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Wie gepixelt

Neubau eines Bürohochhauses in Nijmegen
Wie gepixelt

Im niederländischen Nijmegen entstand der Hochhaus-Komplex „FiftyTwoDegrees“. Entsprechend seiner Nutzung für den inhaltlichen Austausch zur Chip-Entwicklung erhielt die Fassade mit Aluminium- Glas-Elementen eine Gestaltung, die an Pixel erinnert.

Robert Uhde / be

Das mit der Planung beauftragte Büro Mecanoo aus Delft entwickelte einen 17-geschossigen, auf halber Höhe in sich geknickten Hochhausturm, der Büros, Forschungseinheiten, Restaurant, Betriebsrestaurant und Parkplätze in einem Gebäude zusammenführt. Der über einem Grasdach-überdeckten Sockelbau aufsteigende Neubau ermöglicht nicht nur eine organische Umsetzung des geforderten Raumprogramms, sondern bietet auch eine städtebaulich überzeugende Lösung an der viel befahrenen Kreuzung Neerbosscheweg/Nieuwe Dukenburgseweg: Als wichtiger Baustein eines umfangreichen Masterplans verbindet er dort das westlich angrenzende Industriegelände „De Winkelsteegh“ des Halbleiter-Herstellers Philips Semiconductors (heute NXP) mit dem östlich gelegenen Grüngürtel des Goffertparks.
Mit dem Neubau des „FiftyTwoDegrees“-Komplexes, dem mit 86 m höchsten Gebäude der Stadt, untermauert Nijmegen seinen Anspruch als Standort für moderne Chip-Technologie. Der Ursprung der langwierigen Planung geht zurück auf die seinerzeit auf dem Nachbargrundstück ansässige Philips-Tochter Philips Semiconductors, die ihre über die gesamte Stadt verteilten Forschungseinheiten zur Chip-Entwicklung direkt neben ihrem angestammten Sitz zusammenführen wollte, um einen optimalen Austausch zwischen Forschung, Produktion, Instituten und Unternehmen zu ermöglichen.
Im Zuge der weiteren Planung durch den Projektentwickler ICE Ontwikkeling wird das Projekt bis 2010 in einem weiteren Bauabschnitt durch weitere Büros, ein internationales Kongresszentrum mit Hotel sowie durch Wohnungen und Geschäfte erweitert.
Geschwungenes Grasdach
Der ungewöhnliche Entwurf von Mecanoo erweist sich bei näherem Hinsehen schnell als logische Fortsetzung der Arbeiten der Bürodirektorin Francine Houben: 1997 hatte sie gemeinsam mit den damals noch bei Mecanoo tätigen Architekten Henk Döll und Erick van Egeraat die komplett unter einem Grasdach verborgene Bibliothek in Delft entwickelt und 2003 war sie Direktorin der Architectuur Biennale in Rotterdam zum Thema „Mobilität“. Zuletzt hat sie außerdem das „Montevideo-Gebäude“ in Rotterdam fertig gestellt – das mit 153 m höchste Wohnhochhaus der Niederlande.
Aufbauend auf diesen umfangreichen Erfahrungen entwickelte Francine Houben eine städtebaulich wie architektonisch überzeugende Lösung, die die verschiedenen Anforderungen unter einem Dach zusammenfügt und dabei eine auch aus der Perspektive der vorbeifahrenden Autofahrer schlüssige, scheinbar fließende Form vorschlägt. Als Basis für den Neubau fungiert ein großflächiges, ähnlich wie bei der Bibliothek in Delft als sanfter Hügel gestaltetes Grasdach. Die Fläche ermöglicht nicht nur einen organischen Abschluss der Parkebenen und eine Begrünung der dreiecksförmigen Grundstücksfläche zwischen den angrenzenden Fahrbahnen, sondern schafft gleichzeitig auch eine optimale Einbettung der im Sockel platzierten öffentlichen Funktionen in die Umgebung. Städtebaulich bietet die Grünfläche außerdem eine fließende Fortführung des Goffertparks hin zum NXP-Werksgelände.
Im südwestlichen Teil verbirgt das Grasdach die doppelgeschossige Parkgarage mit 600 Stellplätzen. In gegenüber liegender nordöstlicher Richtung überdeckt es ein Dispatch-Center mit dem Rezeptionsbereich sowie eine Piazza mit unterschiedlichen Freiterrassen und Restaurants. In der folgenden Bauphase wird das bestehende Grasdach über den Neerbosscheweg hinweg weitergeführt. Ein großer öffentlicher Platz soll dann eine Verbindung zu einer voraussichtlich 2010 fertig gestellten S-Bahnstation, einem Wohnviertel, einem Geschäftsviertel sowie einem Fußballstadion im Goffertpark schaffen.
Markant geknickt
Oberhalb der Piazza, dem öffentlichen Erschließungsplateau mit Verbindungen zu den einzelnen Funktionen, steigt der 17-geschossige Büroturm in die Höhe. Der optisch wahrgenommene „Knick“ ist letztlich nur eine Neigung der unteren sieben Geschosse bei gleichzeitig waagerechter Ausbildung der oberen zehn Geschosse. Erst auf den zweiten Blick ersichtlich ist dabei, dass der Bau nicht nur einfach, sondern zusätzlich auch noch seitlich geknickt ist. Die markante Gestaltung ermöglicht nicht nur einen hohen Widererkennungswert, sondern auch unterschiedliche Ansichten von unterschiedlichen Standorten aus. Zudem soll der Knick nach Francine Houben auch als einladende Geste betrachtet werden, die zum Betreten des Gebäudes auffordert.
Neben der markanten Form springt auch die auffällige Fassadengestaltung des Neubaus ins Auge: Eine durchgehende Glashaut wäre aufgrund der dann nötigen aufwändigen Haustechnik zu teuer geworden. Als Alternative entschieden sich die Architekten in enger Abstimmung mit dem Bauherrn dafür, die Außenhülle mit speziell für dieses Projekt entwickelten Paneelen aus schwarzem Aluminium und Streckmetall auszubilden, die in einem durchgehenden Raster unregelmäßig mit gleich großen Glasflächen abwechseln.
Die Aluminiumelemente wurden von Permasteelisa Central Europe BV in Heerlen hergestellt, während die Glasflächen von Scheuten Glas aus Venlo sind. Isoslide Sun ist ein Isolierglas (U=1,1 W/m²K) mit Sonnenschutzbeschichtung, das die Menge des durchgelassenen Sonnenlichts beeinflusst. Dieser Glastyp ist in vielen Farben und mit mehreren Spiegeleffekten verfügbar. Für wärmeisolierende Eigenschaften, die mit Low-E-Glas vergleichbar sind, kann Isolide Sun mit einer wärmereflektierenden Innenplatte Low-E kombiniert werden. Trotz niedrigem U-Wert bleibt die Transparenz erhalten. Fenster und Türen wurden im Aluminiumsystem Schüco Royal S65 ausgeführt. Mit 65 mm bietet das Standardprofil objektgerechte Gestaltung von ein- und mehrflügeligen Elementen. Die abstrakt-bewegte Detaillierung der Fassade hat nicht nur zur Folge, dass die verschiedenen Geschosshöhen nach außen hin verwischt werden, sondern sie erinnert von weitem auch an eine willkürliche Zusammenstellung von Pixeln und verdeutlicht so sinnfällig die technologische Funktion des Gebäudes.
„Bei der Ausbildung der Fassade musste berücksichtigt werden, dass die Nordseite in Richtung Neerbosscheweg deutlich mehr Lärmbelastung aufweist als die Südseite des Gebäudes“, so Architekt Patrick Arends, Mecanoo. „Deshalb haben wir hier stärkere Paneele integriert. Die eingesetzten Elemente waren zuvor ausführlich hinsichtlich Wasserdichtigkeit und Windfestigkeit getestet worden und entsprechen in diesem Bereich weitgehend den strengeren britischen Normen.“
Ansonsten entspricht der Bau in sämtlichen Bereichen den niederländischen Vorschriften. „Zusätzliche europäische Normen brauchten nicht erfüllt zu werden“, so Patrick Arends. „Es gab jedoch während des Planungsprozesses verschiedene Diskussionen – zum Beispiel über die Verwendung eines hochwertigen feuerfesten Anstrichs. Diese Farbe hat eine höhere Qualität als auf niederländischer Ebene vorgeschrieben, wurde hier bei uns allerdings noch nicht getestet. In Absprache mit der Stadt haben wir das Produkt aber schließlich dennoch eingesetzt.“
Für eine wirtschaftliche Fassadenwartung und –reinigung kommt das Reinigungssystem Mustang von Tractel Benelux zum Einsatz.
Flexible Raumgliederung
In den Innenräumen wurden die Fassadenelemente in schlichtem Weiß ausgeführt. Die scheinbar willkürlich Anordnung der einzelnen Aluminium-Paneele mit den dahinter verborgenen, flexibel öffenbaren Lüftungsklappen hat dabei zu völlig individuellen Räumen mit je nach Glasanteil in der Fassade unterschiedlich großem Tageslichteinfall geführt. Sämtliche der jeweils 3 m hohen Geschosse lassen sich frei einteilen und bieten so ein Höchstmaß an Flexibilität für die hier tätigen Forscher und Entwickler.
Im deutlichen Kontrast zur kühlen Gestaltung der Außenfassade und der Bürogeschosse steht die auffallend warme und freundliche Ausstattung der öffentlich zugänglichen Räume im Erdgeschoss. Entsprechend der Vorliebe von Francine Houben für ausgesuchte Materialkombinationen und dezent theatralische Raumstimmungen dominieren hier goldfarbene Stoffe sowie geschwungene Formen aus Holz wie bei den Wandverkleidungen aus Mahagoniholz oder den Sitzbänken. Die kontrastreiche Detaillierung unterstreicht die wichtige Funktion der öffentlichen Räume des Gebäudes und schafft gleichzeitig einen betont freundlichen Empfang für Gäste und Mitarbeiter des Hauses.
bba-Infoservice
Aluminiumpaneele 517 Sonnenschutz-Isolierglas 518 Fassadenreinigungssystem 519 Fenster- und Tür-Profilsystem 520
Planung: Mecanoo, Delft Projektarchitektin: Francine Houben und Francesco Veenstra Statik: Adviesbureau Tielemans, Eindhoven
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