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Tropfen mit Strahlkraft

Anbau eines Showrooms in Marsberg
Tropfen mit Strahlkraft

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Ein prägnanter Showroom ergänzt die Firmengebäude des Glasherstellers Ritzenhoff im Sauerland. Im Entwurf orientiert sich der Grundriss an einem Tropfen flüssigen Glases, verhüllt von einer weiß strahlenden Fassade aus Glas und Aluminium- verbundplatten, hoch witterungsbeständig in Weiß lackiert.

Patricia Strehlke, 3A Composites | be

Die Firma Ritzenhoff AG, Hersteller von geblasenen Trinkgläsern für Brauereien, die Getränkeindustrie und die Gastronomie sitzt zurückgezogen, fast versteckt am Rande des kleinen Städtchens Marsberg im Sauerland. Dass der Firmenname dennoch geläufig ist, liegt an einer kleinen Verrücktheit der 90er Jahre. Damals brachten die Glasmacher unter anderem Milchgläser mit Kuhflecken und vergoldete Pilsgläser heraus – mit großem Erfolg. Knapp dreihundert Architekten, Designer und Künstler lieferten im Laufe der Zeit ihre Entwürfe ab, die dann auf die gläsernen Trinkgefäße appliziert wurden. Spätestens seit diesen Tagen gehört eine ausgeprägte Affinität zu Kunst und Kultur sowie mitunter auch ein humorvolles Augenzwinkern zur Unternehmenskultur.
Zur Präsentation des Unternehmens und zum Empfang der aus aller Welt anreisenden Kunden und Gäste wurde ein Showroom gewünscht, der einladend und prägnant, und dennoch in Einklang mit der ländlichen Umgebung ausfallen sollte; ein Gebäude, das charmanter Hingucker, aber nicht Fremdkörper sein will. Die Bauherrin betrachtet sich als ortsverbunden, ohne provinziell zu sein, und verfügt über das Selbstbewusstsein und die Erfahrung, eine wertige einer lauten Architektur vorzuziehen.
Architekturidee
Betraut mit dieser Aufgabe wurden das ortsansässige Architekturbüro Clever Architekten + Ingenieure und das Büro Deeken Interior Design aus Ostfriesland. Dabei war das von Sieger Design entworfene Verwaltungsgebäude, in unmittelbarer Nähe des Bauplatzes gelegen, zu berücksichtigen bzw. einzubinden. Der kubische Baukörper musste nicht fortgeführt, er konnte auch ergänzt werden, allerdings sollten die beiden Gebäude nicht in Konkurrenz zueinander treten.
Der Entwurfsgedanke lehnt sich an die Wurzeln des Unternehmens an; er leitet den Grundriss des Gebäudes aus der Form eines Tropfens flüssigen Glases ab.
Dieser Tropfen entspringt dem Vorplatz des Verwaltungsgebäudes, so dass sich dem Besucher zwei Wege öffnen, der zur Administration und der zu den Produkten. Beide Gebäude verbindet außerdem ein verglaster Gang, der jeweils von innen erreichbar ist. Der direkte, ebenfalls weiße Zugang zum Ausstellungsraum wurde in das Gelände geschnitten und führt mit einem leichten Gefälle zum Gebäude. Dabei liegt der Weg deutlich unter dem Wasserspiegel. In ähnlicher Weise wurde mit dem angrenzenden Parkplatz verfahren. Dieser wurde nördlich auf niedrigerem Geländeniveau platziert und durch eine begrünte Mauer flankiert. So ist er nah und schnell zu erreichen – und trotzdem kaum sichtbar.
Der Showroom erhebt sich vom Bürokomplex weg in spitzem Winkel aus der Erde, geborgen unter einem flachen, sanft geneigten und begrünten Dach, um sich dann mit einer halbrunden, vollverglasten Fassade nach Osten hin zu öffnen. Hier umläuft ein Wasserbecken den Bau, und verdeutlicht noch einmal dessen Herauswachsen aus der Erde. Der Pegel des Beckens wird übrigens durch die Innenarchitektur als erkennbare ‚Nulllinie‘ wieder aufgenommen.
Fassade und ihre Wirkung
Die Fassade des Gebäudes sowie das gesamte Innere sind weiß gestaltet. Im Inneren, wo der eigentliche Showroom, Besprechungsräume sowie eine Lounge untergebracht wurden, sorgen die großflächige Verglasung und die gut reflektierenden horizontalen und vertikalen Flächen auch an trüben Tagen für eine ausreichende Versorgung mit Tageslicht. Gezielt gesetzte Leuchten und Strahler ermöglichen eine akzentuierte Beleuchtung der Exponate. In dem farblich neutralen Umfeld kommen die zum Teil sehr farbenfrohen Produkte gut zur Geltung. Das Schlendern zwischen Displays und Warenpräsentationen gestaltet sich durch die um einen Gebäudekern entwickelte Raumgeometrie mit ihren Versprüngen abwechslungsreich.
Die allgegenwärtige Glasfassade mit ihrem Ausblick auf die Weite der unverbauten Landschaft sorgt für eine angenehm entspannte Atmosphäre. Die Besprechungsräume werden entsprechend stark frequentiert; hier ist man dem Produkt ganz nah und hier lässt es sich gut aushalten.
Auch außen herrscht die Farbe Weiß vor. Architekt Dipl.-Ing. Wilfried Henke erläutert, dass es der Bauherrin sehr wichtig war, „das puristische Weiß in Form eines Materials auf die Fassade zu bringen, welches der gebogenen und gewölbten Geometrie präzise folgt und die Wertigkeit des Gestaltungsansatzes über einen langen Zeitraum erhält“.
Die Architekten entschieden sich für eine vorgehängte, hinterlüftete und mit Aluminiumverbundplatten bekleidete Fassade. Zum Einsatz kam Alucobond Plus (B1 = schwer entflammbar) in der Farbe 100.
Dieses Compositematerial ist in der Fläche biegesteif, lässt sich dennoch problemlos biegen, kanten und gut bearbeiten und ist deshalb prädestiniert für die Bekleidung großflächiger und gewölbter Fassaden.
Der erfahrenen Firma Athens aus Hövelhof gelang es, die zahlreichen Ideen der Architekten in gebaute Realität umzusetzen. Auch das gebogene und gewölbte östliche Vordach, das sich wie ein Mützenschirm um die Gebäuderundung schmiegt und auf geneigten und in der Mitte verbundenen Stützenbündeln ruht, ließ sich sauber und dauerhaft stabil ausführen. Die im Coil Coating-Verfahren aufgebrachte, widerstandsfähige Lackierung der Platten ist hochgradig witterungsbeständig und langfristig farbstabil, so dass davon auszugehen ist, dass der Showroom auch nach Jahren nicht nur seinen Zweck erfüllen, sondern weiterhin weiß strahlen wird.
Planung: Architekturbüro Clever Architekten + Ingenieure, Marsberg Büro Deeken Interior Design, Ostfriesland
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