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Radikal umgewidmet

Umbau Galerienhaus in Köln
Radikal umgewidmet

Dipl.-Ing. Wolfgang Cornelius, FVLR Fachverband Lichtkuppel, Lichtband und RWA e. V. / red.

Was fängt man mit einer leeren Betonhülle an, in der große Öffnungen klaffen? Ungewöhnliche Gebäude verlangen nach originellen Ideen.
Der Kölner Architekt Bernd Kniess verwendet herkömmliche Lichtkuppeln als innovative Fassadenelemente und verwandelt damit ein unattraktives Umspannwerk in ein architektonisches Kunstwerk und Domizil für junge Galeristen.
Das Umspannwerk An der Schanz 1a im Kölner Stadtteil Riehl wurde 1978 gebaut und von dem lokalen Energieversorger in Betrieb genommen. Seit 1998 stand es leer und war zum Verkauf freigegeben.
Die Galeristen Hammelehle und Ahrens suchten für ihren neuen Standort Köln ein passendes Gebäude und erstanden 2001 das Maschinenhaus.
Mit dem Umbau in ein Galerienhaus der besonderen Art wurde der Kölner Architekt Bernd Kniess beauftragt.
Betonmonolith
Kniess fand ein dreistöckiges Gebäude vor, das im Wesentlichen aus einer massiven Betonhülle, -decken und einem Stahlbetonfundament mit einer Grundfläche von 392 m² bestand.
Die Außenhülle war mit fleischfarbenen Betonplatten verkleidet und wies großflächige Öffnungen auf, die mit Montageblechen abgedeckt waren. Auf dem Dach befand sich ein containerartiger Aufsatz aus Trapezblech.
Aufgabe des Architekten war es, einerseits die geänderte Nutzung des historischen Funktionsbaus auch nach außen darzustellen, andererseits die Innenräume den konzeptionellen Erfordernissen einer Galerie anzupassen.
„Subtraktiv“ gestalten
Auf Basis der gegebenen Gebäudestruktur entwickelte Kniess ein im Wesentlichen „subtraktives“ Konzept für das neue Galerienhaus: Die technischen Anlagen wurden entfernt, die Öffnungen in der Betonaußenhülle freigelegt und durch Schnitte erweitert. Im Inneren wurden wenige Trennwände entfernt, eine Wand neu integriert und eine Zwischendecke eingefügt. Allerdings erforderte die Fassadengestaltung aufgrund der extremen Rahmenbedingungen, gegeben vor allem durch die Betonhülle mit ihren großen Öffnungen und ein enges finanzielles Budget, eine besonders ausgefallene Lösung. Eine konventionelle Glasfassade kam wegen der hohen Kosten nicht in Betracht. Die bereits vorhandenen Lichtkuppeln im Dach brachten Kniess schnell auf die Idee, diese Tageslichtelemente gewissermaßen erweitert als Fassadenelemente zu verwenden. Mit industriell hergestellten Lichtkuppeln konnte er wie mit keinem anderen Werkstoff alle Anforderungen an die Außengestaltung seitens der Architektur und der auftraggebenden Galeristen erfüllen.
Kostengünstig
Als Grundgerüst der Fassadenverkleidung dienen Stahlpfosten. Eine einfache Isolierverglasung, passgenau verklebt auf ein sekundäres Stahlprofilsystem, verschließt die Öffnungen in den Außenwänden.
Darüber sind von außen die Lichtkuppeln mit Stahlfedern auf eine Aluminiumkonstruktion geclippt. Die Konstruktion wurde kostengünstig von dem holländischen Gewächshaussystem Alcoa Agro Greenhouse Systems übernommen. Ein schwarzes Kunststoffprofil dichtet die Fugen zwischen den Kuppeln ab. Insgesamt wurden knapp 290 m² Fassade mit 246 Lichtkuppeln aus Tageslicht durchlässigem, 4 mm starken Polycarbonat bestückt. Da die Kuppeln in Brandklasse B1 nach DIN 4102 eingestuft sind, erfüllen sie zudem die Brandschutzvorschriften. Eine besondere Wärmedämmung der Fassade war nicht erforderlich, da der Bau hinsichtlich Wärmeschutz nur dem Industriestandard genügen musste.
Funktionale Ästhetik
Nach achtmonatiger Bauzeit konnte das Objekt im September 2002 an die neuen Eigentümer übergeben werden. Vier sehr unterschiedlich gestaltete Galerieeinheiten von jeweils rund 150 m² sowie ein zusätzliches Atelier finden jetzt auf einer Funktionsfläche von rund 980 m² Platz. Außerdem stehen ein Saal für gemeinsame Veranstaltungen wie Filmpräsentationen und Lesungen und ausreichend Lagerfläche zur Verfügung.
Dank der Lichtkuppeln in der Fassade hat sich das Gebäude in einen hellen und ungewöhnlichen Ausstellungsort verwandelt. So offenbart sich der eigentliche Nutzen des Gebäudes schon, wenn Passanten von draußen hineinschauen: Je nach Blickwinkel sehen sie klare oder verzerrte Ausschnitte der Innenräume und der darin befindlichen Kunstobjekte.
Nach Aussage der Galeristen gibt die Fassade dem Gebäude eine gewisse Ambivalenz, hebt es aus dem heterogenen Konglomerat der benachbarten Wohnbauten und Bürohochhäuser heraus und transportiert in ihrer Radikalität konsequent die Inhalte des Galerienhauses nach außen.
Tageslichtspender
Während die Lichtkuppeln nach außen Ästhetik sowie die kommunikative Funktion des Gebäudes vermitteln, sind sie nach innen ganz pragmatisch Tageslichtspender. Durch unterschiedlich große Rasterflächen und verschiedene Anordnungen verleihen sie jedem einzelnen Galerieraum sein eigenes ausdrucksvolles Lichtmuster. Diesen Vorteil nutzen die Galeristen als individuelles Strukturelement für ihre Ausstellungen.
Das Sonnenlicht ist daher ein essenzieller Bestandteil im Beleuchtungskonzept des Galerienhauses. Durch die tageslichtdurchlässige Fassade können außerdem besonders gute Sehbedingungen geschaffen werden. Denn das natürliche Licht bewirkt im Vergleich mit Kunstlicht neben einer höheren Beleuchtungsstärke und besseren Farbwiedergabe auch eine gleichmäßigere Leuchtdichteverteilung, einen besseren Kontrast und eine stärkere Modellierung der Gegenstände im Raum.
Zudem ist die Gefahr einer Direkt- oder Reflexblendung bei Lichtkuppeln, die aufgrund der großen Fläche eine relativ geringe Leuchtdichte besitzen, kleiner als beispielsweise bei punktuellen Glühlampen mit hoher Leuchtdichte.
Weitere Informationen
Tageslichtkuppel- Fassade bba 528
Architekt: Bernd Kniess, Köln
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