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Die gesperrte Wand

Mauerwerksentfeuchtung
Die gesperrte Wand

Markus Hoeft

Nachträglich eingebaute Horizontalsperren gelten als probates Mittel bei der Sanierung feuchter Grund- und Kellermauern. Der vorliegende Schadensfall wird dann meist als aufsteigende Feuchte infolge fehlender oder defekter Abdichtung in den aufgehenden Wänden charakterisiert.
Es mehren sich jedoch die Stimmen, die vor einer allzu schnellen Diagnose der „aufsteigenden Feuchte“ warnen und zugleich darauf verweisen, dass andere Ursachen für Feuchtigkeit in den Grundmauern historischer Gebäude viel häufiger auftreten dürften.
Grund genug für die Frage, was genau Horizontalsperren eigentlich leisten und unter welchen Bedingungen der Planer sie bei Sanierungen einsetzen sollte.
Pflicht nur im Neubau
Bei Neubauten ist die planungsrechtliche Situation sehr einfach. DIN 18195, Teil 4 verlangt für den Lastfall Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser eindeutig, dass die Außen- und Innenwände „durch mindestens eine waagerechte Abdichtung… gegen aufsteigende Feuchtigkeit zu schützen“ sind (Punkt 6.1.2).
Weil der Planer eine Leistung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik schuldet – die u.a. in DIN-Normen beschrieben werden – und weil der Lastfall Bodenfeuchte praktisch für jeden Bauplatz in unserer Klimaregion anzunehmen ist, muss bei Neubauten immer eine Horizontalsperre vorgesehen werden. Über den Sinn und die Wirkung dieser Sperre ist damit freilich noch nichts ausgesagt.
DIN 18195 gilt ausdrücklich nicht für „nachträgliche Abdichtungen in der Bauwerkserhaltung oder in der Baudenkmalpflege“ und es gibt auch keine andere Norm zu diesem Thema. Der Planer muss hier am konkreten Objekt mit eigenem Sachverstand und ggf. mit Hilfe von Mauerwerksanalysen und Gutachten einen funktionierenden Sanierungsvorschlag entwickeln. Hilfestellung können dabei verschiedene WTA-Merkblätter geben (siehe Kasten).
Recherche in der Umbaugeschichte
Für das Vorhandensein der Feuchte wird in der Regel keine aufwändige Untersuchung erforderlich sein. Die Durchfeuchtungen sind durch ihre Verfärbung meist gut zu erkennen und am muffigen Geruch auch gut zu „erriechen“. Diese auffälligen äußeren Anzeichen sind auch für den Laien relativ einfach zu erkennen und dürften oft der Grund sein, warum der Bauherr an den Planer herangetreten ist.
Weniger offensichtlich ist meist die Ursache für die vorhandene Feuchtigkeit. Zu deren Ermittlung bietet sich als mögliche Analysemethode die Untersuchung der Feuchteverteilung im Wandquerschnitt am oberen Ende des wasserbelasteten Bereichs an. Aufsteigende Feuchtigkeit müsste ein Maximum in der Wandmitte erreichen. Liegt die größte Wasserbelastung hingegen außermittig außen oder innen, sind andere, noch zu diskutierende Ursachen wahrscheinlicher.
Bevor jedoch eine kostenträchtige Untersuchung der Feuchtigkeitsverteilung in Auftrag gegeben wird, kann es hilfreich sein, die Nutzungs- und Umbaugeschichte des Gebäudes zu erforschen. Wenn das Gebäude noch relativ jung und/oder die Quellenlage sehr gut ist, dringt man vielleicht zum entscheidenden Punkt vor, bis wann das Gebäude trocken war und was seitdem für Veränderungen am Bauwerk oder in seiner unmittelbaren Nähe passiert sind.
Doch selbst wenn sich die Baugeschichte in grauer Vorzeit verliert, kann eine Untersuchung der noch erkennbaren Umbauten und der aktuellen Nutzung der betroffenen Räume einigen Aufschluss geben.
Salzbelastung und ihre Herkunft
Hauptsächlich vier Problemkreise kommen als Ursache für Feuchtigkeit in Grundmauern bei vorhandenen Gebäuden in Frage:
  • Salzbelastung und daraus resultierende hygroskopische Feuchtigkeit
  • Kondensfeuchtigkeit
  • seitlich eindringende Feuchtigkeit
  • und die (umstrittene) von unten aufsteigende Feuchtigkeit
Salze haben in hohem Maße die Fähigkeit, Wasser anzuziehen und in diesem in Lösung zu gehen. Sie wandern dann in gelöster Form an die Oberfläche der Wand und kristallisieren unter Volumenvergrößerung aus.
Wegen ihrer hygroskopischen Wirkung können die Salzkristalle dort erneut Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft aufnehmen, wodurch ein sich selbst aufschaukelnder Prozess mit dauerhaft feuchten Wandflächen entsteht.
Das Schadensbild ist an Auskristallisierungen und dem wegen der Volumenvergrößerung abplatzenden Putz relativ einfach zu erkennen. Auf eine chemisch-technische Analyse des Salzgehalts kann deshalb eventuell verzichtet werden.
Schwieriger ist hingegen zu beantworten, ob das Salz in der Wand primärer und alleiniger Grund des Feuchteschadens ist oder nur Begleiterscheinung einer anderen Ursache.
So können die Salze mit seitlich von außen eindringendem Wasser eingewandert sein. Auch der Eintrag von innen ist möglich, etwa wenn historische Gebäude Zeiten mit unangemessenen Nutzungen erlebt haben. Kirchen beispielsweise wurden in Kriegs- und Notzeiten oft als Viehställe verwendet, wodurch mit den tierischen Ausscheidungen reichlich Salze in das Gebäude gelangt sein können. Auch frühere Produktionsprozesse in den betreffenden Räumen, etwa von Brauereien oder Gerbereien, können die Salzfracht eingetragen haben.
Eine weitere Salzquelle stellen schließlich eventuell die verwendeten Baustoffe dar, sowohl die ursprünglich eingebauten als auch die nachträglich bei Umbauten und Reparaturen eingesetzten.
Doch was auch immer die Ursache war, die Beseitigung der Salzfracht gehört in jedem Fall als flankierende Maßnahme zur Sanierung, weil das Salz ansonsten weiter hygroskopische Feuchtigkeit erzeugt. Befallene Flächen sind vom Putz zu befreien und gründlich mechanisch zu säubern.
Der Schutt muss sorgfältig und vollständig aus dem Gebäude entfernt werden. Bei starker Salzbelastung bis in die Tiefe der Wand können als weitere Maßnahmen Kompressen, Opferputz oder ein Sanierputz nach WTA erforderlich sein.
Feuchtigkeit von beiden Seiten
Hygroskopische Feuchtigkeit durch Salzbefall bildet in der Regel ein Feuchtigkeitsmaximum an der Innenseite der Wand aus. Dies gilt aber auch für den Schadensfall Kondensfeuchte, weshalb beide leicht zu verwechseln sind.
Kondensfeuchte entsteht, weil die inneren Oberflächen von Kellermauern in der Regel kühler sind als der Kellerraum.
Die Feuchtigkeit der Raumluft schlägt sich deshalb als Tauwasser auf der Wandoberfläche nieder. Bei mangelhafter Lüftung kann daraus auf längere Sicht ein nachhaltiger Feuchteschaden entstehen. Zu prüfen ist deshalb, ob früher vorhandene Lüftungsöffnungen, vor allem Kellerfenster, aber bei historischen Gebäuden unter Umständen auch spezielle Lüftungskanäle, im Rahmen von Umbauarbeiten verschlossen wurden.
Eventuell reicht es in diesen Fällen aus, die Öffnungen wiederherzustellen und auf die natürliche Trocknung der Grundmauern zu warten.
Anderenfalls können eine verbesserte allgemeine Raumheizung oder eine spezielle Wandheizung den Prozess beschleunigen.
Liegt das Maximum der Feuchte auf der Außenseite der Wand, ist seitlich eindringendes Wasser die wahrscheinliche Ursache. Es kann sich um eine schadhafte Vertikalsperre handeln, die beispielsweise bei äußeren Tiefbauarbeiten verletzt wurde.
Möglicherweise hat sich aber auch der Lastfall für die Feuchtebeanspruchung verändert, so dass z.B. statt Bodenfeuchte, für die die ursprüngliche Vertikalsperre ausgelegt war, nun stauendes oder drückendes Wasser ansteht. Derartige Veränderungen sind möglich, wenn in der Umgebung Tiefbauarbeiten für neue Grundwasserverhältnisse gesorgt haben (Straßenbau, Verschließen oder Verlegen von Gräben, Befestigung vorher unbefestigter Hofflächen u.ä.). Auch eine Nachfrage bei den örtlichen Wasserwerken kann helfen, um eventuelle Veränderungen von deren Fördermenge zu erfahren.
Aufsteigende Feuchte
Der verantwortungsbewusste Planer muss also eine Reihe von Möglichkeiten prüfen, ehe kapillar aufsteigende Feuchte wegen schadhafter oder fehlender Horizontalsperre als Ursache für einen Feuchteschaden ins Auge zu fassen ist.
Die oben schon angedeutete Kritik gegen diese Diagnose beschäftigt sich vor allem mit der Frage, ob Bodenfeuchtigkeit überhaupt kapillar in traditionellem Mauerwerk aufsteigen kann. In einem (homogenen) Mauerstein ist dies zweifellos möglich, wie in Versuchsanordnungen auf Baumessen immer wieder vorgeführt wird.
Im Mauerwerk mit seiner Abfolge aus Fuge-Stein-Fuge-Stein trifft das aufsteigende Wasser jedoch auf Grenzflächen mit verändertem Kapillardurchmesser. Beim Übergang von dünnen zu dicken Kapillaren wird der Wassertransport nachhaltig gebremst.
Verschiedene Untersuchungen deuten darauf hin, dass der Anstieg nach einigen Steinlagen bzw. wenigen Dezimetern zum Stehen kommt. In größeren Höhen könnte es danach in konventionellem Mauerwerk mit Dickbett-Lagerfuge keine kapillar aufsteigende Feuchtigkeit geben.
Die Fachdiskussion hierzu ist sicher noch nicht abgeschlossen. Dem Planer einer Sanierung sollte sie aber ein gewisses Misstrauen gegen die allzu schnelle Diagnose der kapillar aufsteigenden Feuchte nahe legen.1 Trotzdem kann in konkreten Fällen eine nachträgliche Horizontalsperre als Maßnahme der Mauerwerkstrockenlegung sinnvoll sein. Etwa wenn die Kapillarverhältnisse in den Grundmauern für ein Ansteigen der Feuchtigkeit besonders günstig sind oder wenn ein veränderter Lastfall – aus Bodenfeuchte wird drückendes Wasser, wie schon im Zusammenhang mit der Vertikalsperre diskutiert – zu einem höheren Ansteigen führt.
Ein solches Anheben des meist sichtbaren Feuchtigkeitshorizontes kann vom Bauherrn als Mangel empfunden werden. Vor allem weil sich die Nutzungs- und Schönheitsvorstellungen der Gebäude verändert haben.
So wurde die Außenseite des Sockels früher oft als definierte Verdunstungszone für eventuell in den Grundmauern vorhandene Feuchtigkeit ausgeführt. Gewisse Verfärbungen und optische Beeinträchtigungen der Sockelansicht galten dadurch als normal und akzeptabel.
Heutige Bauherrn verlangen hingegen oft eine makellos saubere Fassade bis hinunter zur Erdoberfläche.
Auch im Innern haben sich die Ansprüche gewandelt. Kellerräume waren historisch meist nicht zum Wohnen vorgesehen, weshalb eine gewisse Grundfeuchtigkeit tolerierbar war.
Der Ausbau der Kellerräume zum Wohnen muss bis heute als unglückliche Notlösung angesehen werden, wird aber vereinzelt trotzdem ausgeführt. Noch häufiger dürfte der Ausbau zu wohnähnlichen Verhältnissen sein, etwa als Werkstatt und Hobbyraum oder sogar als besonders stilvolle In-Location (Kellerrestaurant, Club).
Solche Umbauvorstellungen stellen im Prinzip eine Übernutzung der Kellerräume dar, die historisch nicht für den längeren Aufenthalt der Menschen konzipiert waren. Wenn der Bauherr jedoch auf seinen Ausbauplänen beharrt, wird der Planer eine vollständige Abdichtung inklusive der nachträglichen Horizontalsperre vorsehen müssen.
Mechanische und Injektionsverfahren
Nachträgliche Horizontalsperren können mit der Injektionsmethode sowie mit mechanischen und elektrophysikalischen Verfahren hergestellt werden.
Die elektrophysikalischen Verfahren sind hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Wirkungsweise umstritten. Die prognostizierten Effekte lassen sich nicht eindeutig im Labor simulieren und auch mathematisch nicht exakt beschreiben. Auf eine vertiefende Darstellung soll hier verzichtet werden.
Zu den mechanischen Verfahren gehören das Mauersägen und das Einrammen von Edelstahlblechen. Beim Sägen werden die Grundmauern an der tiefsten noch zugänglichen Stelle abschnittsweise in voller Breite aufgeschlitzt und verkeilt. In den Schlitz legt man sich überlappende Streifen einer Abdichtungsbahn und verpresst den Schlitz anschließend mit einem schwindfreien Mörtel. Bei Mauerstärken bis etwa 1 m und Vorhandensein einer durchgehenden Lagerfuge lassen sich Edelstahlplatten auch pneumatisch einrammen.
Die mechanischen Verfahren haben den großen Vorteil einer sicheren und nachvollziehbaren Wirksamkeit. Sie sind allerdings aufwändig und bedeuten immer einen Eingriff in die statische Substanz. Beim Sägen sind Setzungserscheinungen über dem Schlitz zu befürchten, beim Rammen können die Erschütterungen das Bauwerk negativ beeinflussen.
Weitere Informationen
Haböck & Weinzierl bba 511
Bei den Injektionsverfahren werden Flüssigkeiten unter Druck oder drucklos über in Reihen angeordnete Bohrungen in das Mauerwerk eingebracht.
Die Flüssigkeiten sollen sich im Querschnitt gleichmäßig verteilen und dabei die Kapillarporen verengen oder sogar ganz verschließen.
Ein anderes Wirkprinzip der Injektionen ist die Hydrophobierung der Kapillarwandungen, wodurch der Kapillartransport unterbrochen wird.
Injektionen verursachen auf der Baustelle nur einen relativ geringen Zeit- sowie Arbeitsaufwand und liegen dadurch auch wirtschaftlich in einem günstigen Bereich. Die angestrebte Wirkungsweise ist gedanklich gut nachzuvollziehen, ob die Wirkung allerdings tatsächlich eingetreten ist, lässt sich zunächst nicht per Augenschein überprüfen.
Entscheidend für die einwandfreie Funktion ist die gleichmäßige Verteilung des Injektionsmittels. Diese hängt natürlich von der Viskosität und damit von der verwendeten Flüssigkeit ab. Viel stärker dürften aber die Ausführungsqualität und die innere Struktur des Mauerwerks den Erfolg beeinflussen.
Gerade bei historischen Bauwerken sind inhomogene Strukturen mit nicht vorhersagbaren Hohlräumen keine Seltenheit. Hier muss der Ausführende mit seinem Fachwissen und seiner Erfahrung die genauen Bohrlochpositionen bestimmen und ggf. auch festlegen, ob und in welchem Umfang vor der eigentlichen Injektion Hohlräume zu verpressen sind.
Mit der Ausführung von Injektionen sollte deshalb nur eine qualifizierte Fachfirma mit fundierter Referenzliste beauftragt werden. Zu klären ist außerdem, bis zu welchem Durchfeuchtungsgrad das jeweilige Verfahren eingesetzt werden kann und ob eventuell ein vorheriges Austrocknen der Wand erforderlich ist.
Weitere Informationen zu Injektions-Systemen
Bayosan bba 512
Colfirmit bba 513
Deitermann bba 514
Epasit bba 515
Isotec bba 516
Remmers bba 517
Sto bba 518

Auswahl einschlägiger Merkblätter der Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V. (WTA)
  • 4-3-98/D: Instandsetzen von Mauerwerk – Standsicherheit/Tragfähigkeit
  • 4-4-04/D: Mauerwerksinjektion gegen kapillare Feuchtigkeit (überarb. Fassung vom Oktober 2004, ersetzt Merkblatt 4-4-96D) 4-5-99/D: Beurteilung von Mauerwerk, Mauerwerksdiagnostik
  • 4-6-05/D: Nachträgliches Abdichten erdberührter Bauteile
  • 4-7-02/D: Nachträgliche mechanische Horizontalsperren
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