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Neubau eines Bettenhauses der Universitätsmedizin Greifswald

Modul- trifft Massivbau
Neubau eines Bettenhauses der Universitätsmedizin Greifswald

Der sechste Bettenturm der Universitätsmedizin Greifswald entstand als einziger Teil eines konventionell errichteten Ensembles aus vorgefertigten Modulen – was heute aber nicht mehr zu erkennen ist. Das Projekt illustriert die Flexibilität und die möglichen Zeitgewinne beim Bauen mit Modulen.

Markus Hoeft

Ab 1997 wurden die Universitätsmedizin Greifswald sowie die Mathematisch-Naturwissenschaftliche und die Medizinische Fakultät auf einem gemeinsamen Entwicklungsgebiet nach dem Wettbe-werbsentwurf des dänischen Architekturbüros Dall Lindhardtsen A/S konzentriert. Die ursprünglich verteilten Einrichtungen des größten Gesundheitsversorgers Mecklenburg-Vorpommerns sind dadurch heute an einem Standort vereint, an dessen Planung und Realisierung in zwei Bauabschnitten von 1997 bis 2011 die HWP Planungsgesellschaft mbH aus Stuttgart und mit Niederlassung in Greifswald maßgeblich mitgewirkt hat.
Das Gesamtprojekt orientiert sich mit einer vorwiegend rechtwinkligen axialen Aufteilung und einem städtischen Marktplatz im Zentrum an traditionell-klassischen Stadtstrukturen und Quartieren. Die bewusst aus der Orthogonalität der Achsen ausgenommene Bettentürme – zunächst fünf an der Zahl – bilden den nordwestlichen Abschluss und damit für die Greifswalder das Entree zur „Stadt in der Stadt“.
2009 ergab sich im Rahmen des Konjunktur-Förderprogramms die Möglichkeit, einen zusätzlichen sechsten Bettenturm zu realisieren, der allerdings in nur zwei Jahren zu planen und komplett fertig zu stellen war. Die HWP Planungsgesellschaft übernahm auch diese Aufgabe – samt der vom Bauherren aus Termingründen vorgegebenen Anforderung, den sechsten Bettenturm im Unterschied zu allen bisherigen Gebäude in Modulbauweise auszuführen, dabei aber die Architektur, Formensprache und innere Struktur der ersten fünf Bettenhäuser ohne erkennbaren Bruch fortzuschreiben.
Etwas zugespitzt formuliert sollte der Bau also ganz anders gebaut werden, aber genauso aussehen und funktionieren wie seine massiv errichteten Vorgänger.
Unter diesen Bedingungen entschieden sich HWP und der im Verhandlungsverfahren nach öffentlichem Teilnehmerwettbewerb erfolgreiche Modulbauspezialist Kleusberg als Generalunternehmer für eine Kombination aus Massiv- und Modulbau für das neue Bettenhauses der Universitätsmedizin Greifswald. „Die Symbiose aus zwei prinzipiell unterschiedlichen Bauweisen war eine ungewöhnliche Aufgabe – sowohl für uns Architekten als auch für Kleusberg bei der Herstellung der Module“, erinnert sich HWP-Projektleiter Peter Bonfert. So weist das viergeschossige Gebäude ganz modul-untypische Vor- und Rücksprünge sowie Loggien auf, außerdem ein Übergangsbauwerk zum Bestand und eine Klinkerfassade mit sichtbaren Stahlbetonstützen auf.
Die Details beschreibt Peter Bonfert: „Das teilunterkellerte Untergeschoss, die Treppenräume und Aufzugsschächte sowie die Klinkerfassade sind Massivbauteile. Der Verbinder zum Bestand wurde als Raumtragwerk aus Stahlrohren mit eingestellter Pfosten-Riegelfassade umgesetzt. Die Modulbauweise kommt dagegen bei den Raumzellen zum Einsatz, die das statische Gerüst des Gebäudes bilden. Der Endausbau wie etwa Estricharbeiten oder die Anbringung von Wand-, Boden- und Deckenbekleidungen erfolgte wiederum direkt vor Ort. Selbst für Baufachleute ist weder von außen noch von innen ein Unterschied zwischen den bisherigen Bettenhäusern und dem Neubau in kombinierter Bauweise auf den ersten Blick erkennbar.“
Modulräume ohne freistehende Stützen
Kleusberg fertigte die Stahlkonstruktionen der Module im eigenen Werk vor und lieferte sie – auf der Außenseite bereits mit Gipsfaserplatten beplankt – in einer eng verzahnten Planung mit der konventionellen Bauweise termingenau zur Kranmontage auf die Baustelle. Die Gipsfaserplatten bildeten den temporären Schutz bis zur Ausführung der teils vorgestellten teils vorgehängten und in der Modulkonstruktion verankerten Ziegelfassade. In Anlehnung an die zuvor verwendeten Materialien wurden Wienerberger Vollklinker Havelland naturgelb geflammt sowie Heide rot nuanciert verwendet.
Die konventionell errichteten Gebäudebereiche im Sockelgeschoss und am Treppenhaus erhielten eine Pfosten-Riegel-Fassade Schüco FW 50+HI aus Aluminium, die mit schmalen Profilansichten von 50 mm sowie variablen Rasterbreiten und Einbauhöhen ebenfalls die Gestaltung der anderen Bettenhäuser aufgreift.
Wie schon angedeutet fand der Innenausbau mit Gipskartonplatten für die Wände und einem Zementestrich überwiegend konventionell statt. Das Achsraster der Module von 3,875 m ermöglichte es, freistehende Stützen vollständig zu vermeiden. Stattdessen „verschwinden“ die Modulrahmen und –stützen komplett in den Innen- und Außenwänden. Trotzdem bleibt eine flexible und bei Bedarf auch großräumige Nutzung möglich. Im Erdgeschoss gelang sogar die Integration einer mobilen Trennwand Nüsing Premium 100. Sie trennt zwei Behandlungszimmer mit Lehrfunktion, die für große Studentengruppen einfach und schnell zu einem zusammengefasst werden können.
Zeitplan mit Reserven
Die ursprüngliche Intention, mit der Modulbauweise ein hohes Planungs- und Bautempo zu erreichen, konnte hier bei der Universitätsmedizin Greifswald eindrucksvoll umgesetzt werden. Von April bis September 2009 nahm HWP die Abstimmung mit Nutzern, Behörden und Fachplanern vor, entwickelte die Vor- und Entwurfsplanung und erstellte schließlich die Ausschreibungsunterlagen. Nach Abschluss des Vergabeverfahrens folgten ab Anfang 2010 die Projektierung und der Genehmigungsplanung durch Kleusberg. Danach ging es sozusagen Schlag auf Schlag: Erdarbeiten ab April 2010, Beginn der Modulmontage auf dem zuvor fertig gestellten massiven Untergeschoss ab August 2010, Innenausbau mit haustechnischer und medizinischer Gebäudeausrüstung sowie Übergabe an die Nutzer bis Mai 2011.
Der ambitionierte Zeitplan wurde mit rund zwei Jahren von der Idee bis zur Einweihung also eingehalten, doch Peter Bonfert sieht sogar noch Reserven: „Bedingt durch den Anteil der konventionellen Baukonstruktionen konnten die möglichen Vorteile der Modulbauweise, z. B. die Zeitersparnis bei der Ausführung durch einen hohen Vorfertigungsgrad, nicht im vollen Umfang ausgeschöpft werden, was jedoch den geforderten Prämissen geschuldet ist. Bei einer anderen Projektcharakteristik können die Vorteile eventuell stärker zum Tragen kommen.“
Architekten: HWP Planungsgesellschaft mbH, Stuttgart
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