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Denkmalgerecht

Sanierung eines Landherrensitzes in Steffisburg
Denkmalgerecht

Das Große Höchhus in Steffisburg, einer der wenigen länd- lichen Herrensitze aus dem Spätmittelalter im Kanton Bern, wurde umfassend restauriert. Wesentlich für die neue Nutzung war die Sanierung der zum Teil originalen Balkendecken durch Holz-Beton-Verbundbauweise.

2001 wurde für die Sanierung des Grossen Höchhus durch die „Stiftung Höchhus Steffisburg“ ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, aus dem das Büro HMS Architekten und Planer AG, Spiez, hervorging. Der Entwurf sah vor, die historische Bausubstanz zu erhalten, von Installationen freizuhalten und zu restaurieren. Durch Abbruch der erst im 20. Jahrhundert neu aufgebauten und „auf alt getrimmten“ Ostecke des Gebäudes wurde der erforderliche Raum gewonnen, um technischen Anlagen wie Versorgungsleitungen und Aufzug unterzubringen.

Das Höchhus ist nun ein Gebäude mit vielfältigen Nutzungen: In Erdgeschoss und „Höchhuskeller“ ist ein Gastronomiebetrieb eingezogen. Die spätgotischen Holzstuben vom ersten Obergeschoss werden für Tagungen und ähnliche Anlässe genutzt. Die übrigen Räume wurden als Büros vermietet. Der Dachraum mit imposantem Dachstuhl steht z. B. für Gemeinderatssitzungen zur Verfügung.
Wechselhafte Geschichte
Im Oktober 2006 startete der Archäologische Dienst des Kantons Bern und die kantonalen Denkmalpflege mit den Voruntersuchungen. Acht Monate lang wurde Bauaufnahme und Aufmaß erstellt. Auf den Resten einer Siedlung aus der Zeit vor 1300 erbaut, mit nachweisbaren Befunden aus dem 13. Jahrhundert ist das Höchhus in seiner heutigen Gestalt weitgehend durch den Umbau von 1526 geprägt. Auf 1,5 m dicken Fundamentmauern aus dem 13. Jahrhundert errichtet, verfügt das imposante Gebäude über zwei gemauerte Obergeschosse und ein steiles ziegelgedecktes Walmdach. Während die Hülle komplett aus Natursteinen gemauert ist, ist die innere Tragstruktur vollständig aus Holz.
Im Originalbefund zeigen sich die Holzbalkendecken aus dem 16. Jahrhundert, die hölzernen Stuben im 1. und 2. OG und das hölzerne Dachtragwerk. Ziel der Sanierung war, das alte Niveau der Decken und Schwellen zwischen den Räumen weitestmöglich zu erhalten. Durch Umbauten im Laufe der Jahrhunderte wurde teilweise massiv in die Statik des Gebäudes eingegriffen. Das hat unter anderem zur Folge, dass zum Beispiel eine Wand im 1. OG keine Lastabtragung über eine darunter befindliche Wand oder anderes Tragwerk erfährt. Für die Neunutzung musste hier eine Sonderlösung gefunden werden.
Deckentragwerke
Die Decken sind nach dem Muster einer Dippelbaumdecke konstruiert: durchlaufende Holzbohlen, „Mann an Mann“ auf seitlichem Auflager. Im Höchhus wurden Holzbohlen bis zu einer Länge von sieben Metern eingebaut. Die 10 bis 12 cm dicken Bohlen sind aus Baumstämmen geschnitten und gegenläufig verlegt, um die unterschiedliche Breite im Wuchsverlauf auszugleichen. In den Auflagerbereichen waren die Holzbohlen teilweise abgefault, was für die Sanierung eine zusätzliche Herausforderung darstellte, da die Maßgabe war, so viel alte Substanz zu erhalten als möglich. Die Holzbohlen wurden deshalb zunächst durch Auszugtests auf die Resttragfähigkeit des alten Holzes geprüft.
Zu den Besonderheiten der Decken gehört, dass sie teilweise als Durchlaufträger konstruiert sind. Das heißt, dass die Deckenbalken unter den Zwischenwänden durchlaufen. Vorhandene Gefälle in den Böden sollten nicht ausgeglichen werden, der Aufbeton der Holz-Beton-Verbunddecken sollte „dem Deckenverlauf folgend“ eingebaut werden.
Die alten Deckentragwerke waren statisch und in Bezug auf Brand- und Schallschutz zu ertüchtigen. Um die erforderlichen Verkehrslasten zu erzielen und die für eine öffentliche Nutzung notwendigen bauphysikalischen Werte in Bezug auf Brandschutz und Schallschutz zu realisieren entschied man sich für die Sanierung mit einem Holz-Beton-Verbund-System der com-ing VT GmbH. Dieses bietet – neben vorhandenen historischen Holzbalken – außerdem den Vorteil einer relativ schlanken Konstruktion, die die Raumproportionen weitgehend erhält.
Tragwerksertüchtigung
Um die notwendige Steifigkeit und Belastbarkeit der Decken zu erzielen, wurde ein ca. 10 cm dicker Aufbeton auf den vorhandenen Holzbohlen hergestellt. Maßgebend für die neue Hybridkonstruktion (Holz-Beton-Verbunddecke) ist die Herstellung des Verbundes zwischen vorhandenen Holzbohlen und neuer Aufbetonschicht. Beide Teile müssen schubfest miteinander verbunden werden um die gewünschte gemeinsame Tragwirkung entfalten zu können. Eine entsprechende Armierung und der Einsatz der TCC Topfloor Schubverbinder, die rechnerisch nachzuweisen ist, lösten diese Aufgabenstellung.
Durchlaufende Träger, versetzte Wände, die nicht übereinander stehen, abgefaulte Balkenköpfe, schräge Böden – die Sanierung des Großen Höchhus bot eine Vielzahl von außergewöhnlichen Anforderungen an die Sanierungsplanung, Standardlösungen griffen hier nicht. Mit konventionellen Methoden ließ sich die Tragwerksertüchtigung nicht rechnen. Zumal eine Sanierungslösung gefunden werden musste, die substanzschonend dennoch die geforderten Verkehrslasten herstellt und die bauphysikalischen Besonderheiten berücksichtigt.
Auftreffende Lasten aus Wänden und Punktlasten aus Stützen mussten über das Deckentragwerk querverteilt werden. Der rechnerische Nachweis musste nachvollziehbar erbracht werden. Die Komplexität der statischen Berechnung reduzierte den Kreis der Anbieter auf die com-ing VT GmbH. Das Unternehmen hat im Bereich geschraubte Holz-Beton-Verbundlösungen Pionierarbeit geleistet und mit einer Vielzahl von Patenten die technologische Führerschaft in diesem Segment.
Berechnung
Das Besondere an Holz-Beton-Verbund-Tragwerken ist der sogenannte „nachgiebige Verbund“, der zur Folge hat, dass die Querschnitte unter Belastung nicht eben bleiben. Die Verbindung zwischen den Holzbalken und der Betonplatte muss daher als elastischer Verbund gerechnet werden. Der rechnerische Nachweis in den Grenzzuständen von Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit ist erschwert. Die Berechnung ist sehr aufwändig und geht weit über übliche statische Berechnungen hinaus. com-ing hat dies über eine eigens entwickelte Software gelöst.
Die Berechnungen und Nachweise, die dieser Anbieter erstellt, decken auch das zugehörige bauphysikalische Spektrum ab: Neben Statik für Einzel- und Linienlasten werden auch Tragwerke mit veränderlichem Querschnitt (Treppenausschnitte etc.) und TCC Unterzüge berechnet sowie der Schwingungsnachweis erbracht, ebenso Feuerwiderstandsdauer, Ausbreitung von Luft- und Trittschall, Feuchtigkeitsberechnungen, aber auch Wärme- und Korrosionsbetrachtungen. Damit war eine ganz wesentliche Voraussetzung für die wirtschaftliche Umsetzung der Sanierung gegeben.
In der Entscheidung für das Sanierungssystem waren die prüffähigen Nachweise ausschlaggebend. Die nachvollziehbare Berechnung und Dokumentation von Schallschutz, Brandschutz, Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit inklusive Schwingungsnachweis überzeugten den Auftraggeber.
Architekturbüro: HMS Architekten und Planer AG, Spiez, Schweiz
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