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Zementgebundene Trockenestriche

Nicht nur im Wohnungsbau
Zementgebundene Trockenestriche

Fertigteilestriche aus Gipsfaserplatten werden vor allem bei der Modernisierung von Holzbalkendecken im Wohnungsbau eingesetzt. Die neuerdings entwickelten zementgebundenen Trockenestriche erweitern das Einsatzspektrum durch höhere Belastbarkeit und Unempfindlichkeit gegen Feuchte bis in den gewerblichen Bereich und in öffentliche Nassräume.

Markus Hoeft

Trockenestriche sind eine Alternative zu herkömmlichen Mörtelestrichen auf Zement- oder Calciumsulfat-Basis. Ihr bekanntestes Einsatzgebiet dürfte die Modernisierung von Holzbalkendecken sein. Sie können aber auch auf Massivdecken, im Neubau und selbst bei höheren mechanischen Beanspruchungen im gewerblichen sowie öffentlichen Bereich eingesetzt werden.
Im offiziellen Normendeutsch heißen die Bausysteme heute Fertigteilestriche, weil die begehbare Schicht des Fußbodens aus industriell vorgefertigten Werkstoffplatten hergestellt wird. Die umgangssprachlich benutzte Bezeichnung Trockenestrich ist aber insofern prägnanter, als sie den wesentlichen Vorteil gegenüber klassischem Mörtelestrich herausstellt: Den trockenen Einbau.
Schneller, niedriger, leichter
Mit Fertigteilestrich wird weniger Feuchtigkeit in das Gebäude eingetragen, was ganz allgemein die Konstruktion und speziell eben die besagten Holzbalkendecken schont. Noch wichtiger ist aber oft die faktisch nicht vorhandene Wartezeit auf das Austrocknen. Der Boden ist in wenigen Stunden begehbar, so dass die Räume nur für kurze Zeit durch den Estrichleger blockiert werden. Das beschleunigt den Bauablauf und ermöglicht ein schnelleres Weiterarbeiten für die anderen Gewerke. Auch die Stadien der Belastbarkeit und Belegreife werden deutlich schneller erreicht als bei vielen Mörtelestrichen – meist nach etwa einem Tag. Zudem entfallen die Feuchtigkeitsmessungen, um die Belegreife festzustellen.
Ein weiterer Vorteil von Trockenestrich ist die geringe Aufbauhöhe. Gerade in der Modernisierung sind die Anschlusshöhen für den Fußboden fest vorgegeben und die verfügbaren Raumhöhen nach heutigen Nutzungsvorstellungen oft nur knapp bemessen. Mit Nutzschichtdicken ab 20 mm und Trittschalldämmungen ab 10 mm können relativ kleine Aufbauhöhen ab 30 mm verwirklicht werden. Bei der Verwendung von Gipsfaserplatten haben solche Aufbauten geringe Eigenlasten von unter 30 kg/m², die in der Regel auch von Altbau-Decken getragen werden können.
Zu diesen Höhen und Flächenlasten ist allerdings jeweils noch die Ausgleichsschüttung oder eine Nivelliermasse hinzuzurechnen. Denn Estrichelemente benötigen eine ebene Verlegefläche, die in der Gebäudemodernisierung meist nicht von selbst gegeben ist.
Klassisch mit Gipsfaserplatten
Die klassischen Estrichelemente bestehen aus zwei werkseitig miteinander verklebten Gipsfaserplatten, meist in Dicken von 2 x 10 mm oder 2 x 12,5 mm. Durch den Versatz der Platten wird ein Stufenfalz für die Verklebung und Verschraubung beim Verlegen ausgebildet. Die Elemente können unterseitig mit Mineralfaser- oder Holzfaserdämmplatten als Trittschalldämmung kaschiert sein, typisch sind Dicken von 10 und 20 mm.
Zusätzliche Trittschall- und/oder Wärmedämmplatten lassen sich ergänzen, wenn die Anforderungen an die Zusammendrückbarkeit des Dämmstoffs und seine maximale Dicke in Abhängigkeit von der Belastung beachtet werden.
Der Einsatz von Fertigteilestrich auf Warmwasserfußbodenheizungen ist möglich, wenn sowohl der Hersteller der Heizung als auch der Trockenestrichanbieter diese Anwendung freigegeben haben. Bei Gipsfaserplatten ist jedoch die maximal zulässige Vorlauftemperatur zu beachten, die je nach System im Bereich zwischen 45° und 55° C liegt.
Fußbodenaufbauten mit gipsge- bundenen Platten können in häuslichen Feuchträumen verwendet werden (Klasse A0 nach Merkblatt Verbundabdichtungen), also in Bädern von Wohnungen oder Hotels, sofern der Boden
keinen planmäßig genutzten Bodenablauf hat. Es ist jedoch eine vollflächige Verbundabdichtung erforderlich.
Naturstein- und Keramikbeläge auf Trockenestrich dürfen in vielen Systemen nur Kantenlängen bis 330 mm haben, was die Verlegung der derzeit sehr gefragten großformatigen Fliesen einschränkt. In den Sortimenten von Fermacell und Brio von Knauf Gips können nach Herstellerangaben jedoch auch größere Fliesenformate bis 800 mm bzw. 1 000 mm eingesetzt werden, sofern die in den Unterlagen beschriebenen Randbedingungen eingehalten werden.
Zementgebundene Systeme
Die Anwendungsmöglichkeiten der Trockenestriche sind in den letzten Jahren noch einmal deutlich durch die Einführung zementgebundener Bodenplatten erweitert worden. Produkte sind beispielsweise Powerpanel TE und Powerpanel SE von Fermacell sowie Aquapanel Cement Board Floor von Knauf Perlite.
Powerpanel TE besteht aus zwei 12,5 mm dicken zementgebundenen Leichtbeton-Bauplatten mit Sandwichstruktur mit beidseitiger Armierung aus alkaliresistentem Glasgittergewebe. Die beiden Platten sind um 50 mm versetzt angeordnet, so dass ein Stufenfalz für das Verkleben und Verschrauben bzw. Verklammern entsteht. Der Elementaufbau und die Verarbeitung entsprechen also weitgehend dem von Gipsfaserelementen Bekannten. Zum System gehört ein Bodenablaufsystem für barrierefreie Duschen sowie ein Gefälle-Set als Trockenbaulösung für den bodengleichen Einbau von Linienabläufen in Bädern und Duschen.
Die 20 mm dicke Estrichplatte Powerpanel SE besteht aus einem Basalt-Spezialbeton. Sie ist sowohl für hohe Lasten als auch für feuchte und viele chemische Beanspruchungen geeignet. Die Platten werden in der Regel einlagig verlegt und im stumpfen Stoß mit Epoxidharzkleber verklebt, bei besonders starken Belastungen lässt sich Powerpanel SE auch zweilagig stoßversetzt verkleben.
Aquapanel Cement Board Floor ist ein Trockenestrichelement aus Portlandzement mit Zuschlagstoffen. Die Stirnseiten der 22 mm dicken Platten weisen eine Nut auf und werden mit einem speziellen PU-Nutkleber sowie Flachdübeln in der Nut verklebt. Neben den unkaschierten Elementen gibt es den Typ MF mit unterkaschierter Mineralfaser-Trittschalldämmung und einer Gesamtdicke von 33 mm.
Auch für schweres Gerät
Wie alle Fertigteilestriche bieten auch die zementgebundenen Systeme die Vorteile der trockenen Verlegung, der schnellen Begehbarkeit, Belastbarkeit und Belegreife sowie des niedrigen Aufbaus. Die Flächengewichte liegen etwas höher als bei den gipsgebundenen Platten, können jedoch mit Größenordnungen von 25 bis 49 kg/m² (gegebenenfalls zuzüglich Schüttungen und Dämmstoffe) immer noch auf die meisten Decken aufgebracht werden.
Wesentliche Vorteile bieten zementgebundene Trockenestriche bei der Belastbarkeit und damit den möglichen Einsatzbereichen. So werden zulässige Einzellasten bis 4,0 kN und je nach System zulässige Flächenlasten bis 4 kN/m² oder 5 kN/m² erreicht. Daraus ergeben sich nach Tabelle 6.1 im nationalen Anhang von DIN EN 1991–1–1 (DIN EN 1991–1–1/NA:2010–12) Nutzungskategorien, die mit Gipsfaserplatten gar nicht oder nur mit Zusatzaufwand ausgeführt werden konnten.
Etwa in Versammlungsräumen, Kirchen, Theatern und anderen Flächen mit größeren Personenansammlungen (bis Kategorie C3) oder in Krankenhausfluren, die mit schwerem Gerät befahren werden (B3), sowie im Einzelhandel (bis D2). Aber auch bei weniger beanspruchten Flächen unterhalb der maximal zulässigen Lasten profitiert der Planer von der Sicherheitsreserve bei der Tragfähigkeit zementgebundener Estrichaufbauten.
Trockenbau im Nassen
Dieser Sicherheitsgedanke gilt auch für die Feuchtebeanspruchung des Bodens. Zementgebundene Fertigteilestriche können in häuslichen Feuchträumen eingesetzt werden, auch wenn ein planmäßig genutzter Fußbodenablauf vorhanden ist. Eine Verbundabdichtung ist bei mäßiger Beanspruchung (Klasse A0) nicht vollflächig, sondern lediglich im Fugenbereich erforderlich. Darüber hinaus können zementbasierte Böden anders als gipsbasierte auch in der höheren Beanspruchungsklasse A verwendet werden, also etwa für die Umgänge von Schwimmbädern oder für öffentliche Duschen. Selbst im mäßig feuchtebeanspruchten Außenbereich ist der Einsatz möglich.
Zementgebundene Estriche können außerdem Vorteile beim Einbau auf Fußbodenheizungen bieten, weil Warmwasserheizungen mit höherer Vorlauftemperatur betrieben werden können und die Verwendung auf elektrischen Heizungen ohne Einschränkungen möglich ist. Unter dem Aspekt des energiesparenden Bauens und angesichts des Trends zu Niedertemperaturheizungen sind dies vermutlich eher seltene und sehr spezielle Fälle.
Es sind darum vor allem die höhere Belastbarkeit und die Unempfindlichkeit gegen Feuchte der zementgebundenen Trockenestriche, die dem trockenen Fußbodenaufbau völlig neue Anwendungsbereiche erschließen.
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