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Hörsamkeit ohne Hall

Akustikdecken
Hörsamkeit ohne Hall

Markus Hoeft

Wenn am Boden und den Wänden überwiegend schallharte Materialien zum Einsatz kommen, sollte an der Decke der Einsatz einer schallweichen Akustikdecke geprüft werden.
Die Systeme verbessern die Verständlichkeit von Sprache oder Musik im Raum und reduzieren störende Nebengeräusche oder Verzerrungen.
Der Planer hat die gleiche gestalterische Freiheit wie bei anderen Unterdecken.
Mehr als nur horizontale Raumteilung
Ursprünglich dürften die abgehängten leichten Unterdecken vor allem zur Reduzierung der Raumhöhe sowie zur optisch unauffälligen Verlegung von Rohren und Leitungen entwickelt worden sein.
Inzwischen leisten die Bauteile aber deutlich mehr als nur die horizontale Raumteilung, was sich auch in der Vielfalt der Bezeichnungen ausdrückt: Neben Installationsdecken gibt es Licht-, Brandschutz-, Kühl- oder Akustikdecken.
Weitere Funktionen der Unterdecke können der Schallschutz oder die Lüftung sein. Sowie natürlich die Innenarchitektur, denn der Planer wird beim Einsatz einer Unterdecke stets auch die Raumgestaltung mittels der Deckenuntersicht im Auge haben.
Raumakustik mit überarbeiteter Norm
Die Begriffe und Funktionen der leichten abgehängten Unterdecken sind kaum scharf voneinander zu trennen, weil nie eine Anforderung allein auftritt und demzufolge immer mehrere Randbedingungen bei der Systemauswahl zu beachten sind. Trotzdem haben sich die Akustikdecken zu einem relativ eigenständigen Segment innerhalb der Deckensortimente der Hersteller entwickelt, denn sie lösen ein spezielles und eben eigenständiges Problem: Durch gezielte Beeinflussung der Schallreflexion und Schallabsorption soll eine der Raumfunktion angemessene und dem Menschen angenehme akustische Atmosphäre entstehen.
Man könnte umgangssprachlich von einer klaren Hörbarkeit der erwünschten Sprech- und Musikgeräusche sowie einer guten Unterdrückung der unerwünschten Neben- und Störgeräusche sprechen.
Die DIN 18041 prägt für diese Eigenschaften den – sprachlich vielleicht nicht unbedingt glücklichen – Begriff der Hörsamkeit. Die Norm wurde jüngst überarbeitet und gilt derzeit in der Fassung: DIN 18041, Ausgabe 2004–05, Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen.
Absorption und Reflexion
Akustikdecken haben an Bedeutung gewonnen, weil an den Wänden und auf dem Fußboden in der derzeitigen Innenarchitektur vor allem schallharte Materialien sehr beliebt sind. Die glatten Oberflächen etwa von Glas, Metall oder poliertem Naturstein reflektieren den Schall stark. Dies muss oft mit einer schallweichen, also vor allem absorbierenden Decke kompensiert werden.
In historischen Bauten wurde diese Funktion beispielsweise von Holzvertäfelungen, textilen Wandbespannungen und Bodenbelägen oder auch von opulenten Stuckstrukturen wahrgenommen.
Es geht also heutzutage bei Akustikdecken hauptsächlich um Schallabsorption, auf die sich dieser Artikel konzentriert.
Speziell in Unterrichts-, Vortrags-, Konzert- und ähnlichen Räumen können aber auch bestimmte reflektierende Deckenabschnitte erforderlich sein, damit die Rede- oder Musikbeiträge tatsächlich im ganzen Raum zu hören sind (siehe Kastentext „Hintergrund Raumakustik”).
Die Hersteller haben auf diese eventuell auftretende Doppelanforderung reagiert und bieten Deckensysteme an, bei denen sich die schallharten und die schallweichen Oberflächen optisch nicht voneinander unterscheiden. Jeder Raumbereich kann dadurch akustisch optimiert werden, der Raum als Ganzes jedoch seine gestalterische Einheit behalten.
Offene und geschlossene Decken
Akustikdecken müssen keine geschlossene Untersicht bilden.
Offene Systeme bieten sich beispielsweise an, wenn der Luftraum über der Decke mit in die Raumklimatisierung einbezogen werden soll, etwa in großen Hallen mit viel Publikumsverkehr (Messe, Sport, Bahnhöfe).
Die Decke lässt sich in diesen Fällen mit so genannten Baffeln optisch sogar komplett auflösen. Dabei handelt es sich um an der Decke hängende Einzelkörper mit schallabsorbierender Wirkung.
Für Büro-, Geschäfts- und Unterrichtsräume dürfte aber die geschlossene Decke die Regel sein, weil die Installationen im darüberliegenden Deckenhohlraum dann nicht sichtbar sind.
Der Aufbau der geschlossenen Akustikdecken entspricht im Grundsatz dem aller anderen Unterdecken. In der Rohdecke werden Abhänger verankert, die eine Unterkonstruktion und als raumseitigen Abschluss die Decklage (= Bekleidung) tragen. Bei einigen Systemen ist auch eine Direktmontage an der tragenden Decke ohne Abhänger möglich.
Die raumakustische Qualität wird in erster Linie vom Material der Bekleidung sowie der eventuell vorhandenen Deckenauflage bestimmt. Beide sollen ein möglichst hohes Maß an Schallenergie absorbieren können, was mit dem Schallabsorptionsgrad a ausgedrückt wird. a = 1 (oder 100 %) bezeichnet die totale Schallabsorption, a = 0 die vollständige Schallreflexion.
Das absolute Verschlucken oder Zurückwerfen des Schalls stellt jedoch eher einen theoretischen Fall dar. In der Praxis sind hauptsächlich die Zwischenwerte relevant, die in den meisten Sortimenten über verschiedene Decklagenqualitäten gezielt beeinflusst werden können.
Materialien und Produkte
Die Absorption des Schalls gelingt vor allem mit porigen oder perforierten Strukturen.
Geeignete Materialien sind beispielsweise Holz, Mineral- oder Holzwolle sowie Blähglasgranulat, außerdem gelochte oder geschlitzte Platten aus Metall oder Gips. Im folgenden soll ein kurzer Überblick zu den verschiedenen Materialien und ihren Herstellern gegeben werden, der aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:
Decklagen aus den klassischen Dämmstoffen Holzwolle oder Mineralwolle können sehr feine und ästhetische Oberflächen zeigen, die je nach den Anforderungen der Gestaltung und der Lichtreflexion optional eingefärbt oder auch beschichtet werden. Sortimente sind beispielsweise Rockfon (Steinwolle) von Rockwool oder Herakustik (Holzwolle und Steinwolle) von Heraklith.
Rockfon
Weitere Informationen bba 562
Herakustik
Weitere Informationen bba 563
Für fugenlose Untersichten von Akustikdecken eignen sich Gipsplatten, die für die gezielte Steuerung der Absorption mit sehr variablen Loch- oder Schlitzbildern versehen werden. Das Muster der Perforation wird dabei zu einem gestaltenden Element. Rigips bietet diese Systeme unter den Namen Rigiton und Gyptone an.
Weitere Informationen bba 564
Fugenlose Deckenflächen lassen sich ebenfalls mit StoSilent Panel der Sto AG herstellen.
Die Trägerplatten bestehen aus Blähglasgranulat. Sie können auf der Sichtseite mit verschiedenen Akustikputzen strukturiert und eingefärbt werden.
Weitere Informationen bba 565
Die Metalle gehören zu den eher schallharten Materialien.
In Form von Streckmetall oder als perforierte Platten können sie jedoch im Zusammenspiel mit schallabsorbierenden Auflagen auch für Akustikdecken eingesetzt werden.
Das Lochbild der perforierten Metalldecken stellt –wie bei den Gipsplatten – ein zusätzliches gestalterisches Element dar. Alternativ gibt es microperforierte Metalldecken, bei denen die sehr feine Lochstruktur nicht mit bloßem Auge zu erkennen ist und die dadurch wie ungelochte Decken wirken.
Streckmetalldecken mit einer Auflage aus Weichschaumstoff auf Melaminharzbasis bietet beispielsweise Illbruck an. Der Schaumstoff kann aber auch allein als Schallabsorber dienen – also ohne Streckmetall –, wodurch helle Untersichten der Decke möglich werden.
Weitere Informationen bba 566
Ähnlich ist die Situation beim Faserplattenwerk Odenwald.
Im Sortiment OWAtecta hat das Unternehmen seine metallischen Akustikdecken mit Mineralwolleauflagen zusammengefasst.
Unter dem Namen OWAcoustic können außerdem reine Mineralwolledecken bezogen werden.
Weitere Informationen bba 567
Ein weiteres Sortiment von Metalldecken mit raumakustischer Funktion sind die Gema-Decken von Armstrong.
Weitere Informationen bba 568
Akustikdeckenprogramme aus mehreren verschiedenen Materialien führen beispielsweise Saint-Gobain Ecophon, Richter System und Geipel.
Saint-Gobain Ecophon GmbH
Weitere Informationen bba 569
Geipel Decken- und Profilsysteme GmbH
Weitere Informationen bba 570
Richter System GmbH & Co. KG
Weitere Informationen bba 571
Gestaltung mit Akustikdecken
Wie schon in der Aufzählung der Materialien und Hersteller angedeutet, lassen sich mit den Trägerplatten aus Gips oder Blähglasgranulat fugenlose Akustikdecken herstellen, die dann die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten bieten wie andere fugenlose Unterdecken.
Bei den Platten und Kassetten aus Metall oder den Dämmstoffen ist hingegen stets eine Rasterstruktur vorhanden, die bewusst in die Raumplanung einbezogen werden sollte.
Die Hersteller bieten ihre Akustikdecklagen als Gesamtsysteme meist mit verschiedenen Unterkonstruktionen und Tragprofilen an. Darunter gibt es in der Regel Systeme für eine verdeckte Befestigung der Platten oder Kassetten. Es sind dann keine Tragprofile zu sehen und die Decke wird lediglich durch das Fugenbild der Elemente strukturiert. Möglich ist aber auch die Montage mit sichtbaren Tragprofilen in Längs- und/oder in Querrichtung sowie die Ausbildung als Bandrasterdecke.
Die eher markante oder auch eher dezente Ausbildung der Tragprofile bzw. Fugen bestimmt maßgeblich den Raumeindruck. Ebenso die Geometrie der einzelnen Elemente. Quadratische Platten oder Kassetten wirken eher neutral, rechteckige Platten oder Langfeldkassetten betonen eine Raumrichtung.
Schon diese kurze Aufzählung zeigt, dass die gestalterische Freiheit des Planers bei Akustikdecken ebenso groß ist wie bei jeweils materialgleichen Unterdecken ohne raumakustische Wirkung. Dies gilt auch für die Integration weiterer technischer Deckenkomponenten, etwa für den Einbau von Lampen, Lüftungen oder sogar Kühlsystemen.
Die Akustikdecken werden dadurch immer mehr zu Multifunktionsdecken, die eine ganze Reihe von technischen und innenarchitektonischen Aufgaben gleichzeitig erfüllen können.

Hintergrund Raumakustik
Die Fragen der Raumakustik dürfen nicht mit den Problemen des Schallschutzes verwechselt werden.
Der Schallschutz beschäftigt sich mit dem Übergang der Geräusche von einem Raum zum anderen und soll vor allem eine gegenseitige Störung verhindern. Die Raumakustik berücksichtigt hingegen die Schallverhältnisse innerhalb nur eines Raums. Es sollen einerseits ungewollte Neben- und Störgeräusche weitgehend verhindert werden und andererseits die planmäßig erzeugten Geräusche, etwa Redebeiträge oder Musik, hinreichend laut sowie klar und deutlich zu hören sein.
Die Klarheit und Deutlichkeit können vor allem vom Nachhall negativ beeinflusst werden. Der Hörer vernimmt ein Geräusch einmal durch direkte (Luft-)Übertragung von der Quelle (Sprecher, Orchester, Lautsprecher) und ein zweites Mal mit winziger, aber eben doch merklicher Verzögerung indirekt als von den Wänden und der Decke reflektierten Schall.
Der Zeitunterschied zwischen direktem und reflektiertem Hören ist die Nachhallzeit. Lange Nachhallzeiten werden subjektiv als Verzerrung des Geräuschs wahrgenommen. Die Nachhallzeit hängt hauptsächlich von der Weglänge des Schalls und der Raumgeometrie ab. DIN 18041 gibt hierzu eine Reihe von Planungshinweisen.
Für den subjektiv störenden Charakter des Halls spielt außerdem seine Stärke eine Rolle. Wenn die Oberflächen eines Raums hauptsächlich schallreflektierend ausgelegt sind, kommt ein Großteil der Schallenergie beim Hörer an, der Hall ist dann relativ laut. Überwiegen jedoch die schallabsorbierenden Flächen, dann „verschlucken” sie einen hohen Anteil der Schallenergie, der Hall ist in diesem Fall leise bzw. kann im Extremfall auf nahezu Null reduziert werden.
Eine totale Beseitigung der Schallreflexion ist allerdings in den meisten Fällen gar nicht sinnvoll, weil damit auch die Lautstärke der planmäßigen und erwünschten Geräusche beim Hörer reduziert wird.
In Unterrichts- und Konferenzräumen müssen deshalb beispielsweise die nützlichen Reflexionen im Umfeld des Vortragsplatzes oder Podiums erhalten werden. Lediglich die langverzögerten und damit schädlichen Reflexionen sind zu minimieren. Zur günstigen Verteilung der schallreflektierenden und schallabsorbierenden Teilflächen gibt DIN 18041 ebenfalls Hinweise.
Der Grad der Schallreflexion oder -absorption an einer Oberfläche hängt auch von der Frequenz der Geräusche ab. Bei der Auswahl von Akustikdecken sollte deshalb darauf geachtet werden, dass sie in etwa gleichmäßig auf alle Tonlagen des für den Menschen hörbaren Bereichs reagieren. Anderenfalls entsteht ein unnatürliches Klangbild, bei dem entweder die hohen oder die tiefen Töne zu dominant sind.
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