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Große Geste

Neubau BMW-Welt in München
Große Geste

Gleich einer schwebenden Wolke legt sich die BMW Welt dem legendären Hochhaus der Bayerischen Autobauer zu Füßen, ergänzt vom BMW Museum. Das für den Bau verantwortliche Wiener Architekturbüro Coop Himmelb(l)au spricht von einer offenen Architektur, die „alle Möglichkeiten frei lässt“. Es setzt die Intension des Münchner Automobilkonzerns, Design, Technologie und Innovation unter einem Dach zu vereinen, mit einer großen Geste um.

Die BMW Welt will mehr sein als ein gehobenes Auslieferungszentrum für Luxuskarossen – Themen sollen auch die Zukunft des Automobils und die Zukunft der Mobilität sein. Ausdruck findet dieser Anspruch unter anderem in einem multifunktionalen, theaterähnlichen Veranstaltungssaal.
Das BMW Welt Forum war mit seinen 800 Plätzen bereits vor seiner Eröffnung für das kommende Jahr fast vollständig ausgebucht. Verschiedene Shops, Cafés und Restaurants sowie ein Erlebnisbereich für Kinder und Jugendliche ergänzen das anspruchsvolle Konzept.
Freiraum unter Dach
Die Entwurfsidee von Coop Himmelb(l)au um Prof. Wolf D. Prix äußert sich in einer dynamisch geformten, skulpturalen Dachlandschaft, unter der Nutzungen vielfältigster Art möglich sind.
Das ist „offene Architektur“, wie sie Coop Himmelb(l)au seit Jahrzehnten propagiert. Prix selbst spricht von „Multiuses ganz neuer Prägung. Unsere Architektur ist ja kein Pullover, kein modischer Anzug. Sondern wie Haut, wie eine osmotische Schicht, die Dinge filtert oder durchlässt. Wir sagen dazu: Das Gefühl des Innen spannt die Haut außen. Also, Architektur ist unsere vierte Haut. Sie muss mit den Problemen wachsen, wenn sie gut ist. Deswegen bin ich ja auch gegen Kisten.“
Im Süden geht das dynamische Dach in einen Doppelkegel aus Stahl und Glas über und setzt damit ein stadträumlich wirksames Zeichen, das mit den bestehenden Landmarken des Vierzylinders und dem Museum eine identitätsprägende Einheit ergeben wird.
Der Doppelkegel ist durch eine weitere Verformung aus der unteren Trägerrostlage des Daches entwickelt und bildet auch ein Hauptauflager des 16 000 m² großen Daches, dessen obere Lage sich kissenförmig wölbt. Nur von dem Doppelkegel und elf Pendelstützen gehalten, scheint die „Dachwolke“ förmlich zu schweben. Das gesamte Gebäude ist cirka 180 m lang, bis zu 130 m breit und 28 m hoch.
Integrierte Fassade als Warmwasserheizung
Doppelkegel und Fassade sind von Josef Gartner entwickelt und gefertigt worden. Die außergewöhnliche Form des Gebäudes stellte besondere Ansprüche an Geometrie und Passgenauigkeit der Fassadenelemente, die für alle Bereiche dreidimensional konstruiert wurden. Allein für den Doppelkegel wurden 900 verschiedene Glaselemente gefertigt. Bei der 15 000 m² großen Deckenkonstruktion mit rund 5 000 Lochblechen aus Edelstahl gleicht kein Blech dem anderen.
Die komplette Stahlfassade ist als Integrierte Fassade System Gartner zum Heizen und Kühlen ausgelegt. Die Stahlhohlprofile führen Wasser, das erwärmt oder gekühlt werden kann. In den geschweißten Stahlprofilen sind außerdem Sprinklerleitungen sowie RWA-Kabel integriert. Die Integrierte Fassade funktioniert wie eine Warmwasserheizung. Bei der BMW Welt wird sie als Zusatzheizung eingesetzt, was eine kleinere Dimensionierung der Heizanlage ermöglichte. Vor allem verhindert die Heizfassade einen Kaltluftabfall an den hohen Glaswänden und sorgt so für Behaglichkeit. Am gläsernen Dach bildet sich kein Kondenswasser, und im Sommer wird die Fassade zur Kühlwand, die eine Aufheizung der Raumluft verhindert.
Trick mit dem Knick
Die Fassade ist ein modifiziertes Pfosten-Riegel-System. Durch einen Knick in dem Pfosten auf +7,50 m und bei größerer Höhe einer weiteren Absprießung auf +15,00 m werden die freien Spannweiten so reduziert, dass im Verhältnis zur Fassadenhöhe geringe Pfostenquerschnitte ausreichend sind. Ein weiterer Vorteil des Knicks besteht darin, dass Vertikalverformungen des Daches durch elastische Biegeverformungen der Pfosten aufgenommen werden können. Bewegungsfugen am Dach können so entfallen. Die Verglasung ist direkt auf die Riegel geklemmt und in den Stoßfugen geklebt. Die Konstruktion besteht aus Dreiecksfeldern, die Seitenlänge der Gläser beträgt 5,5 m.
Die Horizontal- und Vertikalprofile bestehen aus Rechteckhohlprofilen 300 x 100 mm, die Diagonalprofile haben die Maße 250 x 100 mm. Für die Verglasung im unteren Teil wird 8 mm starkes ESG mit ipasol neutral 52/29, Designglas 16 mm SZR, 2 x 6 mm TVG in Optiwhite mit schwarzem Randsiebdruck eingesetzt. Im oberen Teil wird analog zum unteren Teil VSG gemäß Richtlinie für Überkopfverglasung außen angebracht. Teilweise ist vor der Verglasung des Doppelkegels ein Sonnenschutz im Abstand von 600 mm zur Verglasung aus Edelstahllochblechen angeordnet.
Die Hauptfassade des an den Doppelkegel angrenzenden Gebäudeteils hat eine Größe von cirka 5 500 m². Sie steht unten auf dem Boden, oben wird sie gleitend an der geschwungenen Dachkonstruktion befestigt. Von der Oberkante Rohboden bis zur Höhe des Knickriegels von 7,5 m sind die Fassaden nach innen um 10 Grad geneigt. Oberhalb des Knickriegels und bis zu einer Höhe von 25 m hängt die Fassade um 10 Grad nach außen über.
Brandschutzverglasung
Teile der Dachfläche wurden verglast, etwa im Gastrobereich, über der Lounge sowie im Bereich des Einschnitts, der als eine Wand aus Luft und Glas auch wichtige Brandschutzfunktionen erfüllt. Während große Teile der BMW Welt mit Sprinklern ausgestattet sind und die Stahlkonstruktion durch eine Brandschutzbeschichtung geschützt ist, wurde die erste Etage der Lounge im 3. OG mit einer speziellen Brandschutzverglasung versehen, wodurch bei einem Brand in der Halle der Feuerüberschlag auf die Lounge verhindert werden soll.
Die Brandschutzverglasung weist eine Gesamthöhe von 5 m auf. Die Pfosten-Riegelkonstruktion besteht aus Stahlprofilen 140 mm x 80 mm x 6,3 mm und wurde mit VSG-Scheiben (8 mm Pyran S, 0,76 PVB-Folie, 0,76 SI-Folie, 6 mm Float) im Format 2 884 mm Breite und 1 230 mm Höhe verglast. Vor diese Verglasung wurde zusätzlich eine VSG-Scheibe angeordnet.
Die Brandschutzverglasung befindet sich auf der inneren Position des gesamten Scheibenpaketes, das heißt, dem Raum zugewandt. Aufgrund der Anforderungen an das architektonische Gesamtkonzept wurden die vertikal verlaufenden Fugen versiegelt. Der umlaufende Anschluss der Brandschutzverglasung erfolgte an Bauteile, die mindestens die Feuerwiderstandsklasse F30 erfüllen. Die innere Scheibe ist über ein Stahlflach im zurückgesetzten Randverbund zusätzlich an der Stahlkonstruktion mechanisch befestigt. Sollte also im Falle eines Brandes in der Halle die äußere Scheibe versagen, ist aufgrund dieses zusätzlichen Befestigungsstahlflach die Funktion der inneren Scheibe immer noch gewährleistet – und zwar über die geforderten 30 Minuten hinaus.
Der Einsatz von Pyran S in der Brandschutzfassade (System Gartner) wurde möglich durch eine gutachterliche Stellungnahme bzw. Beurteilung durch ein unabhängiges Material-Prüfinstitut. Grundlage dafür ist zum einen die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Nr. Z-19.14–363 über die Brandschutzverglasung Pyran (5 mm)-Stahl-System 363 mit Feuerwiderstandsklasse G30 nach DIN 4102–12. Zum anderen erfüllt sie die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Nr. Z-19.14–367 über die Brandschutzverglasung System Gartner der Feuerwiderstandsklasse G30 nach DIN 4102–13.
Weitere Informationen
Integrierte Fassade bba 508 Sonnenschutzglas bba 509 Brandschutzverglasung mit Pyran S bba 510
Architekten: Coop Himmelb(l)au, Wien Tragwerksplanung: Bollinger + Grohmann, Frankfurt am Main; Schmitt, Stumpf, Frühauf + Partner, München
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