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Trockenestrich - Anforderungen, Vorteile, Systeme

Anforderungen, Vorteile, Werkstoffe, Systeme
Nutzen über die Nutzschicht hinaus

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Trockenestrich gilt als typische Sanierungsbauweise, lässt sich aber auch im Neubau einsetzen. Mit einer gezielten Systemauswahl und Schichtenplanung können zusätzliche Funktionen wie Niveauausgleich, Fußbodenheizungen oder Trittschallschutz in den Bodenaufbau integriert werden.

Anforderung:

Schneller, leichter und/oder niedriger Fußbodenaufbau mit spezifischen Zusatz- und Schutzfunktionen

Lösung:

Fertigteilestrich mit gips- oder zementgebundenen Platten


Markus Hoeft

Im ursprünglichen Sinn ist Estrich die unmittelbar nutzbare Schicht eines Fußbodens, die als oberste begehbare – und historisch nicht selten auch direkt begangene – Oberfläche eingebaut wurde. Diese Erklärung gilt zwar im Grundsatz bis heute, muss aber inzwischen als reichlich unvollständig angesehen werden. So wird – abgesehen vom Spezialfall der Designböden – heute kaum ein Estrich direkt begangen, sondern i.d.R. mit einem Fußbodenbelag abgedeckt.

Multiple Anforderungen

Aber auch darüber hinaus geht es bei modernem Estrich nicht allein um die unmittelbare Nutzbarkeit, weil dem Fußbodenaufbau heute eine Vielzahl weiterer Funktionen und Qualitäten abverlangt werden. So muss der Fußboden etwa Anforderungen an den Schall- oder Brandschutz erfüllen, eine Heizung aufnehmen oder Feuchtigkeitsbeanspruchungen in Nassräumen widerstehen. Weitere Funktionen können der Höhenausgleich des Rohbodens, die Aufnahme hoher Lasten oder anspruchsvolle Fußbodenbeläge wie großformatige Fliesen oder verklebtes Parkett sein.

Aus dem Estrich als Nutzschicht im engeren Wortsinn wird mit solchen Zusatzfunktionen ein mehrschichtiger Fußbodenaufbau, der nur im Systemzusammenhang beurteilt und geplant werden kann. Dies gilt für klassischen Mörtelestrich ebenso wie für Trockenestrich, bei dem die Nutzschicht aus plattenförmigen Materialien besteht, weshalb auch von Platten- oder Fertigteilestrich gesprochen wird. Etwas zugespitzt formuliert können alle modernen Anforderungen an einen Fußboden auch mit Trockenestrich realisiert werden. Aber nicht alles geht mit jedem Aufbau, weshalb die Systemauswahl stets auf die jeweilige Funktionalität abgestimmt werden muss.

Eine Besonderheit dabei ist, dass Trockenestrich keiner normativen Regelung unterliegt. DIN 18560 Estriche im Bauwesen gilt allein für Estrichmörtel und Estrichmassen. Das Fehlen einer Norm kann aber auch als Vorteil aufgefasst werden, weil die Anbieter der Plattenmaterialien dies mit teilweise sehr ausführlichen Planungs- und Anwendungsunterlagen kompensieren. Mit der Genauigkeit dieser Unterlagen und ihren Aussagen zu den möglichen Schichtaufbauten, ihrer Belastbarkeit und dem damit zum Beispiel zu erreichenden Trittschallschutz hat der Planer zugleich einen Eindruck von der Qualität des jeweiligen Angebots.

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Die zwei Seiten der Decke

Vorteile von Trockenestrich

Der wichtigste Vorteil von Trockenestrich ist die schon im Namen zum Ausdruck kommende trockene Bauweise. Die Platten werden untereinander lediglich verklebt und verschraubt, jedoch ohne die Feuchtigkeit einer Mörtelschicht eingebaut. Gerade in der Sanierung schont dies die Bausubstanz im Allgemeinen und ggf. vorhandene Holzbalkendecken im Speziellen. Gleichzeitig entfällt die Wartezeit auf das Austrocknen, der Boden ist in wenigen Stunden begehbar und meist nach etwa einem Tag belastbar und belegreif. Feuchtigkeitsmessungen zur Feststellung der Belegreife entfallen. Die Räume sind nur kurze Zeit für den Estricheinbau blockiert, der weitere Innenausbau kann unmittelbar anschließen.

Plattenestriche zeichnen sich durch niedrige Bauhöhen aus, die bei etwa 20 mm beginnen – zumindest, sofern keine zusätzlichen Anforderungen an den Trittschallschutz oder andere Funktionen zu erfüllen sind. Damit können geringe Raumhöhen in der Altbaumodernisierung oder Probleme bei den Anschlusshöhen zu vorhandenen Türen relativ gut beherrscht werden. Mit den geringen Schichthöhen geht ein ebenso geringes Flächengewicht einher, das gerade bei historischen Konstruktionen größere zusätzliche Belastungen durch den neuen Fußbodenaufbau vermeidet.

Die Vorteile der kleinen Eigenlasten und Aufbauhöhen werden etwas relativiert, weil Plattenestriche einen ebenen Untergrund benötigen. Wenn der Rohboden dies nicht von vornherein bietet, wird eine Schicht für den Höhenausgleich benötigt, die aber in vielen Fällen für horizontale Installationsleitungen im Boden nutzbar ist und damit keine „verlorene“ Höhe sein muss.

Die klassische Lösung für den Niveauausgleich bei Fertigteilestrich ist die Trockenschüttung, die praktisch in jedem Systemangebot zu finden ist und meist Höhen zwischen 10 und 100 mm abdeckt. Für geringere Ausgleichshöhen in der Größenordnung von 0 bis 20 mm bieten sich Nivellier- oder Bodenspachtelmassen an.

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Rohdecken mit mehr Sicherheit

Gips- oder zementgebundene Platten

Sehr einfache Trockenestriche lassen sich mit verschiedenen Holzwerkstoffplatten ausführen. Für anspruchsvollere Fußböden und/oder höhere Lasten werden vor allem gips- oder zementgebundene Platten eingesetzt. Gipsfaserplatten gibt es z.B. in den Sortimenten von Fermacell, Knauf („Brio“), Rigips („Rigidur“) oder Lindner („Norit“). Siniat bietet darüber hinaus die besonders harte holzfaserverstärkte Gipsplatte „LaPlura“ (GKFI nach DIN 18180 bzw. DEFH1IR nach DIN EN 520) für den Fußboden an.

Zementgebundene Trockenestriche, etwa „Powerpanel TE“ (Fermacell), „Aquapanel Cement Board Floor“ (Knauf Aquapanel) oder „Hydropanel“ (Siniat), erweitern den Einsatzbereich auch auf öffentliche oder gewerbliche Feuchträume, denn sie können mit einer entsprechenden Abdichtung auch in den hohen bzw. sehr hohen Wassereinwirkungsklassen W2-I und W3-I nach DIN 18534 angewendet werden. Dazu gehören Bereiche, die häufig oder sogar langanhaltend und anstauend Spritz- oder Brauchwasser ausgesetzt sind.

Zementgebundener Plattenestrich kann also den Einbau in Feuchträumen vereinfachen oder überhaupt erst ermöglichen. Allerdings sollte das Einsatzspektrum der gipsbasierten Platten nicht unterschätzt werden. Auch sie sind für häusliche Bäder und Küchen, in denen die Böden nur gering bis mäßig beansprucht sind (W0-I und W1-I nach DIN 18534), zulässig, benötigen bei W1-I jedoch eine Abdichtung.

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Für Nässe geeignet

Trockenestrich-Systemergänzungen

Neben den reinen Estrichplatten gibt es bereits werkseitig mit einer Trittschalldämmung kaschierte Estrichelemente, zur Auswahl stehen meist Polystyrol, Mineralfasern oder Holzweichfasern. Bei Bedarf können weitere Lagen Trittschall- oder Wärmedämmung unter dem Estrich eingeplant werden. Es sind dann jedoch gemäß den Herstellerunterlagen bestimmte Qualitäten des Dämmstoffs (z. B. hinsichtlich der Stauchung) und ggf. auch Einschränkungen in der Belastbarkeit zu beachten.

Trockenestrich ist für den Einsatz auf Fußbodenheizungen geeignet, teilweise werden hierfür spezielle Systemlösungen angeboten. Im Vergleich zu Mörtelestrich muss in trockener Bauweise weniger Masse aufgeheizt werden, was zu einer geringeren Trägheit der Heizung und damit einer schnelleren Erwärmung beiträgt. Bevorzugt werden Heizungselemente mit trocken einzulegenden Heizungsrohren verwendet, die ihre Wärme über Wärmeleitbleche an die Bodenplatte abgeben. Der Anbieter der Fußbodenheizung muss den Einsatz unter Trockenestrich ausdrücklich für sein Produkt zulassen.

Eine andere Form der Systemergänzung – in diesem Fall für Bäder – stellt das zementgebundene Estrich-Element von Fermacell samt Duschablauf und Abdichtungsset dar, mit dem sich niveaugleiche Duschen in trockener Bauweise ausführen lassen.

Eine gerade in der Altbausanierung sehr spannende Systemerweiterung ist Knauf Integral gelungen. Während konventioneller Trockenestrich stets einen vollflächig tragenden Untergrund benötigt, können die im Nasswickelverfahren hergestellten Gipsfaserplatten „GIFAfloor Presto“ freitragend direkt auf den Deckenbalken verlegt werden. Durch das Verkleben der Nut- und Feder-Kanten entsteht ein stabiler Boden, der freie („schwebende“) Stöße zwischen der Balkenlage erlaubt. Je nach Balkenabstand werden Platten mit 25 oder 32 mm Dicke einlagig verwendet, bei Spannweiten von 1 000 bis 1 200 mm ist eine zusätzliche Lage erforderlich (Gesamtdicke dann 50 mm). Die Balkenlage ist vorab bauseits zu nivellieren und mit Auflagedämmstreifen gegen den Trittschall zu versehen.

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So trocken wie möglich

Wahlfreiheit beim Bodenbelag

Neben dem Systemgedanken hat die Branche in den letzten Jahren an der vollen Wahlfreiheit beim Bodenbelag gearbeitet. Textile Beläge, schwimmend verlegtes Laminat oder Parkett sowie Fliesenformate bis ca. 330 mm Kantenlänge sind in der Regel problemlos einsetzbar. Besondere Aufmerksamkeit verlangen vor allem verklebtes Massivholz-Parkett und großformatige Fliesen. Wenn diese hochwertigen Oberflächen geplant sind, sollten vorab die Verarbeitungsrichtlinien geprüft oder Rücksprache mit dem Hersteller gehalten werden. Dann lassen sich zum Beispiel spezielle Systemaufbauten des Trockenestrichs finden, die auch für Fliesen mit Kantenlängen bis in Größenordnungen von 1 m geeignet sind.

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Nutzlasten über den Wohnungsbau hinaus

Die Tragschicht von Trockenestrich und ihre Kombination mit Schüttungen und Trittschalldämmstoffen wird nach Anwendungsbereichen in Anlehnung an die Kategorien in DIN EN 1991–1/NA, Tabelle 6.1DE Lotrechte Nutzlasten geplant.

Trockenestrich mit gipsbasierten Platten erreicht in den meisten Sortimenten zulässige Flächenlasten von 5,0 kN/m² bei zulässigen Einzellasten von 4,0 kN, was etwa Konzertsälen, Eingangsbereichen oder anderen Flächen mit großen Menschenansammlungen (C5) sowie Geschäften oder Warenhäusern (D2) entspricht.

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Feuchtigkeitsbelastung

Häusliche Küchen und Bäder: Gipsbasierte Fertigteilestriche sind als Untergrund bei den Wassereinwirkungsklassen W0-I und W1-I nach DIN 18534 geeignet (W1-I mit Abdichtung).

Öffentliche oder gewerbliche Feuchträume: Zementgebundene Fertigteilestriche können mit Abdichtung auch in den Wassereinwirkungsklassen W2-I und W3-I nach DIN 18534 angewendet werden.

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