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Gefaltetes Vexierbild

Neubau eines Hochregallagers in Coesfeld-Lette
Gefaltetes Vexierbild

Der Bekleidungsfilialist Ernsting’s family ließ am Firmensitz in Coesfeld-Lette ein neues Hochregallager bauen. Gläserne Fassaden machen alle Warenbewegungen im Innern von außen sichtbar. Als zweite Haut sorgt eine Solarfassade aus PV-Modulen und Crashglas für hohe Energieeffizienz.

Interessant ist das Gebäude nicht nur wegen seiner Höhe von 28 m, der 22 000 Palettenstellplätze oder der Tatsache, dass von hier aus das gesamte Bekleidungssortiment von Socken bis Blazer vollautomatisch an die einzelnen Filialen ausgeliefert wird. Was den Neubau zum bemerkenswerten Industriebau mit Eventcharakter macht, sind seine gläsernen Fassaden. Die transparente Primärfassade lässt alle Warenbewegungen im Innern von außen sichtbar werden. Ummantelt wird diese in großen Teilbereichen von einer zweiten Haut – einer aus PV-Modulen und Crashglas bestehenden hocheffizienten Solarfassade. Das Konzept des Gebäudes – gläserne Architektur verbunden mit ausgeklügelter Technik – hat auch die Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) überzeugt, die das Gebäude mit Gold vorzertifiziert hat. Und: Das Gebäude hat jüngst einen Architekturpreis gewonnen.

„Architektur muss für den Menschen da sein“, so wie der Unternehmensgründer Kurt Ernsting stellen auch seine Nachfolger die Architektur durch eine nachhaltige und ganzheitliche Bauweise in den Dienst kommender Generationen. So verwundert es nicht, dass beim Bau des neuen Hochregallagers neben ökologisch einwandfreien und recycelbaren Baustoffen auch das Thema Solarenergie eine große Rolle spielt. Nach den Entwürfen des Künstlers Nabo Gaß und der Ausführung durch das Architekturbüro Wortmann erhielt das Hochregallager mit Ausnahme der begrünten Dachfläche eine gläserne Primärfassade aus Wärme-dämmglas, die ihrerseits, in den nach Süden ausgerichteten Fassadenflächen von einer gefalteten Solarmembran ummantelt wird. Durch den Einsatz dieser fassadenintegrierten Photovoltaikanlage mit einer gesamten jährlichen Leistung von mindestens 260 000 Kilowattstunden trägt sich das Lager energetisch vollkommen selbst.
Beschattende Solarmembran
Die vorgesetzte „gefaltete“ Solarmembran lebt optisch vom Kontrast zwischen der tiefen Schwärze des PV-Moduls und dem glitzernden Reiz des benachbarten Crashglases.
„Gefaltet“ bedeutet, dass sich Photovoltaik-Modul (PV-Modul) und Crashglas in einem optimalen Neigungswinkel für die auffallende Sonneneinstrahlung abwechseln. Der Neigungswinkel von 30 Grad führt zu einer optimalen Nutzung der Sonneneinstrahlung. Gleichzeitig übernimmt das PV-Modul die unerlässliche Aufgabe der Beschattung des dahinter liegenden gläsernen Hochregallagers.
Dieses kann somit das ganze Jahr ohne zusätzliche Kühlung oder Heizung, einzig über ein automatisches Lüftungssystem betrieben werden. In der Horizontalen – die Solarmembran knickt in ca. 28 m Höhe in 90° ab und schwebt als aufgeständerte PV-Module über die Dachfläche – wird die Nutzung der optimalen Ausrichtung zur Sonne als selbstverständlich empfunden. Aber auch in der Vertikalen erhält die „gefaltete Solarmembran“ eine sinnvolle Anwendung, was in der Fassade zu einer Effizienzsteigerung von ca. 30 % führt.
Glitzernd und sicher: Crashglas
Bei dem durch die Flachglas Wernberg produzierten Crashglas handelt es sich um das dreischeibig aufgebaute Verbundsicherheitsglas Sigla Mosaik. Die mittlere Scheibe besteht aus Einscheibensicherheitsglas, die beiden äußeren Einheiten aus Floatglas bzw. Floatglas teilvorgespannt. Crashglas entsteht dann dadurch, dass nach dem VSG-Verbund die Einheit einseitig mittig angebohrt wird, bis die gesamte ESG Scheibe in kleine Glaskrümel zerbricht. Die Bruchstücke haften an den PVB Folien und da die Trägerscheiben nicht beschädigt sind, bleibt die Gesamtheit erhalten. Jede Scheibe der Solarfassade am Hochregallager ist somit ein Unikat.
In Zusammenarbeit mit der obersten Baubehörde, dem Statikbüro, der Fassadenbaufirma und der Anwendungstechnik in Wernberg wurde für diese Fassade eine baurechtliche Zustimmung im Einzelfall erteilt. Der Nachweis der Gebrauchstauglichkeit war eine baurechtliche Fragestellung, die in diesem Zusammenhang gelöst werden musste.
Architekturpreis 2012
Das Hochregallager der Ernsting‘s family wurde jüngst mit dem Architekturpreis 2012 der Stiftung Deutsche Pfandbriefbank ausgezeichnet.
„Das Besondere dieser gestaltgebenden Bauteile ist neben der technisch ausgeklügelten Faltkonstruktion von PV-Elementen und Crashglas die sich in der optischen Wahrnehmung fast auflösende, transparente, vexierbildartige Erscheinung. Die Tiefe dieses Bauteiles selbst und die Überlagerung mit dem eigentlichen, wiederum gläsernen Regallager, als auch die sich aus der minimierten Struktur ergebende Feingliedrigkeit erzeugen ein eindrucksvolles Wechselspiel des natürlichen Lichtes und des durch Farbe und Beleuchtung inszenierten Inhaltes“, so die Jury in ihrer Beurteilung.
Nabo Gass hat mit seinem Entwurf nicht nur der Funktionalität, sondern auch dem künstlerischen Anspruch der Unternehmerfamilie entsprochen. Das über 10000 m2 große transparente Hochregallager fügt sich harmonisch in das bestehende architektonische Ensemble der Firmenzentrale ein, neben Gebäuden von Santiago Calatrava, David Chipperfield, Fabio Reinhardt und Johannes Schilling und einer Gartenanlage des belgischen Landschaftsarchitekten Peter Wirtz.
„Kein anderes Material erlaubt so geschickt und einfühlsam das zu realisieren, was wir gemeinhin unter Ambivalenz verstehen. Glas ist nicht nur transparent, ermöglicht Durchblick und Weitblick, es verbindet unterschiedliche Ebenen und visualisiert die Komplexität des Lebens.“ Nabo Gass
Entwurf: Nabo Gaß, Wiesbaden Ausführung: Wortmann Architekten, Dülmen-Rorup
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