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Pauken mit Durchblick

Erweiterung eines Gymnasiums in Leinfelden-Echterdingen
Pauken mit Durchblick

Außen Aluminium, innen Sichtbeton: Die Erweiterung des Phillip-Matthäus-Hahn Gymnasiums in Leinfelden-Echterdingen zeigt eine Fassade aus Aluminium, die Passivhausanforderungen genügt. Im Innern schaffen Sichtbetonflächen eine ruhige, kultivierte Atmosphäre. Mit ihrem Projekt bieten die ortsansässigen Architekten Schädler & Zwerger den Schülern der Oberstufe Architektur vom Feinsten und machen Lust auf Lernen.

Susanne Ehrlinger, Berlin

Die präzise Fassade, die hochwertigen Sichtbetonflächen, das genau abgestimmte Interieur und das ungezwungene Miteinander im Erweiterungsbau des Philipp-Matthäus-Hahn (PMH) Gymnasiums hätten den Namensgeber sicher erfreut: Als Philipp Matthäus Hahn, Sohn eines evangelischen Pfarrers und zuletzt selbst Pfarrer in Echterdingen anno 1751 die Lateinschule in Esslingen besuchte, war Lernen fern der Heimat mit Ängsten und beengten Räumen verbunden. Gleichwohl schaffte es Hahn zum Geistlichen und Ingenieur, entwickelte Mikroskope, Monduhren, Teleskope und entwarf sogar eine Rechenmaschine. Heute bietet das gleichnamige Gymnasium einen Schüleraustausch mit Indien und überhaupt ähnelt der Besuch der Oberstufe, zumindest räumlich gesehen, nun eher dem Aufenthalt in einem modernen Think-Tank als dem Besuch einer überkommenen Lehranstalt.
Durchdacht erweitert
In der Metropolregion um den Großraum Stuttgart wächst die Bevölkerung nach wie vor. Um auf die zunehmenden Schülerzahlen aus den Nachbargemeinden zu reagieren, sprach sich der Gemeinderat für eine Erweiterung der vorhandenen Gymnasien aus. So planten die Architekten Schädler & Zwerger Architektengesellschaft aus Leinfelden-Echterdingen auf dem eher beengten Grundstück des PMH-Gymnasiums, dem ehemaligen Lehrerparkplatz zwischen Altbau und neuer Sport- und Schwimmhalle, einen Anbau, der sieben Klassen für die Oberstufe fasst. Erschlossen wird der Neubau direkt von der zentralen Verkehrsfläche des Bestandsgebäudes über eine 14 m lange, dreiseitig verglaste Verbindungsbrücke. Der von schlanken, v-förmigen Betonstützen getragene transparente Steg führt über eine Treppe direkt zum knapp 3 m breiten, t-förmigen Flur der Erweiterung. Tageslicht fällt von drei Seiten ein, jeweils von den mit Glastüren versehenen Enden des Flurs. Auch Oberlichter und Lichtkuppeln sowie die Verlängerung des gläsernen Stegdaches bis in den Flur sorgen für eine lichtdurchflutete und offene Atmosphäre im Innern.
Nach Vorstellung der Architekten ist der Appendix kein bloßer Anhang, vielmehr ein charaktervoller Bau mit eigenem Profil. „Unser Neubau sollte sich neben dem Schuhschachtel-Konglomerat mit durchaus inneren Qualitäten der 1970er Jahre souverän behaupten“, erläutert Architekt Michael Zwerger.
Entstanden ist ein eigenständiger Solitär, der zwischen dem Bestand mit einer zeitbezogenen Betonfassade und dem Turnhallenbau mit einer Fassade aus naturbelassenem Lärchenholz vermittelt.
Gestaltungselement Metallfassade
Schädler & Zwerger wählten für den kompakten, rechteckigen Neubau eine vorgehängte hinterlüftete Fassade mit einer Bekleidung aus Aluminiumstrangpressprofilen (Küffner), die in eloxierter Ausführung sehr monolithisch und werthaltig wirkt. Sie präferierten keine ganz homogene Gestaltung, vielmehr bevorzugten sie in Anlehnung an die Brettstruktur im Sichtbeton des Altbaus und die Holzfassade des Nachbargebäudes eine lineare Binnengliederung der Aluminiumelemente. Die unterschiedliche Anordnung der Paneel-Stöße und die leicht variierenden Metalltöne der silberfarbigen Aluminiumoberfläche fördern eine lebendige Fassadenansicht, insbesondere durch die Lichtreflexionen bei unterschiedlicher Witterung und Tageszeit. Gleichwohl besticht die Fassade durch absolut plane Flächen, da die Nut-und Feder-Aluminiumpaneele mittels Pressfugen dicht an dicht liegen.
Energetisch wird der Neubau über die Heizungsanlage des Bestands versorgt. Allein um diese nicht zu überlasten und auch einer städtischen Vorgabe folgend, waren Anforderungen an ein Passivhaus gefordert. Man erfüllte dies durch eine spezielle Fassadenunterkonstruktion aus Brettsperrholz-Dämmständer (Upsi F-360 von Lignotrend) in Verbindung mit einer Einblasdämmung (Isofloc). Die Paneele aus Aluminium konnten daran wärmebrückenfrei montiert werden. Um die kubische Wirkung zu unterstützen, verzichteten die Architekten auf Überstände etwa an den Fenstersimsen und der Attika. So wirken die Fenster und Eingänge wie aus dem Vollen geschnitten. Die flächige Erscheinung der Fassade kam der Planung entgegen. Zur besseren Lichtausbeute wurden die Laibungen an den Fenstern durch eine Schrägausbildung betont.
Beton für Konstruktion und Gestaltung
Gegründet auf Bohrpfählen und konstruiert als Stahlbetonbau in Skelettbauweise, blieb auch Beton als ausdrucksvoller Werkstoff sichtbar. Mit präsenter Materialität setzt sich so der wertige Eindruck des kleinen Schulbaus auch im Innern fort. Vor allem die Flurwände und die im Mittel über 7 x 8 m gespannten Stahlbetondecken in den Klassenräumen wirken durch ihre klaren Sichtbetonoberflächen. An den von oben belichteten Flurwänden, die auch zur Aussteifung des Gebäudes dienen, erscheinen diese glatten Flächen nicht nur elegant, sie überzeugen auch durch nahezu unverwüstliche Oberflächen.
Die gesamte Konstruktion wurde vor Ort mit Transportbeton (Wenzelburger Transportbetonwerk) ausgeführt. „Zieht man die Ausfallzeiten wegen schlechtem Wetter im Januar ab, haben wir den Rohbau in drei Monaten erstellt“, berichtet Michael Westpfahl, Fachbauleiter des ausführenden Bauunternehmens Gottlob Brodbeck aus Metzingen. Die Arbeitsfugen wurden genau mit den Planern und dem Statiker abgestimmt. Sie entsprechen auch den jeweiligen Betonierabschnitten. Für die glatten, porenfreien und geschosshohen Sichtbetonwände ohne horizontale Fugen wurde die Trägerschalung zusätzlich mit 4 m hohen, glatten Schaltafeln belegt. Schädler & Zwerger gaben auch die genaue Anordnung der Spannanker vor.
Beton für Konstruktion und authentischen Ausbau, Alu- minium für die elegante Gebäudehülle: Bei der Erweiterung des PMH-Gymnasiums spielten die Architekten Schädler & Zwerger die Klaviatur beider Werkstoffe auf bemerkenswerte Weise.
Architekturbüro: Schädler & Zwerger Architekten GmbH, Leinfelden-Echterdingen Bauleitung: g+o architekten gmbh, Guggenberger + Ott Architekten GmbH, Leinfelden-Echterdingen
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