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Viel mehr als zweckdienlich

Neubau eines Parkhauses an der O2 World in Berlin
Viel mehr als zweckdienlich

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In Berlin zeigt das neues Parkhaus an der O2 World nach einem Entwurf des Architekten Rene Panzert eindrucksvoll, dass klarer Gestaltungswille und hohe Funktionalität keine Gegensätze sein müssen. Mit einer lebendigen Fassade und einem homogenen Materialmix beansprucht das Parkhaus eine klare Position als Stadtbaustein.

Dipl. Ing. Marc Nagel | jo

Spätestens seit Jean-Michel Wilmottes Tiefgarage Célestins in Lyon dürfte bekannt sein, dass auch reine Abstellplätze mit dem entsprechenden Entwurf zu einem ästhetischen Höhepunkt jeder Stadt werden können. Noch mehr gilt dies, wenn es wie bei einem Parkhaus nicht nur auf das Innen, sondern auch auf das Außen ankommt. Denn anders als bei den meisten Tiefgaragen muss sich ein Architekt bei der Gestaltung eines Parkhauses auch Gedanken über Kubatur und Fassade machen. Dies gilt für die städtebaulich leider immer noch häufig vergessenen Randzonen der Städte, viel mehr aber noch für die Hot-Spots.
Ein solcher Hot-Spot ist das Spree-Ufer zwischen Friedrichshain und Kreuzberg nähe Ostbahnhof, dort wo sich die O2 World Berlin befindet. An diesem Ort wird derzeit aktiv Stadtplanung nach dem Masterplan von Anschutz Entertainment voran getrieben. Neben neuen Bürobauten, unter anderem der Mercedes-Benz-Vertriebszentrale, und Wohntürmen wurde auch ein neues Parkhaus vorgesehen. Dieses soll den Parkplatzbedarf durch die O2 World decken und so Parksuchverkehr in den umliegenden Gebieten minimieren.
Konzept
Um die hohe Belastung und die hohe Fahrzeugfrequenz bei Großveranstaltungen aufnehmen zu können, entschied sich der Bauherr, die Anschutz Entertainment Group-Development GmbH, mit der Goldbeck GmbH einen besonders erfahrenen Partner mit ins Boot zu nehmen. Über 500 bereits projektierte und gebaute Parkhäuser sprechen für dieses Unternehmen und das eingesetzte Gobacar Parkhaussystem. Gemeinsam mit dem Architekten Rene Panzert von archRPdesign entwickelten sie ein leistungsstarkes Konzept für die 1 347 stützenfreien Stellplätze direkt an der Spree. Mit Stellplätzen in den Maßen 5 m auf 2,5 m stehen nun zeitgemäße und komfortable Lösungen bereit.
Es entstand ein Baukörper mit einer Nutzfläche von 35 734 m2 und einer Länge von 180 m, einer Breite von 37,5 m und einer Höhe von 19,5 m. Dass das im September 2013 fertig gestellte Parkhaus trotz dieser beträchtlichen Außenmaße nicht zu massiv wirkt, ist auf die Fassadengestaltung nach Plänen des Architekten zurückzuführen. Diese verleiht dem Gebäude auf den ersten Blick die Anmutung eines Bürogebäudes, was sich beim genauen Hinsehen jedoch relativiert. Bei genauer Betrachtung fallen dann doch die typischen Elemente eines Zweckbaus auf. Neben den Zufahrten sind dies vor allem die vier Spindeln für die Auf- und Abfahrt zu und von den einzelnen Parkdecks. Die abseits vom üblichen Einerlei gestalteten Spindeln sollen deutlich machen, dass dieses Parkhaus an der O2 World eben kein reiner Zweckbau ist und nicht per Parkhaus-Standardausführung nur rein funktionalen Aspekten folgt.
Gestalterischer Wille
Dem üppigen Baukörper ist der hohe gestalterische Wille des Architekten anzusehen. Die besagten Spindeln etwa dienen den Nutzern nicht nur als Verbindung zwischen den Parkdecks, sondern sind auch Gestaltungselement. So betonen diese bewusst die Gebäudeecken und prägen sie mit ihrer teils transparenten Fassade. Diese wurde komplett geschlossen realisiert, um die Schallbelastung außerhalb des Parkhauses gering zu halten. Um Nutzern das Gefühl von Offenheit, Großzügigkeit und auch Sicherheit zu vermitteln, entschied man sich, zum einen große Radien bei den Spindeln vorzusehen und zugleich eine zumindest teilweise transparente Fassade einzusetzen. Dadurch sind die Spindeln von außen besser einsehbar und innen ist tagsüber eine natürliche Belichtung als Unterstützung für das Kunstlicht vorhanden.
Als Material kam Profilbauglas zum Einsatz. Die transparenten Profilglaselemente mit der Bezeichnung Linit Clarissimo stammen von der Glasfabrik Lamberts. Sie bilden einen gelungenen Kontrast zum zweiten Fassadenmaterial der Spindeln. Die Gebäudeecken wurden eckig ausgebildet und mit einer Betonteilefassade versehen, um einen klaren Abschluss des Baukörpers zu akzentuieren. Damit wird ein zusätzlicher Schallschutz erreicht und die Gesamtoptik des Gebäudes klarer gefasst. Die Fassadenplatten aus Beton wurden in Verkehrsgrau (RAL 7042) eingefärbt und über Winkel an einer Stahlunterkonstruktion befestigt. Hergestellt und geliefert wurden die Platten von der Allton Fertigteile GmbH.
Zwei Gesichter
Die Betonfertigteile tauchen auch an der Südwestfassade auf, die zur Spree hin zeigt. Hier wechseln sich diese Elemente mit Kassettenelementen und den vorstehenden Erschließungstürmen mit ihrer Glasfassade ab. Dabei präsentiert sich die Längsfassade in einer anderen Optik als die zur nördlichen Richtung hin. Die Bereiche, die zur S-Bahn zeigen, wurden mit dem gleichen Profilglas wie die Spindeln versehen, wobei jedoch sowohl klare als auch leicht grünlich eingefärbte Gläser zum Einsatz kamen. Damit zeigt das Parkhaus zwei Gesichter.
Das Gesicht zur Spree hin wird durch den Wechsel aus Betonteilen, Glaselementen und Kassettenelementen lebendig gehalten. Um den gesetzlichen Vorgaben für den Parkhausbau gerecht zu werden, nach denen Parkhäuser keine geschlossenen Baukörper sein dürfen, setzte der Architekt Rene Panzert Kassettenelemente ein, die mit Lochausschnitten perforiert wurden. Aus den Alu-Blechen wurden unterschiedlich große Löcher ausgestanzt, die auf die Luftblasen im Logo der O2 World anspielen. Den Entwurf für diese Bleche lieferte der Architekt. Gefertigt wurden die Kassetten von der Goldbeck Bauelemente Treuen GmbH. Auch hier erfolgte, wie bei den Betonfertigteilen, die Montage auf der Stahlunterkonstruktion des Parkhaussystems.
Die Kassettenelemente wurden teilweise so montiert, dass sich Vor- und Rücksprünge ergeben, die ebenfalls den Vorgaben einer offenen Hülle entsprechen. Um diese vorspringenden Elemente zu akzentuieren, wurden sie anders eingefärbt. Während das Gros der Kassetten in Verkehrsgrau lackiert ist, wurden diese Elemente in zwei helleren Grautönen ausgeführt.
Wie die Kassettenfassade stammt auch die Fassade der beiden ebenfalls an der Südwestseite befindlichen Erschließungstürme von Goldbeck. Diese zeigen sich komplett verglast und erlauben so, auch aufgrund ihrer leicht vorgerückten Position, einen Ausblick auf die O2 World sowie die Spree.
In den Erschließungstürmen befinden sich neben dem jeweiligen Treppenhaus vier Aufzüge des Typs MonoSpace 500 von Kone. Diese haben den Vorteil, dass sie ohne zusätzlichen Maschinenraum auskommen. Der Kone EcoDisc-Antrieb macht dies möglich. Zudem sind die Aufzüge über die Mix & Match-Option von Kone auf die individuellen Bedürfnisse am Einsatzort und die gestalterischen Wünsche anpassbar.
Spannende Gestaltung trotz funktionaler Ausführung
Während die spreeseitige Fassade durch ihren Materialmix und verschiedene Wechsel ein spannendes und lebendiges Aussehen erhält, steht ihr die zweite Längsfassade mit nur einem Material in Lebendigkeit nicht nach. Um auch hier die Vorgaben einer offenen Fassade für eine gute Belüftung zu gewährleisten, versetzte Rene Panzert die einzelnen Profilglaselemente horizontal zueinander. Da diese Maßnahme keinem uniformen Muster folgt, entsteht auch hier ein lebendiges Bild aus geschlossenen und offenen Flächen. Bei beiden Längsseiten dient das Raster von 2,5 m, das sich aufgrund der Parkplatzbreite ergibt, als Vorlage für das Fassadenmuster.
Innen zeigt sich der Bau erwartungsgemäß eher unspektakulär. Lediglich das Licht- und Schattenspiel, das durch die Löcher in den Kassettenelementen entsteht, kann als Höhepunkt genannt werden. Zusätzlich ist noch der Bodenbelag erwähnenswert. Er wird von Goldbeck selbst nach eigener Rezeptur hergestellt und ist durch ein Patent geschützt. Da Goldbeck hier bewusst keine Daten zur Rezeptur heraus gibt, kann nur soviel gesagt werden: Es handelt sich um einen Spezialbeton, durch dessen Einsatz auf eine zusätzliche Fahrbahnbeschichtung verzichtet werden kann.
Insgesamt kann damit dem neuen Parkhaus an der O2 World in Berlin ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt werden. Nicht ganz so spektakulär wie das große Vorbild in Lyon, dafür aber gut in seine Umgebung eingepasst und mit einer spannenden Fassadengestaltung versehen, fällt das Parkhaus nicht als störender, langweiliger Funktionsbau ins Auge – der es auch hätte werden können. Stattdessen ist es ein gleichwertiger Stadtbaustein in einem von den üblichen Bürobauten und der großen Veranstaltungshalle geprägtem Umfeld. Ein Umstand, der umso bemerkenswerter ist, da mit Gobacar ein Bausystem eingesetzt wurde, das auch zum uniformen Einheitsentwurf hätte verleiten können.
Rene Panzert: „Das neue Parkhaus an der O2 World in Berlin kann man grob in zwei Bereiche teilen, den Kern – das funktionale Parkhaussystem Gobacar von Goldbeck – und die architektonische Hülle mit Betonfertigteilen, Kassettenelementen und Profilbauglas. Bis zum fertigen Parkhaus gab es viele Entwurfsvarianten. Schnell war klar, dass in direkter Nachbarschaft zur O2 World kein Standard-Parkhaus den städtebaulichen Anforderungen entsprechen konnte.“
Architekten: Rene Panzert – arcRPdesign, Grünbach/Vogtland
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