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Illusion mit Rauten

Neubau eines Veranstaltungsgebäudes in Yarm
Illusion mit Rauten

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Um die senkrechten Mauerscheiben wirken sie wie herumgewickelt, unterstreichen die Kubatur des konischen Kopfbaus und interpretieren das Thema Wandverkleidung innen neu: Handgearbeitete Spitzrauten aus Titanzink prägen das neue Auditorium der Yarm School im Nordosten Englands.

Yarm ist eine kleine, historisch bedeutsame Stadt im Nordosten Englands, County North Yorkshire, unmittelbar am Fluss Tee gelegen. Auf eine ebenfalls lange Tradition kann die Ende des 16. Jahrhunderts gegründete Yarm School zurückblicken, heute eine angesehene Privatschule. Um die schulischen Angebote zu erweitern und zu optimieren, wurde 2008 das in Birmingham ansässige Architekturbüro Associated Architects beauftragt, eine neue Gesamtkonzeption für das Schulgelände zu schaffen.

Herzstück des Projektes sollte ein „möglichst multifunktionaler Veranstaltungsort“ sein, erklärt die verantwortliche Architektin Barbara Bott die Anforderungen seitens der Schule. Ausgelegt ist das Princess Alexandra Auditorium auf 800 Personen.
Das Raumprogramm des Gebäudes gleicht eher dem eines Kulturzentrums für Musik, Theater und Tanz als dem einer klassischen Aula. Auf der ebenen Fläche des Saals finden Prüfungen und tägliche Versammlungen statt. Die flexible aufsteigende Bestuhlung wird bei Konzerten und Schauspielaufführungen eingesetzt.
Denkmalschutz und Topografie
Gebäudegröße und Wahl des Fassadenmaterials erfolgten mit Rücksicht auf die historischen Gebäuden der unter Denkmalschutz stehenden Anlage, wie Barbara Bott erläutert; vorhandene Blickbeziehungen zum Fluss wurden gewahrt. Die schwierige Topografie, die Nähe zum Fluss und die Tatsache, dass das Gebäude in einem Überschwemmungsgebiet liegt, haben zu der Entscheidung geführt, die Erdgeschossebene weit über das Geländeniveau zu positionieren und das komplette Sockelgeschoss in wasserundurchlässigem Beton zu erstellen.
Die Gestaltung des Gebäudes als Fächer resultiert aus funktionalen Überlegungen: Fächerförmige Zuschauersäle bieten erfahrungsgemäß das beste Sicht- und Klangerlebnis. Durch die nach Norden ausgerichteten Fenster des Sägezahn-ähnlichen Dachs kommt das Auditorium bei Prüfungen fast ohne künstliche Beleuchtung aus. Andererseits lassen sich die Oberlicht- und Seitenfenster komplett verdunkeln.
Spitzrauten aus Titanzink
Alle Wandflächen des Auditoriums und der Bühne sind zu allen von außen sichtbaren Seiten hin mit einem einzigen Material versehen – mit Spitzrauten aus Titanzink. Zur Ausführung kamen blaugraue Rauten der Patina-Line von Rheinzink. Durch das einheitliche Material der schlanken Rauten auf über 400 m² hebt sich das Auditorium von den umliegenden Gebäuden ab und wirkt größer, als es tatsächlich ist.
Besonders augenfällig ist die plastisch wirkende Oberflächenstruktur, die durch die Kanten der sich überlappenden Rauten verursacht wird. Diese Kanten bilden ein perfektes, weithin sichtbares Muster. Es zieht sich von den planen Wandflächen, unbeirrt des 90° Winkels, um die Stirnseiten der Wände bis zum Anschluss an die Fensterbänder. Auch am Dachabschluss wird das Rautenmuster bis zur Gebäudekante geführt.
Aus gestalterischer Sicht sei die Detailplanung eine große Herausforderung gewesen, betont Bott, sie hätten „keinerlei sichtbaren Befestigungen, Abdeckungen oder Abdeckbleche“ gewollt.
Das Erstellen der Verlegepläne und die Ausführung der Metallarbeiten vor Ort oblagen der NJM Roofing Ltd.aus Gateshead. Die Metallfachleute montierten Spitzrauten aus dem Standardsortiment von Rheinzink in Titanzink. Nach intensivem Abwägen unterschiedlicher Größen entschieden sich die Architekten für eine Großraute, deren Maße Barbara Bott mit etwa 600 x 450 mm angibt.
Deutlich abgesetzt vom Zuschauerraum ist die Bühne, die sich nach außen hin als ein geschlossener, stark konisch verlaufender Kopfbau darstellt. Die gerundete und um fast 10° nach innen geneigte Wandfläche stellte eine große Herausforderung an die Ausführung dar, da sich die Titanzink-Bekleidung wie eine zweite Haut anschmiegen sollte. Man kann sehen, dass dies gelungen ist.
Handarbeit von Unikaten vor Ort
Nachdem die Architekten zunächst eine Montage auf vorgefertigten gerundeten kassettenartigen Trägerkonstruktionen in Erwägung gezogen hatten, entschieden sie sich bei den gerundeten Fassadenflächen für vergleichsweise kleine Rauten. Der Grund lag, so Bott, darin, dass „sich eine gefalzte Verkleidung oder Rauten als kosteneffizienter erweist“.
Barbara Bott: „Jede einzelne Raute wurde anhand einer Schablone erstellt und vor Ort per Hand ausgeschnitten, um die geometrische Form des Gebäudes zu treffen und eine perfekte Reihung zu erzielen. Die Rauten verringern sich in der Größe zum Boden hin und werden nach oben hin größer. Auf diese Weise schaffen sie die optische Illusion eines senkrechten Musters auf der geneigten gerundeten Fassade.“
Diese Perfektion in Entwurf und Ausführung der gesamten Fassadengestaltung dürfte ein Baustein für die Auszeichnung des Auditoriums mit dem Architekturpreis RIBA Award sein, der jedes Jahr im mehrstufigen Verfahren die beste Architektur Großbritanniens für einzelne Regionen auszeichnet. Detailüberlegungen wie innenliegende Regenwasserführung zugunsten der optisch ungestörten Titanzinkfassade oder die Abkantung der Rauten für verletzungsfreien Schulbetrieb waren eher Randaspekte, die zur Qualifikation als RIBA North East Award geführt haben.
Wichtiger dürfte der Jury des Royal Institute of British Architects die materialimmanente Fortführung vom Außen- in den Innenraum gewesen sein: Auch im Foyer dienen Spitzrauten aus Titanzink als Wandbekleidung und sind zugleich optischer Blickfang. Eine neue Oberflächenbeschichtung sorgt seit kurzem für eine langlebige Nutzung von Titanzink speziell in Innenräumen. Und sämtliche flachen Pultdächer des Auditoriums haben eine Doppelstehfalzeindeckung in derselben Ausführung proPatina blaugrau wie die Rauten.
Planung: Associated Architects, Birmingham (UK)
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