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Dachabdichtung mit wurzelbeständiger EPDM-Bahn

Neues Depotgebäude für ein Museum in Rotterdam
Öffentlichkeitswirksam

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In der Architekturstadt Rotterdam gibt es ein neues Depotgebäude für das Museum Boijmans Van Beuningen. Angrenzend an den backsteinernen Bestandsbau aus den 1930er-Jahren, hat das Büro MVRDV eine 40 m hohe Halbkugel mit schillernder Spiegelfassade geschaffen, auf deren Dach ein lichter Birkenwald gepflanzt wurde. Für die wasser- und luftdichte Abdichtung der Außenhülle sorgen EPDM-Streifen, für die Dachabdichtung  eine wurzelbeständige EPDM-Bahn.

Anforderung:

Depot als öffentlich zugängliches Schaulager mit Baum-bepflanzter Dachfläche

Lösung:

Wurzelfeste EPDM-Bahn als Dachabdichtung: langfristig sicherer Untergrund für intensive Dachbegrünung

 


Robert Uhde | be

Das zwischen 1928 und 1935 nach Plänen des Architekten Ad van der Steur errichtete und seitdem mehrfach erweiterte Rotterdamer Museum Boijmans Van Beuningen besitzt eine der bedeutendsten Kunstsammlungen in der Niederlanden. Neben Arbeiten von Pieter Brueghel dem Älteren sind hier auch Werke von Rembrandt oder Vincent van Gogh zu sehen.

Seit 2021 wird das Haus durch ein neues Depot ergänzt. Anders als die Bauaufgabe zunächst vermuten lässt, ist der Neubau aber nicht als verborgenes Archiv, sondern weltweit zum ersten Mal als öffentlich zugängliches Schaulager konzipiert. Auf sechs Ebenen mit einer Nutzfläche von insgesamt 16.000 m² erhalten die Besucher damit einen umfassenden Einblick in die umfangreiche, rund 150 000 Objekte zählende Sammlung des Museums.

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Öffentlichkeitswirksamer Entwurf von MVRDV

Aus dem Wettbewerb für den Neubau war 2013 das renommierte Rotterdamer Büro MVRDV als Sieger hervorgegangen. Ausgehend vom Wunsch der Auftraggeber nach einem öffentlichkeitswirksamen Entwurf, der ganz bewusst auch neue Publikumsschichten ansprechen soll, entwickelten die Planer eine 40 m hohe, leicht gestreckte und aus Betonfertigteilen errichtete Halbkugel, die mit ihrem nach oben hin größer werdenden Durchmesser schnell an eine monumentale Schüssel denken lasst.

Verstärkt wird der Kontrast zum backsteinernen Bestandsbau und zum umgebenden Museumspark durch eine spiegelnde Außenhaut. Die schillernde Hülle setzt sich zusammen aus insgesamt 1.664 verspiegelten Glaspaneelen mit einer Gesamtfläche von 6.600 m², die sich auf 26 umlaufende Ringe mit jeweils 64 Paneelen verteilen. Die leichte Krümmung der einzelnen Elemente sorgt dabei dafür, dass sich die in der Fassade reflektierten Gebäude deutlich in die Länge ziehen, so dass die gespiegelte Rotterdamer Skyline noch höher wirkt, als sie ohnehin schon ist.

Nicht weniger spektakulär präsentiert sich der Innenraum des neuen Depotgebäudes. Zentrales Element ist hier ein schwindelerregendes Atrium, in dem freitragende Treppen sowie abzweigende Galeriegänge die unterschiedlichen Depotebenen mit ihren dicht übereinander gehängten Bildern erschließen werden.

Ein Expresslift soll die Besucher außerdem auf das als Aussichtsplattform konzipierte Dach des Archivs führen. Neben einem öffentlich zugänglichen, großzügig geöffnetem Dachpavillon mit kreuzförmigem Grundriss haben die Planer hier oben auch einen Birkenwald mit 75 Bäumen integriert. Die intensive Dachbegrünung ermöglicht einen ökologischen Ausgleich für die überbaute Grundfläche und schafft dabei eine gelungene Fortsetzung des bestehenden, 1994 nach Plänen von OMA umgesetzten Museumsparks.

Massive Leichtigkeit

Wasser- und luftdichte Spiegelfassade

Als große Herausforderung bei der Ausführung gestaltete sich die Errichtung der Spiegelfassade. Da es sich um eine offene Konstruktion handelt, war es erforderlich, diese wasser- und luftdicht auszuführen. Die Wärmedämmung erfolgte mit Kingspan Resol-Hartschaumplatten, die mit vier Schrauben je Element auf der Fassade aufgebracht wurden. Um eine Brandausbreitung einzuschränken, wurden sämtliche horizontalen und vertikalen Fugen zwischen den Platten ebenso wie alle Schraubenköpfe mit dem Hardcast FSR40-Butylband von Carlisle abgedichtet.

Das Dichtungsband weist die höchste Klassifizierung für Rauch (S1) und Abtropfen (D0) auf. Für eine luft- und wasserdichte Abdichtung wurden zusätzlich die selbstklebenden EPDM-Streifen Hertalan Easy Stick GS von Carlisle verwendet. Die Kombination von EPDM und Butyl in einem Produkt gewährleistet dabei eine Dichtheit, die mit einem Wasserdampfdiffusionswiderstand (µ-Wert) von 170 000 praktisch luftdicht ist.

Das Drinnen im Draußen

Wurzelsichere Dachabdichtung

Ähnlich hohe Anforderungen stellte die Abdichtung der Dachfläche. Um einen langfristig sicheren Schutz gegen eindringende Feuchtigkeit zu erreichen, kam als Dachabdichtung die wurzelfeste EPDM-Dachbahn Resitrix SK W Full Bond von Carlisle zum Einsatz.

Im Rahmen der Ausführung wurde in einem ersten Schritt zunächst eine bituminöse Dampfsperre auf der Stahlbetondecke des Gebäudes aufgebracht und anschließend eine 10 mm dicke Schicht aus einem wasserabweisenden C-EPS-Mörtel aufgesprüht. Direkt darüber sorgt eine plattenförmige EPS-Gefälledämmung mit einer Mindestdicke von 170 mm für optimalen Wärmeschutz und für sichere Ableitung des Regenwassers oberhalb der Abdichtung.

Zwischen der EPS-Wärmedämmung und der Dichtungsbahn Resitrix SK W Full Bond wurde zusätzlich eine Polymerbitumenbahn angeordnet. Die wurzelfeste EPDM-Bahn bietet einen langfristig sicheren Untergrund für die intensive Dachbegrünung des Depotgebäudes. Die selbstklebende Bahnenunterseite sorgt in Verbindung mit dem Spezialprimer FG 35 zudem für eine optimale vollständige Haftung auf dem Untergrund.

Brennen unter grünen Hügeln

Nach Fertigstellung der Dachabdichtung konnte dann auch die intensive Begrünung, bestehend aus 9000 Ziergräsern und 75 Birken, angelegt werden. Neben den notwendigen Schutz-, Speicher- und Dränschichten wurden in den Begrünungsaufbau zusätzlich Stahlmatten eingebaut, um die Bäume später mit Gurten zu verankern. Insgesamt wurden 700 m³ Substrat in die Begrünung integriert. Zwischen den einzelnen Pflanzbereichen befinden sich begehbare Terrassenbereiche aus 12 cm dickem Ortbeton für die Besucher.

Sämtliche Arbeiten konnten im Frühjahr 2020 abgeschlossen werden. Nun folgen der weitere Innenausbau sowie der Umzug der Kunstwerke aus den bisherigen Archivräumen. Im September 2021 soll das neue Depotgebäude dann eröffnet werden.


Kurzinterview mit Fokke Moerel, Architektin und Partnerin bei MVRDV

Fokke Moerel, Architektin bei MVRDV
Fokke Moerel. Bild: MVRDV

Robert Uhde: Archive sind meist unterirdisch oder anderweitig versteckt untergebracht. Das neue Kunstdepot des Museums Boijmans Van Beuningen hingegen wird öffentlich zugänglich für die Besucher sein. Welche Idee steckt hinter diesem Konzept?

Fokke Moerel: Das neue Depot sollte auf Wunsch des Auftraggebers zu einem sichtbaren Teil der Stadt werden und entsprechend auch für das Publikum zugänglich sein. Allerdings sollte dieser öffentliche Bereich ursprünglich nur etwa fünf Prozent der Fläche ausmachen. Nachdem wir den Wettbewerb gewonnen hatten, wurde dieses Verhältnis durch den Auftraggeber sukzessive umgekehrt, so dass letztlich rund 95 Prozent der Fläche öffentlich begehbar sein werden. Dahinter steckt die Idee, das Museum noch stärker in der Stadt zu verankern und neue Besuchergruppen zu erschließen. Rückblickend betrachtet hat sich dieses Konzept auch in logistischer Hinsicht als glückliche Entscheidung erwiesen. Denn nach einem Wettbewerb 2018 wird das Museum aktuell aufwendig saniert und ist entsprechend bis 2025 geschlossen. Das Depot wird somit ein paar Jahre lang die Funktion des Hauptgebäudes übernehmen.

Robert Uhde: Wie ist die besondere Form des Gebäudes entstanden? Wie bezieht sich der Entwurf auf das bestehende Museumsensemble und den Museumspark von OMA?

Fokke Moerel: So verrückt es auch klingen mag: Die Form des Gebäudes ist letztlich das direkte Resultat unserer Auseinandersetzung mit dem Standort. Denn durch den umgebenden Museumspark und die vorhandenen Gebäude vor Ort sollte das Depot von allen Seiten erlebbar sein und keine Rückseite haben. Ebenso wollten wir möglichst wenig Fläche überbauen. Das logische Ergebnis ist eine runde Grundrissform, die nach oben konisch zuläuft. Im Niederländischen ergibt sich dabei ein schönes Wortspiel: Das Wort „Depot“ kann hier auch gelesen werden als „De pot“ („Der Topf“). Der Name für das Gebäude hat sich bei den Rotterdamern also quasi von selbst ergeben.

Robert Uhde: Und welche Rolle spielt die Spiegelfassade dabei?

Fokke Moerel: Durch die Gestaltung der Fassade wollen wir den Bezug zum Umfeld noch verstärken. Das Ergebnis ist eine architektonische Hommage an den Standort Rotterdam, wobei die leichte Krümmung der Spiegelfassade dafür sorgt, dass die Menschen eine verfremdete Perspektive auf ihre Stadt erhalten.

Robert Uhde: Die offene Konstruktion der Fassade erfordert einen wasser- und luftdichten Aufbau. Wie weit waren Sie daran beteiligt, hier eine optimierte Lösung zu entwickeln?

Fokke Moerel: Das Thema Feuchtigkeitsschutz hat für das Museum aufgrund verschiedener Schadensfälle in den vergangenen Jahren von Anfang an eine große Rolle gespielt. Die konkrete Ausarbeitung der Konstruktion erfolgte dann auf Basis unserer Entwurfszeichnungen durch BAM als Bauunternehmen in enger Kooperation mit weiteren Beteiligten wie dem fassadenerfahrenen Ingenieurbüro ABT oder dem Fassadenbauer Sorba.

Robert Uhde: Welche Rolle spielt BIM bei diesen Abstimmungsprozessen?

Fokke Moerel: Wir arbeiten seit Jahren bei all unseren Projekten standardmäßig mit BIM und haben dazu zahlreiche Spezialisten bei uns im Büro, die das begleiten können. Das sorgt für einen optimierten Workflow und vereinfacht die Kooperation und die Detailabsprachen mit den unterschiedlichen Planungsbeteiligten. Bei dem Depotgebäude hatten wir bereits unseren Wettbewerbsentwurf mit Revit ausgearbeitet.

Robert Uhde: Charakteristisch für das Depotgebäude ist auch die bewaldete Dachfläche. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Fokke Moerel: Den Dachgarten hatten wir schon in unserem ersten Entwurf vorgesehen. Damit kompensieren wir einerseits den Flächenverbrauch, andererseits wollten wir aber auch den bestehenden Museumspark weiter fortschreiben. Winy Maas war Anfang der 1990er-Jahre bei OMA tätig und damals auch ganz direkt an der Planung des Museumsparks beteiligt. Seine Erfahrung aus dieser Zeit kam uns jetzt natürlich zugute.

Robert Uhde: Die Konstruktion für den Dachaufbau wurde durch „Leven op Daken“ („Leben auf Dächern“) ausgearbeitet, eine Branchen-Plattform, die (intensive) Gründachkonstruktionen fördert und entwickelt und bei der auch Carlisle beteiligt war. Beinhaltete die Lösung von LOD auch schon den Einsatz der Dachabdichtung mit Resitrix EPDM-Bahnen und die Bepflanzung mit Birken?

Fokke Moerel: „Leven op Daken“ hat bereits 2015 ein Konzept entwickelt, um uns bei unserer Planung zu unterstützen. Der komplette Dachaufbau von der Dampfsperre bis zur Wahl der EPDM-Abdichtung ist also ein LOD-Konzept. Das beinhaltet auch die Materialauswahl.

Robert Uhde: Abgesehen vom Depotgebäude spielen Gründächer bei zahlreichen Planungen von MVRDV eine wichtige Rolle. Das beginnt mit den übereinander gestapelten Landschaften beim EXPO-Pavillon in Hannover und reicht bis zu Ihrem aktuell umgesetzten Wohnturm „The Valley“ in Amsterdam, die beide wie das Museumsdepot in Rotterdam mit EPDM-Produkten von Carlisle umgesetzt wurden. Welche Vision verbinden Sie mit dem Thema Gründach?

Fokke Moerel: Dieser spielerische Umgang mit Natur hat uns von Anfang an beschäftigt. Das ist sicher auch eine typisch niederländische Herangehensweise: Wir wissen, dass unser Land zu großen Teilen unter dem Meeresspiegel liegt und nur durch intelligente Ingenieurtechnik dauerhaft bewohnbar ist. Das schafft einen ganz anderen Blick auf das Thema Natur. Gleichzeitig müssen wir nach Strategien suchen, um die begrenzte Fläche der Niederlande möglichst optimal zu nutzen und zu verdichten. Da sind Gründächer eine ideale Lösung.


Projekt: Museumsdepot Boijmans Van Beuningen, Rotterdam

Standort: Museumpark 24, 3015 CX Rotterdam, Niederlande

Bauherren: Stadt Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Stichting De Verre Bergen

Planung: MVRDV, Rotterdam
Verantwortlicher Architekt: Winy Maas
Partner: Fokke Moerel
Competition Team: W. Maas, J. van Rijs, F. Moerel, S. van der Burgh, M. Pozo, G. Heerink, E. Deceuninck, S. Gomez Idiakez, J. I. Velasco Martin, J. Slabbynck, M. Gyaurova, L. Brzozowski
Projektteam: S. van der Burg, A. Ketting, G. Heerink, J. Slabbynck, R. van de Gevel, M. Marijnissen, R. de Haan
www.mvrdv.com

Bauunternehmen: BAM Bouw en Techniek, Bunnik (NL)

Fassadenplanung: Sorba Projects, Winterswijk (NL)

Landschaftsplanung: MTD Architecten, Den Bosch (NL)

Dacharbeiten: Mastum B.V., De Meern (NL)

Dachbegrünung: Van der Tol, Amsterdam (NL)


Projektarchitektin Fokke Moerel: „Mit dem Dachgarten kompensieren wir einerseits den Flächenverbrauch, andererseits wollten wir aber auch den bestehenden Museumspark weiter fortschreiben.“


Die wurzelfeste EPDM-Bahn bietet langfristig sicheren Untergrund für die intensive Dachbegrünung des Depotgebäudes. Die selbstklebende Bahnenunterseite sorgt in Verbindung mit dem Spezialprimer FG 35 zudem für eine optimale vollständige Haftung auf dem Untergrund.


Robert Uhde

Studium der Kunst und Germanistik in Oldenburg. Erstes Staatsexamen. Ausbildung zum Fachredakteur für Architektur bei der Verlagsgruppe Rudolf Müller in Köln. Seit 1997 freier Autor für Fachzeitschriften und Tageszeitungen. Eigenes Büro in Oldenburg.
www.robert-uhde.de


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