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Mit gewisser Extravaganz

Tageslicht im Dachgeschoss
Mit gewisser Extravaganz

Für die Fenstergröße und –anzahl pro Raum gibt es Anforderungen in den Landesbauordnungen, die aber nur ein Mindestniveau an Aufenthaltsqualität gewährleisten. Mehr Lichtkomfort und Attraktivität sichern die Vorgaben nach DIN 5034 „Tageslicht in Innenräumen“. Doch für wirklich exklusive Dachgeschosswohnungen kann der Planer quantitativ auch darüber hinausgehen und dabei qualitativ auf ungewöhnliche Fensterlösungen setzen.

Markus Hoeft

Der Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnräumen ist eine der effektivsten und wirtschaftlichsten Varianten, den Wohnraum in vorhandenen Gebäuden zu erweitern. Ob diese Möglichkeit in einem konkreten Fall genutzt werden kann, hängt vor allem von der verfügbaren Geschosshöhe im Dachraum ab. Weitere eventuell zu prüfende Kriterien sind die Tragfähigkeit der obersten Geschossdecke, die Zugänglichkeit des Dachgeschosses über eine vorhandene oder zu schaffende Treppe sowie die Ver- und Entsorgung der neuen Räume. Eine Stromversorgung dürfte in jedem Fall erforderlich sein, in der Regel aber auch die wenigsten Probleme bereiten. Aufwändiger können sich der Anschluss der neuen Räume an die zentrale Heizungsanlage oder – falls ein zusätzliches Bad im Dachgeschoss entstehen soll – die Führung der Wasser- und Abwasserleitungen gestalten.
Nach positiver Beantwortung dieser Fragen ist die Belichtung der künftigen Räume zu prüfen, also die Anzahl, Position und Größe von Gauben und/oder liegenden Dachfenstern zu planen. Ihre Anordnung hängt eng mit der Grundrissgestaltung zusammen und muss deshalb in einem relativ frühen Planungsstadium festgelegt werden.
Neubau und Bestand im Dachgeschossausbau
Dies gilt auch für die Modernisierung bereits ausgebauter Dachgeschosse. Denn die Verwendung der Räume unter dem Dach zu Wohnzwecken wurde schon in früherer Zeit, vor allem seit dem Zweiten Weltkrieg, mit mehr oder weniger Erfolg betrieben – gemessen an den heutigen Wohnansprüchen oft mit weniger Erfolg: Vor allem die Wärmedämmung der Dachflächen entspricht häufig nicht den modernen Standards, was Bauherrn zu einer energetischen Sanierung veranlassen kann. Aber auch die Belichtung der Dachgeschosse konnte in früheren Jahrzehnten oft nur unbefriedigend gelöst werden, was vor allem dem damaligen Entwicklungsstand bei der Fenster- und Verglasungstechnik geschuldet war, aber auch der gesellschaftlichen Wertschätzung des Lebens unter dem Dach.
Heute ist das Wohnen unter dem Dach nicht nur allgemein akzeptiert, sondern gilt sogar als besonders hochwertige und exklusive Wohnform. Dazu hat der Fortschritt bei der Wärmedämmung beigetragen, der im Dachgeschoss, zumindest im Hinblick auf den winterlichen Wärmeschutz, eine gleiche Lebensqualität ermöglicht wie in den massiven Vollgeschossen darunter.
Zur Akzeptanz haben aber auch die technisch deutlich verbesserten Möglichkeiten der Belichtung mit Tageslicht beigetragen. Erst das lichtdurchflutete Dachgeschoss mit großzügigem, unbehindertem Ausblick schafft das besondere Ambiente moderner Studiowohnungen. Gerade die exklusiven Objekte zeichnen sich durch eine Anzahl und Größe der Fenster bzw. Gauben aus, die weit über dem rein beleuchtungstechnisch erforderlichen Niveau liegt. Oft übrigens auch weit über dem, was an verglaster Fläche in den darunter liegenden Vollgeschossen desselben Gebäudes vorhanden ist.
Egal, ob erstmaliger Ausbau oder Modernisierung, wenn der Bauherr mit solchen Bildern im Kopf zum Planer kommt, sollte dieser ihn unbedingt auf die Bedeutung der ausreichenden, in einem gewissen Sinne vielleicht sogar überdimensionierten Belichtung hinweisen. Anderenfalls können aus einer zwar nachvollziehbaren, aber im Dachgeschoss eben nicht unbedingt ratsamen Sparsamkeit des Bauherrn heraus wieder nur etwas gefälligere, jedoch insgesamt immer noch halbdüstere Dachkammern im Stil der fünfziger oder sechziger Jahre entstehen. Damit wird der moderne Bauherr unzufrieden sein und seinem Architekten die Schuld geben – bei fehlender Beratung nicht ganz zu unrecht.
Anforderungen nach LBO und DIN
Auch wenn in diesem Artikel eine Lanze für die großzügige, repräsentative Belichtung von Dachgeschosswohnungen gebrochen wird, fangen die Planungen doch zunächst mit den gesetzlichen und normativen Mindeststandards an. Anforderungen für die Belichtung von Wohnräumen geben die jeweiligen Landesbauordnungen (LBO) vor. Sie gelten sowohl für Senkrecht- als auch für Dachwohnfenster und sind in den verschiedenen Bundesländern sehr ähnlich, wenn auch nicht gleich: Danach muss die Summe aller Fensterflächen eines Raums zwischen 10 und 12,5 % der Raumgrundfläche betragen. Wobei die „Grund“-Fläche in diesem Fall nicht auf dem Grund, also dem Fußboden gemessen wird, sondern in 1,50 m Höhe. Für die Fenster sind die Maße der Rohbauöffnung anzusetzen.
Die LBO beschreiben nur eine Mindestfenstergröße, mit der ein Raum überhaupt als Aufenthaltsraum angesehen werden darf, eine attraktive Ausleuchtung ist damit noch nicht gewährleistet.
Für eine ansprechende Wohnqualität sollte deshalb die DIN 5034 „Tageslicht in Innenräumen“ zu Grunde gelegt werden. Sie empfiehlt, dass die Gesamtbreite aller Fenster 55 % der Raumbreite betragen sollte. Die Messmethoden sind in diesem Falle etwas realistischer: Die Breite des Raums wird direkt auf dem Fußboden gemessen, in die Fensterbreite geht nur die verglaste Fläche ein. Die Norm weist außerdem darauf hin, dass Fenster neben der Beleuchtung auch einen Ausblick-Komfort gewährleisten müssen. Deshalb soll die Brüstungshöhe maximal 90 cm betragen und die durchsichtige Fensterfläche spätestens bei 95 cm beginnen.
Für die Oberkante von senkrechten Fenstern werden mindestens 2,20 m Höhe verlangt, während bei liegenden Dachfenstern durch die Neigung auch 2,00 m ausreichend sind. Alle Höhenangaben beziehen sich auf Oberkante fertiger Fußboden.
Aus der Ober- und Unterkantenhöhe lässt sich zusammen mit der Dachneigung die erforderliche Länge liegender Dachfenster ermitteln, die etwa in folgende drei Bereiche eingeteilt werden kann: Bei einer Dachneigung von 35° bis 44° ergibt sich eine Fensterlänge von 160 cm, bei 41° bis 54° eine Länge von 140 cm und bei 52° bis 90° eine Länge von 118 cm.
Bauformen und Fenstergrößen
Flachere Dächer benötigen also längere Fenster als steile. Bei Dachneigungen unter 35° müsste das Fenster theoretisch über 1,60 m lang sein, was aber das komfortable Handling eventuell einschränkt. Eine Alternative ist in diesem Fall der Aufkeilrahmen, durch den die Fensterneigung um 10° steiler als das Dach wird. Mit einem solchen Rahmen entstehen zugleich mehr Kopffreiheit sowie mehr Wohnfläche mit voller Stehhöhe.
Regelwerke können naturgemäß nicht die konkrete Einbausituation eines Fensters berücksichtigen. Wenn etwa lichteinschränkende Hindernisse wie Bäume und Häuser vorhanden sind, der Raum im Dachgeschoss eine besonders große Tiefe hat oder schließlich die Bewohner einen betont lichtdurchfluteten Ausbau wünschen, müssen die Größe und/oder die Anzahl der vorgesehenen Fenster eventuell noch weiter heraufgesetzt werden. Neben der quantitativen Festlegung der Gesamt-Fenstergröße sind außerdem ihre Verteilung und Anordnung im Dachgeschoss sowie ihre Ausführungsart festzulegen. Zur Wahl stehen vor allem senkrechte Fenster in den Giebelwänden oder in Gauben sowie liegende Dachfenster.
Senkrechte Fenster ermöglichen den besseren Ausblick in die nähere Umgebung und erlauben außerdem das unmittelbare Herantreten an das Fenster. Aus der geneigten Dachebene heraus gebaute Gauben können dem Dachraum zudem einen größeren Raumeindruck und mehr Kopffreiheit verschaffen.
Liegende Dachfenster bieten den Ausblick vor allem in die Ferne und zum Himmel. Was zunächst vielleicht wie ein Nachteil klingt, dürfte in Wirklichkeit Teil der Faszination des Wohnens im Dachgeschoss sein. Denn der weite unverbaute Blick nach außen erzeugt ein Gefühl von Großzügigkeit. Dieser Eindruck kann mit der Kombination mehrerer Fenster über- oder nebeneinander noch verstärkt werden. Wird der Dachraum bis zum First offen gelassen, also kein herkömmlicher Spitzboden ausgeführt, können mehrere Fenster übereinander oder spezielle obere Zusatzelemente eventuell bis in die Spitze des Dach verlängert werden, was den Eindruck von Größe und Weite weiter steigert. Ein verbesserter Ausblick in die Nähe lässt sich mit unteren Zusatzelementen erreichen, die auch senkrecht im Kniestock fortgeführt werden können.
Komfort durch Motorisierung und Sonnenschutz
Doch nicht nur in der reinen Quantität sind die Ansprüche an Fenster gegenüber früheren Jahrzehnten gestiegen. Auch in Technik und Design haben sich die Wohnvorstellungen und parallel dazu das Angebot an Bauelementen für die Belichtung im Dachgeschoss weiterentwickelt.
Manche dieser Entwicklungen sind momentan noch dem besonders hochwertigen bzw. hochpreisigen Ausbau vorbehalten. Die Investitionen verbessern jedoch die Attraktivität und die Vermietchancen von Dachgeschosswohnungen, weshalb aus der Exklusivität allmählich durchaus eine Normalität werden könnte.
Eine dieser Entwicklungen betrifft den Bedienkomfort. Mit der Anzahl der Fenster steigt der Aufwand, diese je nach Wetterlage und Tageszeit zu öffnen bzw. zu schließen. Liegende Dachfenster gibt es deshalb inzwischen mit motorischem Antrieb und ggf. Funkfernsteuerung, etwa bei Velux, Roto oder Fakro. Selbst zeit- und witterungsgeführte automatische Systeme sind möglich, die für den Einsatz im normalen Ein- oder Zweifamilienhaus auch ohne die aus dem Gewerbebau bekannte zentrale Gebäudeleittechnik auskommen.
Erst mit der Motorisierung gewinnen hochliegende Fenster (über Kopf bzw. über First) ihre volle Funktionalität, denn rein mechanische Bedienlösungen mit Kurbeln oder Stangen dürften heute kaum noch auf Akzeptanz stoßen. Wenn ohnehin ein elektrischer Antrieb für die Fenster geplant wird, kann auch geprüft werden, ob auch der Sonnenschutz in das System einbezogen wird. Großzügig verglaste Dachgeschosse unterliegen vor allem auf Süd- und Westseiten der Gefahr von unangenehmer Überhitzung durch die Sonneneinstrahlung.
Die Fenster sollten deshalb in jedem Fall mit innen- oder unter rein thermischen Gesichtspunkten noch besser mit außenliegenden Sonnenschutzeinrichtungen in Form von Jalousien, Raffstores oder Rollos versehen werden. Eine optionale automatische Steuerung dieser Systeme sorgt dann nicht nur für eine bequemere Bedienung, sondern löst auch das Problem der Verschattung bei Abwesenheit. Die stärkste Sonneneinstrahlung findet schließlich gerade dann statt, wenn die meisten Menschen über Tag zur Arbeit gegangen sind.
Bauelemente mit dem gewissen Etwas
Ein weiterer Trend der letzten Jahre betrifft die Vergrößerung der verglasten Fläche pro eingebautem Element. Die Firma TVS Fenstertechnik hat darauf beispielsweise mit der vollverglasten Gaube Luxia reagiert, die neben der Frontverglasung auch gläserne Dach- und Seitenflächen besitzt. Die Dachflächen der als einbaufertiges Element gelieferten Gaube können optional mit einer elektrisch angetriebenen Lüftungsfunktion ausgerüstet werden.
Roto hat das elektrisch angetriebene Panoramafenster Azuro in einer Größe von 2,60 m x 1,70 m auf den Markt gebracht. Das dreiflüglige Element fährt per Tastendruck komplett zur Seite und gibt die gesamte Ausblicksfläche frei. Anders als bei Fensterkombinationen behindern keine Rahmenprofile die Aussicht.
Auch bei den Öffnungsvarianten liegender Dachfenster hat es interessante Entwicklungen gegeben. Sie konnten bisher wahlweise als Schwingfenster mit mittig liegender Drehachse oder als Klapp-Schwingfenster mit der Drehachse je nach Öffnungsart in der Mitte oder oben bezogen werden. Die oben drehende Klappfunktion gibt sehr attraktiv die gesamte Öffnung frei, so dass ein ungehindertes Herantreten an das geöffnete Fenster möglich wird. Dafür ist die Ergonomie bei der Betätigung nicht immer optimal. Wesentlich leichter zu bedienen und zumeist auch preiswerter sind mittig drehende Schwingfenster, bei denen jedoch der in der Öffnung liegende Flügel stört. Einen interessanten Kompromiss bieten z.B. die Fensterhersteller Roto und Fakro mit Schwingfenstern an, bei denen die Drehachse im oberen Drittel liegt. Die Bedienung bleibt komfortabel, trotzdem gibt es beim Herantreten genügend Kopffreiheit. Der nach innen schwingende Fensterteil ragt weniger weit und damit auch weniger störend in den Raum hinein.
Bei aller anzustrebenden Größe der verglasten Flächen wird es in der Tiefe des Raums oft Bereiche geben, die nur noch gering mit Tageslicht versorgt werden. Bei größeren Gebäudegrundflächen entstehen in der Mitte eventuell sogar gefangene Räume, die gar keine Fenster erhalten können. Eine Möglichkeit, auch diese Zonen zumindest mit einem Minimum an Tageslicht zu versorgen, sind lichtlenkende Röhren, die unter Bezeichnungen wie Solartube oder Tageslichtspot etwa von Velux, Fakro oder der Firma Interferenz Daylight angeboten werden. Über eine Lichtöffnung im Dach gelangt das Tageslicht dabei durch eine speziell beschichtete flexible Röhre zu einer Streuscheibe in der Decke des Raums. Die Lösung kann im Hinblick auf die Lichtausbeute Fenster sicher nicht ersetzen, jedoch innen liegende Räume wie Bäder, Treppenhäuser oder Abstellkammern stromsparend erhellen.
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