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Gläserner Tempel

Neubau eines Gewerbebaus in Kempten
Gläserner Tempel

Glas kann Licht durchlassen und reflektieren, kalt und warm wirken, Akzente setzen oder in den Hintergrund treten – der traditionelle und zugleich moderne Werkstoff ist in der Architektur gefragt wie nie zuvor. Mit einem neuen Interieur-Kompetenzzentrum wird veranschaulicht, was Glas im Innenbereich, aber auch bei der Exterieur-Gestaltung leisten kann.

Jürgen Sutter, Geschäftsführer Glas Trösch GmbH, Kempten

In Showrooms mit ausgewählten Glas-Exponaten lädt Glas Trösch zur Entdeckungsreise ein. Diese beginnt genau genommen bereits vor dem Betreten des Zentrums. Denn der längliche, zweigeschossige Neubau des Architekturbüros becker architekten unter der Leitung von Michael Becker ist an sich schon ein exklusives und einzigartiges Glas-Exponat (BRI: 3 223 m³, BGF: 693 m², Nutzfläche: 521 m²).
Das Gebäude basiert auf einem massiven Betonkern-Fundament und einer Stahlbeton-Brückenkonstruktion, die von einem vierseitigen Isolierglas-Vorhang und einer gläsernen Decke umhüllt wird. Bei der Brückenkonstruktion, die auf einer Länge von 36 m frei gespannt ist, ruht das Obergeschoss quasi als geschosshoher Kastenträger auf zwei seitlichen Widerlagern. Interpretatorisch angelehnt an Ordnungsprinzipien griechischer Tempelbauten bildet der aus dem Gelände auftauchende Betonsockel im übertragenen Sinne die Krepis, der stützenfreie, frei überspannte, zentrale Ausstellungsraum kann als Cella interpretiert werden und der vierseitig umlaufende Glasvorhang steht in dieser Metapher für die Peristasis, die Ringhalle, die den umlaufenden Umgang, das Pteron bildet.
Hängende Fassade
Mit einer hängenden Ganzglasfassade, begehbaren Glasflächen sowie gläsernen Türen und Zwischenwänden demonstriert das Unternehmen mit dem Neubau, welche Fülle von Möglichkeiten heute mit dem Werkstoff architektonisch umsetzbar ist. Dabei gehen die Hauptmaterialien Glas und Beton eine enge Symbiose ein. Sie verdeutlichen dem Besucher die Dualität von Glas in allen Abstufungen, in dem sie in unterschiedlichen Materialausprägungen stets im Kontrast zueinander stehen: Weich und hart, hell und dunkel, transparent und undurchsichtig, leicht und schwer. Hier die Glastüren, welche die Offenheit und Transparenz der Büroräume betonen, dort die massiven und schweren Betontüren der Treppenhäuser, die für Stabilität und Verlässlichkeit stehen. Zugleich nehmen die Glasflächen das Spiel mit dem Licht auf, erzeugen je nach Tageszeit und Witterung unterschiedlichste Stimmungen, und schenken so dem Gebäude eine lebendige Architektur. Während bei der Betrachtung von Außen tagsüber die Glashaut im Vordergrund steht, verschwindet diese fast bei der nächtlichen Illumination und offenbart so die stilvoll eingerichteten Showrooms und den inneren Massivkern des Gebäudes.
Tagesbelichtet
Der Kontrast und die Ambivalenz werden nicht nur durch die Materialien Beton und Glas betont, sondern maßgeblich auch durch die einzigartige Konstruktion, durch die ein stützenfreier und flexibler Großraum für die Glasexponatausstellung geschaffen wird. Der maximalen Offenheit, die auf der Längsseite gegeben ist, steht ein introvertierter Bürotrakt im Obergeschoss gegenüber. Zwei oberbelichtete Grünhöfe strukturieren die Büroräume und stoßen bis ins Erdgeschoss durch, so dass sich spannende räumliche Verschränkungen ergeben und für eine differenzierte Tageslichtführung sorgen.
Insgesamt erzeugt der bewusst eingesetzte Kontrast von transparenten Glasflächen und massiven Betongefäßen eine sinnliche Gebäudeatmosphäre. Lediglich weiche Schallschutz-Filzlamellen an den Rohbetondecken und eigens maßgeschneiderte Einbaumöbel aus schwarz durchgefärbten MDF-Platten stellen eine Ergänzung im kargen Materialkanon dar. Dieser wird auch über die Freianlagen nach außen transportiert – der inmitten einer Kiesfläche platzierte Baukörper wird zur Straße hin von Laubbäumen gesäumt.
Eines der architektonischen Highlights des Gebäudes ist die an Metallträgern hängende Isolierglasfassade, die vertikal gleiten und die auf dem Flachdach auftretenden Lasten – zum Beispiel Schneelasten – durch eine Senkbewegung abtragen kann. Die Metallträger selbst stützen sich am rechteckigen Betonkörper ab, der von der Fassade umhüllt wird. Ein Blickfang ist auch die 80 m² begehbare Fläche aus Sicherheitsglas entlang der Fassade – sie beweist eindrucksvoll, dass Glas nicht so fragil ist, wie oft angenommen wird. Die gesamte Konstruktion vermittelt einen einzigartigen Raumeindruck, der die Grenzen zwischen Interieur und Exterieur verwischen lässt. Die Architektur verdeutlicht dem Besucher hier einmal mehr die Dualität und Ambivalenz von Glas – das immer wiederkehrende Motiv dieses begehbaren „Exponats“.
In seinen Interieur-Kompetenzzentren in Süddeutschland präsentiert das Unternehmen Glasideen und -produkte für die Innenraumgestaltung. Nach dem ersten Zentrum in Ulm wurde im Frühjahr 2008 das Kemptener Interieur-Beratungshaus mit 329 m² Ausstellungsfläche und 237 m² Bürofläche eröffnet. Die Eröffnung des dritten Interieur-Kompetenzzentrums erfolgte im Herbst 2008 in Aalen. Exklusive Showrooms vermitteln in den Zentren anhand von ausgewählten Ausstellungsstücken die gesamte Bandbreite des Interieur-Designs mit Glas-Elementen. Die einzelnen Showrooms sind in kubischen Boxen untergebracht, die jeweils ein bestimmtes Thema aufgreifen, wie etwa Büro-Einrichtungen, Badezimmer, Küchen und Esszimmer. Es werden auch Lösungen für öffentliche Räume gezeigt, zum Beispiel für Ladeneinrichtungen und Gastronomiebetriebe. Farbiges und bedrucktes Glas wird ebenso präsentiert wie transparente oder lichtundurchlässige Gläser.
Architekturbüro: becker architekten, Michael Becker, Kempten Tragwerksplanung: Ingenieurbüro Böller, Lindenberg
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