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Zu jeder Stunde ein neues Gesicht

Neubau einer Netzleitstelle für die Züricher Elektrizitätswerke
Zu jeder Stunde ein neues Gesicht

Eine Lamellenfassade, die sich bewegt, Schatten spendet und leuchtet – dies sind die besonderen Merkmale der neuen Netzleitstelle der Elektrizitätswerke in Zürich. Die dynamische gläserne Lamellenanlage hilft Energie zu sparen und sieht zudem wirklich gut aus.

Pascal Camenzind | jo

Ein echter Blickfang ist sie, die neue Netzleitstelle am Ufer des Limmat. Wenn die Sonne über der Hauptstadt der Alpenrepublik am Abend niedrig genug steht, dann beginnt das aufgrund seiner Rotundenform auffallende Gebäude an zu funkeln. Ursache für diese attraktiven Licht-Effekte ist die Fassade: Eine elegante Konstruktion aus senkrecht nebeneinander angeordneten Glaslamellen, die einen Großteil des Gebäudes umschließen wie eine zweite Haut.
Spannende Kombination
Die Züricher Architekten Karl Steffen Architekten gemeinsam mit S+M Architekten und feroplan engineering ag als Planer sowie die ausführende Firma Colt International realisierten beim EKZ-Gebäude eine in vielerlei Hinsicht spannende Kombination aus Sonnenschutz und Gebäudeästhetik. Colt konzipierte die Glaslamellenanlage für die Ost-, West- und Südfassade. Die gesamte Anlage ruht auf einem Aluminiumkanal und „steht“ vor der eigentlichen Gebäudefassade. Zwischen der Lamellenanlage und der Gebäudefassade befinden sich begehbare Wartungsroste.
Strategische Lamellensteuerung nach Sonnenverlauf
Insgesamt montierten die Fassadenbauer (Ernst Schweizer AG) auf beiden Etagen 177 Glaslamellen. Diese legen sich wie überdimensionale Kiemenbänder um die beiden Obergeschosse. Weil diese selbst über das darunter liegende Geschoss auskragen, rückt die bewegliche Lamellenhülle für den Betrachter des Gebäudes in eine Position.
Hauptaufgabe der Fassade ist es, das Sonnenlicht zu reflektieren und so die Benutzer der EKZ-Netzleitstelle vor solarer Wärme und blendendem Sonnenlicht zu schützen. Weil die Sonne bekanntermaßen im Laufe des Tages ihren Einfallswinkel verändert, bewegen sich auch die Lamellen der Sonnenschutzanlage. Automatisch richten sie sich immer wieder nach dem jeweiligen Sonnenstand aus. Zu jeder Stunde zeigt das Gebäude auf diese Weise ein neues „Gesicht“.
Ein solches dynamisches Fassadensystem bedarf einer ausgereiften Lamellensteuerung. Nur so kann einerseits eine maximale Ausbeute von Tageslicht und gleichzeitig optimaler Sonnenschutz andererseits erreicht werden. Zudem kann unangenehme Blendung durch direkte Sonnenlichteinstrahlung oder eine Überhitzung der Innenräume verhindert werden. Die Grundlage für die Nachführalgorithmik beim EKZ-Gebäude ist die Himmelsmechanik.
Die Steuerungsexperten von Colt definierten unter Berücksichtigung des ortstypischen Sonnenverlaufs vorab sieben Positionen für die Lamellenfassade. Die jeweilige Sonnenposition wurde hierfür mechanisch präzise ausgewertet und mit der Fassade zu einem individuell kalkulierten Lamellenwinkel verknüpft. Auf dieser rechnerischen Basis bewegt die Antriebsmechanik stets Gruppen von sechs Lamellen.
Grundsätzlich richten sich die Lamellen stets senkrecht zur Sonnenstrahlprojektion aus. Bei der automatischen Nachführung der Sonnenschutzanlage kommen dann unterschiedliche Strategien zum Tragen. Dabei spielt neben dem Beschattungswinkel eine vordefinierte „Bewölktstellung“ für Zeiten mit schlechter Witterung eine Rolle. Diese Einstellung greift immer dann, wenn die Sonne dauerhaft von Wolken verdeckt ist, wenn sie sich von der betrachteten Fassade wegdreht und in den Wintermonaten, wenn es um die Sicherung passiver Sonnenenergie geht. Hinzu kommt eine spezielle Nachtstellung, bei der die Lamellen komplett geschlossen sind, damit das Gebäude während der Nacht nicht auskühlt.
Menschliches Auge „überlistet“
Im Gebäudeinneren sorgt nicht nur der Schutz vor Sonneneinstrahlung für Behaglichkeit, sondern der gleichzeitige Durchlass von möglichst viel Tageslicht. Im Falle der Netzleitstelle gelang ein ausgewogenes Verhältnis von Opazität auf der einen und relativer Transparenz auf der anderen Seite.
Die Lamellen sind in einem genau berechneten Maße lichtundurchlässig (opak), so dass eine angenehme Abschirmung gegen direkte Sonneneinstrahlung garantiert ist. Gleichzeitig lassen sie so viel Licht ins Gebäudeinnere dringen, dass sich eine gesunde Tageslichtökonomie entwickelt und dass man von innen eine weitgehend freie Sicht nach außen hat. Möglich wurde diese Ausgewogenheit, weil die Züricher Planer sich für den Einsatz von doppelt bedruckten Glaslamellen entschieden. Die Lamellen bestehen aus 2 x 10 mm Einscheiben-Sicherheitsglas als Verbundsicherheitsglas. Jede einzelne Lamelle ist oben und unten in einem U-Profil aus Aluminium eingespannt. Die Glasscheiben wurden im Siebdruckverfahren doppelt bedruckt: Außen weiß-grau und innen schwarz, wobei die Bedruckung im VS-Glas eingeschlossen ist.
Der Clou dieser Doppelbedruckung ist ihre verblüffende Wirkung auf das menschliche Auge: Es „überlistet“ sich gewissermaßen selbst, indem es bei der Durchsicht nach außen die dunklen Punkte übersieht und die hellen zu einem neuen Bild zusammen setzt. In umgekehrter Richtung garantiert der Bedruckungsgrad von 80 % einen optimalen Sonnenschutz.
Die Lamellenanlage der neuen Netzleitstelle der EKZ ist ein wesentlicher Baustein eines umfangreichen Energiekonzeptes. Die Netzleitstelle erfüllt dank Ausschöpfung unterschiedlichster Möglichkeiten nachhaltiger Energienutzung die „Minenergiestandards“.
Architekten/Planer: Karl Steffen Architekt SWB, Zürich
S+M Architekten AG, Zürich Feroplan Engineering AG, Zürich/Bern/Chur
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