Startseite » Fassaden »

Sanft eingebettet

Neubau eines Tennishauses im Kurpark Bad Wildbad
Sanft eingebettet

Die Planung und der Entwurf von Gebäuden für Tennisanlagen zählen mittlerweile zu den eher seltenen Aufgaben eines Architekten – ist doch der Tennis-Boom längst vorbei. Umso bemerkenswerter, dass in Bad Wildbad nicht nur ein neues Tennishaus entstand, sondern dieses gleich in ein diffiziles, weil denkmalgeschütztes Umfeld integriert werden musste. Das Architekturbüro Klaus plante statt eines Ersatzgebäudes für das abgebrannte Vorgängerhaus eine kleine Gebäudegruppe.

Marc Nagel

Als im Oktober 2005 das unter Denkmalschutz stehende Clubhaus der Tennisanlage im Kurpark von Bad Wildbad durch einen Brand zerstört wurde, war zunächst nicht klar, wie die Geschichte der Tennisanlage aus dem Jahre 1902 weiter gehen sollte. Doch statt das Clubhaus von 1924 wieder im englischen Landhausstil aufbauen zu lassen, entschied man sich beim Amt für Vermögen und Bau Baden-Württemberg dazu, ein neues Gebäude zu errichten.
Den hierzu ausgeloteten Wettbewerb konnte das Architekturbüro Klaus aus Karlsruhe für sich entscheiden. Die Vorgaben: Eine möglichst kostengünstige Ausführung und ein sanfter Umgang mit der historischen Umgebung.
An der Geschichte orientiert, aber nicht historistisch
Das erklärte Ziel von Stefan Klaus beim Entwurf war ein klares Bekenntnis zu einer modernen Architektursprache und gleichzeitig ein verantwortungsvolles Einbetten in die geschichtlich so wertvolle Anlage des Kurparks.
Aus diesem Grund wählte man beim Planerteam aus Karlsruhe nicht den Entwurf eines Gebäudes mit relativ großem Volumen, sondern man schlug eine Gruppe von Gebäuden vor, die die jeweiligen Nutzungen beherbergen sollten. So entstand eine Anlage, die neben dem Hauptgebäude mit Gaststättennutzung und den dazu gehörenden Nebenräumen noch drei weitere Gebäudekörper beinhaltet. Ein größerer roter Quader, der für Trainerräume und die Räumlichkeiten der Sportler Platz vorhält, sowie ein kleiner Lagerraum für die Gaststätte und ein größerer Lagerraum für die Gerätschaften des Tennisvereins, der Pächter der Anlage ist.
Das Hauptgebäude mit seinem weit auskragenden Dach begleitet die Tennisplätze längs und öffnet sich mit seiner Glasfassade zu ihnen, während der Sportler-Quader rechtwinklig zum Hauptgebäude steht und an dessen Dach anschließt. Das kleine Lager für die Gaststätte liegt im rückwärtigen Teil des Hauptgebäudes, das Lager für den Tennisverein befindet sich seitlich an den Tennisplätzen, räumlich von den anderen Gebäuden abgesetzt.
Alle Gebäude wurden auf einem 1,40 m hohen Podest aus Sichtbeton angeordnet, da die unmittelbare Nähe zur Enz diesen Teil des Kurparks zum Hochwassergebiet macht. Außerdem werden alle Gebäudeteile durch den Sockel optisch gebunden. Ein weiterer Effekt dieser Maßnahme ist die Tatsache, dass eine großzügige und etwas erhöhte Terrasse entsteht, die durch das auskragende Dach des Hauptbaus vor Niederschlag geschützt ist. Somit konnte der Wunsch der Betreiber der Anlage erfüllt werden, die sich einen Außenbereich zum Aufenthalt wünschten.
Pavillon: Gaststätte und Hauptgebäude
Der Pavillon, das Hauptgebäude und zugleich größtes Volumen der Anlage, liegt also längs zu den Tennisplätzen. Es orientiert sich zu diesen durch eine große Glasfassade, die allerdings aus Kostengründen als Fensterfassade ausgeführt wurde. Mit Fenstern von Glasbau Hahn (Typ S9-iVt-05 Nr. 2/1) mit einem U-Wert von 1,1 W/m²K, die als Festverglasung und als große Schiebeflügel Verwendung fanden, bietet sich die Möglichkeit, von der Gaststätte direkt auf die Tennisplätze zu blicken.
Darüber hinaus dienen die Schiebeflügel als Verbindung nach außen und unterstützen eine Nutzung der Terrasse als Außenbereich der Gaststätte. Während die Fassade zu den Tennisplätzen hin offen ist, wurde sie im hinteren Teil geschlossener ausgeführt. Eine Lochfassade mit einer unbehandelten Lärchenschalung sitzt vor einem einfachen Aufbau. Zwischen den 12/12 cm Ständern der Holzrahmenbauweise des Gebäudes liegt die 12 cm starke Steinwolle-Feuerschutzplatte Thermarock von Rockwool. Sie ist nach außen hin mit einer Beplankung aus OSB 4 N+F Platten von Kronoply versehen, auf der sich eine schützende, schwarze Fassadenbahn des Typs Stamisol von Ferrari befindet. Hierauf ist die Konterlattung mit 30/50 mm Leisten aufgebracht. Diese bildet die Lüftungsebene für die hinterlüftete Fassade und bildet die Unterkonstruktion für die Schalung in horizontalen Latten (30/50 mm) aus Lärche.
Zum Innenbereich hin befindet sich neben der Dampfsperre eine weitere Schicht mit OSB 4 N+F Platten, ebenfalls von Kronoply. Darauf folgt eine Dämmebene, die auch als Installationsebene genutzt wird. Hier kommt ebenfalls eine Steinwolle (Thermorock) zum Einsatz. Abgeschlossen wird der Wandaufbau durch 1,25 cm Gipskartonplatten, die direkt gestrichen wurden.
Das Lärchenholz als äußerste Deckschicht ist dabei bewusst gewählt. Zum einen soll es, wie die Holzkonstruktion des Pavillons, an die Tradition des Holzbaus im Nordschwarzwald erinnern. Zum anderen wird es mit der Zeit einen natürlichen Verwitterungsprozess durchlaufen und sich so seiner natürlichen Umgebung farblich immer mehr angleichen. Ein Effekt, der natürlich durch den großen Dachüberstand des mit Evalon von Alwitra abgedichteten Flachdaches langsamer vonstatten gehen wird, als dies bei den beiden Lagergebäuden der Fall ist.
Nebenräume ohne zusätzliche Nutzung
Die beiden Lageräume, zusammen ca. 43 m² groß, sind im Wandaufbau einfacher ausgeführt als der Pavillon. Hier wurde auf eine Dämmung verzichtet, weshalb sie lediglich über eine Innenschicht aus OSB-Platten, eine Dampfsperre, 12/12 Ständer und eine Außenschicht, ebenfalls aus OSB, verfügen, die die Konterlattung und die Fassade in Lärche trägt.
Der Effekt der Alterung des außenliegenden Holzes wird hier wesentlich schneller eintreten als beim Pavillon, da keinerlei Dachüberstände vor Verwitterung schützen.
Roter Sandplatz als Inspiration
Während die Fassaden der Lager in Lärchenholzlattung ausgeführt sind und sich beim Pavillon diese mit der Glasfassade abwechselt, zeigt sich der Quader für die Sportler in einer anderen Außenhaut. Um die gänzlich andere Nutzung für Umkleideräume, Sanitäranlagen für Sportler und die Trainerräume deutlich zu zeigen und um die Verbindung zum Sport zu schaffen, ließ man sich beim Architekturbüro Klaus vom Rot des Sandplatzes inspirieren. So wurde die geschlossene Schalung aus Tannenprofilhölzern, die auf einer Unterkonstruktion aus 30/50 mm Latten befestigt ist, komplett in Rot lasiert.
Der übrige Wandaufbau gleicht dem des Pavillons. Im Innenraum wurden in allen Nassbereichen auf die Gipskartonplatten, die zuvor gespachtelt wurden, weiß lasierte Steingut-Fliesen verlegt. Auch die Böden der Nassbereiche in Sportler-Quader und Pavillon sowie in der Küche wurden gefliest. Bei allen anderen Böden außerhalb der Nassbereiche kam beim Tennishaus in Bad Wildbad ein Sichtestrich der Firma Chemotechnik zum Einsatz, der anschließend mit grauem Epoxidharz beschichtet wurde.
Insgesamt entstand beim Projekt in Bad Wildbad eine Nettogeschossfläche von 273 m²: 88 m² für den Tennisbetrieb, 43 m² an Lagerflächen und 142 m² für die Gastronomie. Rechnet man die überdachte Freifläche hinzu, kommen noch einmal 129 m² nutzbare Fläche dazu. Dass dieses Raumangebot nicht zu Lasten einer sanften Einbettung in den Kurpark fiel, lässt sich darauf zurückführen, dass durch die Aufteilung der Nutzung auf vier verschiedene Baukörper kein zu großes Volumen entstand. Außerdem wird der historische Tennisplatz durch die neue Anlage gefasst und zur Enz hin abgegrenzt.
Dipl.-Ing. Stefan Klaus: „Die Entwurfsidee entwickelte sich aus der landschaftlich einmaligen Umgebung, dem Raumprogramm und der temporären Nutzung im Sommer und den Übergangszeiten. Die Aufgabe sollte in einer modernen Architektursprache umgesetzt werden, die das Ergebnis der funktionalen Zusammenhänge widerspiegelt und angemessen auf die einmalige Lage reagiert.“
bba-Infoservice Fensterfassade 509 Steinwolle-Feuerschutzplatte 510 OSB-Platten 511 Flachdachabdichtung 512 Fassadenbahn 513 Sichtestrich/Epoxidharz 514
Architekten: Architekturbüro Klaus, Dipl.-Ing. Stefan Klaus, Karlsruhe
Tags
Unsere Top-3-Projekte des Monats
MeistgelesenNeueste Artikel

Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der bba-Infoservice? Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum bba-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des bba-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de