindliche Museum für Deutsche Geschichte nicht als selbstständige Einheit weiterzuführen, sondern im Deutschen Historischen Museum temporär zu integrieren.
Unabhängig und verbunden
Das barocke Zeughaus, in direkter Nachbarschaft zweier prominenter Gebäude von Schinkel – der Neuen Wache und dem Alten Museum – war nun für die zukünftige Dauerausstellung vorgesehen. Die Wechselausstellung sollte in einem Neubau untergebracht werden. Beide Gebäude sollten unabhängig voneinander betrieben werden können und doch miteinander verbunden sein.
Als Grundstück kam insofern nur das sich nördlich des Zeughauses befindliche Gelände in Frage, auf dem Ende der 50er Jahre die Depot- und Werkstattgebäude des Museums für Deutsche Geschichte errichtet worden waren.
Entwurfsvorstellungen
Für die sensible Aufgabe, auf diesem versteckt gelegenen Grundstück einen Neubau zu realisieren, der sich gegenüber seinen prominenten Nachbarn behauptet, ohne mit ihnen zu konkurrieren, konnte der in New York lebende, chinesische Architekt Ieoh Ming Pei gewonnen werden. Die Integration dieses städtebaulich schwierigen, von seiner architektonischen Bedeutung her aber einzigartigen Ortes stellte für ihn eine ganz besondere Herausforderung dar.
„Transparenz und Bewegung“ waren seine Vorstellungen für den Entwurf, die in dem gläsernen Treppenturm – einer dreidimensional gebogenen Stahl-/Glaskonstruktion – ihren exzentrischen Ausdruck finden.
Zwei Eingänge
Der Wunsch des Bauherrn nach zwei getrennt voneinander zu betreibenden Gebäudeeinheiten ließ sich nur mit zwei separaten Eingängen verwirklichen.
Über eine großdimensionierte Drehtür an der Straße Hinter dem Gießhaus – den eigentlichen Haupteingang – treten Besucher in die lichte, gläserne und nach oben offene Halle, die trotz des begrenzten Grundstücks ein beeindruckendes Gefühl von Weite und Großzügigkeit vermittelt.
Das Volumen des Treppenturms ist auf dieser Ebene als Wartezone ausgebildet. Von hier aus werden die verschiedenen Funktionsbereiche erschlossen: Das ans bestehende Verwaltungsgebäude angebaute Werkstattgebäude sowie der weitgehend geschlossene Ausstellungsbereich mit ca. 2 600 m² Grundfläche auf vier Ebenen.
Die größte Ausstellungsfläche ist auf der untersten Ebene der Glashalle untergebracht. Von hier aus wird auch das Zeughaus erschlossen, mittels Rolltreppe und Verbindungsgang.
Da das barocke Gebäude nicht unterkellert war, wurde für die Anbindung an den Altbau in der Mitte des Nordflügels ein zweigeschossiger überwölbter Raum eingeschnitten. Ein Feuerabschluss markiert die Nahtstelle der beiden Baukörper.
Sehen und gesehen werden
Licht und Transparenz, die Bewegung der Besucher, das „Sehen und Gesehen werden“ sind die entwerferischen Mittel, mit denen der Bau auf sich aufmerksam macht.
Zu sehen ist erstmals die nördliche Fassade des Zeughauses, die bislang durch die Depot- und Werkstattgebäude verdeckt war. Gesehen werden die Museumsbesucher auf ihrem Streifzug durch die Wechselausstellung, in der gläsernen Rotunde der Eingangshalle, im gläsernen Treppenturm oder auf den Rolltreppen, Freitreppen, Brücken und Galerien zum Foyer.
Qualität im Detail
Dass diese gestalterische Idee im Bestreben nach höchster Perfektion und größter Sorgfalt im Detail realisiert wurde, zeigt sich an der Materialwahl und der hohen Qualität der handwerklichen Ausführung: Nord-amerikanischer Granit, französischer Kalkstein und mit verschiedenen Sanden farblich fein darauf abgestimmter Sichtbeton prägen die geschlossenen Flächen des streng geometrischen Baukörpers.
Die im Verlauf der Grundstücksgrenze zurückschwingende Stahl-/Glasfassade, welche in dem dreidimensional gebogenen Treppenturm ihren Höhepunkt und Abschluss findet, vermittelt zwischen Neubau und barockem Zeughaus.
Wegen der begrenzten Grundstücksfläche ist die Ausstellung auf insgesamt vier Geschosse verteilt, die unabhängig voneinander belegt werden können. Jede dieser Ebenen ist von der Glashalle aus über eine unterschiedlich gestaltete Treppe zu erreichen. Der oberhalb der gläsernen Rotunde des Eingangsbereichs positionierten flach geneigten, gewendelten Treppe vom 1. zum 2. OG kommt nicht nur in diesem Sinn eine herausragende Bedeutung zu. Der Treppenturm ist auch der einzige Gebäudeteil, der schon von der Straße Unter den Linden aus wahrgenommen werden kann.
Gebogene Unikate
Bereits in einer sehr frühen Projektphase – 1998 – nahm das Büro I.M.Pei Kontakt auf zu der finnischen Glasbiegerei Tambest Oy.
Anhand einiger Entwurfsskizzen sollte die Machbarkeit dreidimensional gebogener Scheiben geklärt werden. Aus den von Tambest hergestellten Musterscheiben verschiedener Glasqualitäten entschied Pei sich für eine eisenoxidarme und von daher besonders helle, transparente Variante, die seinen Vorstellungen von einem kristallenen Baukörper am nächsten kam.
Tambest realisierte für dieses Projekt äußerst anspruchsvolle Biegungen. Die Treppenfassade variiert von Ebene zu Ebene, und besonders der EG-Bereich, wo die Fassade in Form eines Kegelstumpfes ausgebildet ist, dessen senkrechte Achse zusätzlich auch noch um etwa 10° nach innen geneigt ist. Das sogenannte Röckchen forderte das Können der Glasbiegerei und auch des Formenbauers.
Jede Scheibe in diesem Bereich ist ein Unikat und benötigte eine eigene Biegeform aus hochtemperaturbeständigem Stahl (Mero GmbH). Auf diese Form wurden die anhand der Pläne vorkonfektionierten Scheiben paarweise horizontal aufgelegt und miteinander verbunden.
Die im Treppenturm eingebauten gebogenen Isoliergläser bestehen außen aus VSG 12,76 mm aus 2 x 6 mm Diamand-Glas, und innen aus VSG 12,76 mm aus 1 x 6 mm Eko+Glas und 1 x 6 mm Diamand, jeweils mit dazwischenliegender 0,76 mm PVB-Folie und einer Füllung aus dem Edelgas Argon. Die größten Scheiben sind 2800 x 4300 mm groß und wiegen 720 kg, sie sind im EG im Bereich des Röckchens eingebaut und schließen nach oben horizontal ab. Anders die darüber gestellten, zylindrisch gebogenen Scheiben, die den Verlauf der gewendelten Treppe nachvollziehen und einen rautenförmigen Zuschnitt haben. Mit ihrer äußerst flachen Steigung verleitet die Treppe den Besucher zum Betrachten der gegenüber liegenden Zeughaus-Fassade. Von hier aus kann der Blick ungehindert streifen, weil auch alle Brüstungen aus gebogenem Sicherheitsglas gefertigt sind mit einem Radius von 5 m für das äußere und 3 m für das innenliegende Geländer. Lediglich ein Handlauf aus matt gebürstetem Edelstahl zeichnet die Linienführung sichtbar nach.
Weitere Informationen
Gebogenes Glas bba 503
Stahlkonstruktion bba 504
Architekt: I.M.Pei, New York Projektleiterin: Dipl.-Ing. M. Sc. Christiane Flasche
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