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Lebensraum Schule

Neukonzeption von Mensa und Cafeteria für eine Schule in München
Lebensraum Schule

Weil die Anforderungen durch die neue G8-Regelung, also Gymnasialabschluss in acht statt in neun Jahren Schulzeit, gestiegen sind und ein Ganztagsschulkonzept umgesetzt wurde, veränderten sich die Anforderungen an die Räume des Luisengymnasiums in München. Deshalb wurden nach den Plänen von Bodensteiner Fest Architekten eine neue Mensa und eine Cafeteria geschaffen, die den ästhetisch-gestalterischen Vergleich mit kommerzieller Gastronomie nicht scheuen müssen.

Marc Nagel

Die Anforderungen an eine Schule werden immer komplexer. Waren früher einfache Wissensvermittlung und Halbtags-Betreuung an der Tagesordnung, so sind es heute umfassende und interaktive Lernformen, intensivere Wissensvermittlung und vor allem ein ganztägiges Konzept, die den Schulalltag prägen und in Zukunft prägen sollen. Aus diesem Grund müssen immer mehr Schulgebäude um- und ausgebaut werden, genügen die räumlichen Gegebenheiten doch selten den neuen Anforderungen. Sozialräume für die Schüler, Aufenthaltszonen für unterrichtsfreie Zeiten und vor allem Mensen zur mittäglichen Essenversorgung gehören heute zum Raumprogramm einer Schule. Auch im Luisengymnasium in München wurde ein neues räumliches Angebot nötig, weil G8-Regelung und Ganztagsschule dies erforderlich machten. Zudem, weil das Gymnasium mitten in der Münchner Innenstadt liegt und den Schülern mit einer funktionierenden Mensa und einem attraktiven Aufenthaltsbereich Alternativen zu den umliegenden Verlockungen am Bahnhof oder in der Innenstadt geboten werden sollte.
Städtebaulich liegt das Gymnasiums-Gebäude, das nach den Plänen von Theodor Fischer erbaut und 1901 als Mädchenschule eröffnet wurde, an einer urbanen Nahtstelle zwischen Bahnhofsgebiet, Altem Botanischen Garten und Königsplatz mit den nahen Museen und Galerien. Die attraktive Umgebung durch Parkanlagen, Kultureinrichtungen sowie Universitätsgebäude passt dabei gut zur herrschaftlichen Erscheinung des Theodor Fischer-Baus, der an der Luisenstraße liegt und durch einen Neubau aus den 1980er Jahren zur Elisenstraße hin abgeschlossen wird. Das Hauptgebäude, ein typischer, mit historistischen Zügen versehener Bau Fischers, beherbergt die Mensa, die nach den Plänen von Bodensteiner Fest Architekten umgestaltet wurde, während die Cafeteria im Neubau ihren Standort findet.
Die Mensa liegt dabei teilweise in den Räumen der benachbarten Berufsbildungsschule und befindet sich im Untergeschoss des historischen Gebäudes. Sie erhält ihr natürliches Licht von zwei großen Lichthöfen, an denen sich die Ausrichtung der Mensa orientiert.
Mensa für gesicherte Essensversorgung
Gerade im Konzept einer Ganztagsschule ist es ein tragendes Element, dass die Schüler in der Mittagspause sowie in anderen Pausen die Möglichkeit haben, etwas zu essen oder sich aufzuhalten, ohne das Schulgebäude verlassen zu müssen – Lebensraum Schule statt Schulraum ohne Leben. Aus diesem Grund war es unbedingt notwendig, neben einem reinen Ort für Essensausgabe und -aufnahme auch eine hohe Aufenthaltsqualität in der Mensa zu schaffen. Ziel sollte es sein, den Schülern einen Grund zu bieten, nicht in die benachbarte Innenstadt und an den Bahnhof zu gehen, um dort an Imbissbuden und bei Schnellrestaurants zu essen, sondern ein günstiges und ausgewogenes Essen in der Schule als Alternative vorzufinden.
Baulich wurde die Mensa als ein heller und offener Bereich konzipiert, der vor allem über große Fenster genügend Tageslicht erhält und den Raum ausleuchtet. Dieses Tageslicht wird von einer hellblau gestrichenen Wand reflektiert, die das Licht in blauem Schimmer in den Raum zurückwirft und so eine angenehme Stimmung erzeugt. Die dabei verwendete Farbe Herbol Zenith von Azko Nobel dominiert nicht den Raum, sondern begleitet ihn mit sanftem Farbton. Auch die Freilegung eines zugemauerten Rundbogens als zusätzliche Maßnahme zur Tageslichtversorgung ergänzt das natürliche Beleuchtungskonzept.
Zudem wurden die Zugangstüren als T30-Brandschutztüren in Glas ausgeführt. Sie stammen von Schörghuber und befinden sich in T30/F30-Stahl-/Glasrahmen von MBB Systeme. So konnte die Belichtung zusätzlich unterstützt werden, ohne den Brandschutz zu vernachlässigen. Neben diesen Maßnahmen wurde die Mensa mit einem hellen Linoleum-Boden der Firma Forbo ausgelegt, der ebenso für eine ausreichende Lichtreflexion sorgt wie die weiß gehaltenen Wände.
Aufenthaltsbereich für Pausen
Doch eine ansprechende Mensa mit gutem Essen genügt nicht alleine, um die Schüler auch in den anderen Pausen in den Räumen der Schule zu halten. Anders als früher, als man noch bedacht war, die Schüler nach dem Unterricht aus den Schulräumen zu verbannen, steht es heute nämlich im Zielkatalog der Schule, die Räume auch zu Lebensräumen zu machen. Da die Architekten von Bodensteiner Fest ebenfalls dieses Ziel verfolgen, wandelte man ehemalige Ladeneinheiten, die sich im Neubau befanden und an der Elisenstraße liegen, zu einer attraktiven Cafeteria um. Durch die Verbindung zur Schule entstand so ein zusätzliches Aufenthaltsangebot an die Schüler und ein weiterer Baustein im „Lebensraum Schule“. Dass die Cafeteria dabei nicht trister, grauer Zweckort wurde, ist dem Gestaltungskonzept der Innenräume zu verdanken.
Es überzeugt mit einer modernen Ausstattung und hochwertigen Elementen, die durchaus einem kommerziellen Café oder einer Bar Konkurrenz machen können. So wurden die Wände vom Putz befreit und bis auf den Beton durch den Einsatz eines Sandstrahlers abgetragen und anschließend lasiert. Der Sandstrahler wurde dabei mit einer Korngröße von 0,3 bis 0,8 verwendet, um nur den Putz und nicht den darunter liegenden Beton anzugreifen. Damit wurde eine Sichtbeton-Oberfläche erzeugt, die die Modernität des Raums ebenso unterstreicht, wie die dunkle Decke mit dem aus Rohrleuchten RL von Waldmann bestehendem Lichtteppich. Bei den eingesetzten Leuchtmitteln handelt es sich dabei um dimmbare Leuchtstoffröhren. Gerade bei den Leuchten erkennt man das Konzept, Räume für Schüler zu schaffen, in denen diese sich wohl fühlen. So können die Schüler den Raum in seiner Helligkeit je nach Tages- und Jahreszeit anpassen und über einen Dimmer die Leuchtstoffröhren und deren Intensität selbst bestimmen. Zudem bietet ein Leuchtteppich gegenüber Punktleuchten den Vorteil eine gesamte Lichtstimmung zu erzeugen, was in der Cafeteria des Luisengymnasiums sehr gut gelungen ist.
Die Decke, ehemals eine abgehängte Decke, wurde vor der Installation der Leuchten komplett überarbeitet. Aus diesem Grund ließen die Architekten alle Installationen wie Rohre und Leitungen neu ordnen und die Elektroleitungen in die Akustikdecke aus Holzwolleleichtplatten von Heraklith/Knauf integrieren. Außerdem wurde, als weitere Maßnahme, die Decke sowie die Rohre mit einem schwarzen Anstrich versehen, was die Installationen optisch in den Hintergrund treten lässt und in seinem dunklen Farbton mit dem Boden korrespondiert. Dieser ist als hochwertiges und strapazierfähiges Industrieparkett in Nuss ausgeführt und verleiht dem Raum eine moderne und elegante Note, die in schönem Kontrast zu den Betonwänden und der hellen Möblierung steht.
Diese Möblierung ergänzt die Cafeteria mit einer Mischung aus drei Komponenten: Massive Ahorn-Tische und -Bänke, Lounge-Möbel und eine Theke entlang einer verglasten Front. Die gesamte Möblierung der Cafeteria wurde eigens für das Projekt im Luisengymnasium entworfen und von der Schreinerei Sontheimer aus Warmisried angefertigt. Um die Lounge-Möbel bequemer zu machen und sie als Ort der Entspannung anzubieten, erhielten diese zusätzlich noch eine Polsterung und einen Überzug mit rotem Stoff von Kvadrat. Gerade dieser Farbton rundet das Farbkonzept des Raums harmonisch ab.
Kontrast zur Lernatmosphäre
Mit all diesen Maßnahmen und Gestaltungselementen gelang es den Architekten des Projekts, die Aufenthaltsräume als Kontrast zu den Lern- und Arbeitsräumen zu gestalten und somit auch Orte der Entspannung, der Kommunikation unter den Schülern und des Abstands zu Leistung und Lernen zu bieten. Dabei ließen sich die Architekten auch kleine Details einfallen, die der Nutzung und der Förderung der Kommunikation dienen. Statt die üblichen Schwarzen Bretter als Pinnwände zu realisieren, wurden Rohstahlplatten an den Stützen in der Cafeteria angebracht, an die mit Magneten Nachrichten geheftet werden können. Damit die vorhandenen Magnete an Ort und Stelle verbleiben, wurden sie an Stahlseilen aufgefädelt.
Zusätzlich dient eine Glasfront der Vernetzung mit dem Außenraum. Sie entstand, weil ehemals geschlossene Fassadenelemente der bisherigen Ladeneinheiten gegen Gläser ausgetauscht wurden. So werden Blickbeziehungen zu und die passive Teilhabe an den täglichen Szenen auf der Straße möglich; die Theken entlang der Glasfront erzeugen die Atmosphäre eines echten Straßencafés.
Sogar bei der Abgrenzung zur vorhandenen Pausenhalle wurde nichts dem Zufall überlassen. Um die Cafeteria von Zugluft abzuschirmen, trennten die Planer die Erschließung zum Untergeschoss sowie zur Halle mit einer Türanlage und einer Wand aus Profilgläsern. So konnte auch die Treppenanlage zum Untergeschoss nahezu unangetastet bleiben und dient als Fluchtweg, der durch eine Sonderkonstruktion einer im Treppenauge hängenden Brandwand in Leichtbauweise gesichert wurde.
Gelungenes Gesamtkonzept
Nimmt man die selbst gestellten Ansprüche der Architekten und die Bauaufgabe zur Schaffung einer neuen Aufenthaltsqualität am Luisengymnasium in München und legt diese als Maßstab an, dann kann man dem Konzept und der Umsetzung bescheinigen, gelungen zu sein. Sowohl Mensa als auch Cafeteria wirken durchdacht, einladend und regen zum längeren Aufenthalt an. So ist es Bodensteiner Fest gelungen, innerhalb einer Schule Orte zu schaffen, die nicht nur ein Gegenangebot zu den Möglichkeiten der nahen Innenstadt und am Bahnhof darstellen, sondern die auch den Vergleich mit der kommerziellen Konkurrenz, zumindest in Sache Gestaltung, nicht scheuen müssen. Dermaßen ausgestattet, werden auch andere Schulen das Konzept der Ganztagsschule erfolgreich verwirklichen können, da den Schülern mehr geboten wird als nur ein Raum zum Lernen. Oder wie Christian Bodensteiner als Architekt es ausdrückt: „Ein Beispiel, wie Schule zum Lebensraum Schule werden kann“.
Christian Bodensteiner: „Das architektonische Konzept ist unlösbar mit unseren pädagogischen Vorstellungen und unseren Gedanken, wie Schule zum „Lebensraum Schule“ werden kann, verknüpft … Von der anspruchsvollen Gestaltung und der Ästhetik der entwickelten Details versprechen wir uns die Schulung des Bewusstseins für Gestaltqualität und einen sorgsamen Umgang mit dem Gebäude.“
Architekturbüro: bodensteiner fest Architekten, München
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