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Denkmalschutz als Auftrag

Sanierung einer Wohnanlage in Nürnberg
Denkmalschutz als Auftrag

Anne Fingerling / red.

Mit der Modernisierung einer Wohnanlage aus den dreißiger Jahren ließ sich die WBG Nürnberg Gruppe auf ein Wagnis ein: Es galt, 1 005 Wohnungen im bewohnten Zustand energetisch den heutigen wirtschaftlichen und umweltpolitischen Anforderungen anzupassen. Trotz hoher Denkmalschutzauflagen konnten die Gebäude auf Niedrigenergiehausstandard (EnEV-Neubau) gebracht werden.
Die Wohnanlage St. Johannis im Nordwesten Nürnbergs entstand zwischen 1926 und 1932 und gehört zu den besonders attraktiven Stadtvierteln. Trotz einfacher Bauweise aufgrund der damals wirtschaftlich schwierigen Zeit erfreuten sich die Wohnungen vergleichsweise hoher Wohnqualität. Weiträumige Innenhöfe und Grünanlagen sorgten für ein attraktives Umfeld.
Eigens von Künstlern entworfene kleine Figuren und Reliefs sind in die Fassaden und über den Hauseingängen integriert und verleihen neben zahlreichen anderen Gestaltungselementen wie profilierten Fensterlaibungen und Gurtgesimsen der Siedlung ihr besonderes Gepräge.
Umfangreich modernisiert
Eine umfangreiche Modernisierung der einzelofenbeheizten Wohnungen war erforderlich geworden; auch, um das soziale Umkippen der Siedlung in Folge überfälligen Unterhalts zu verhindern. Dabei stand die Erhaltung der vielen kleinen Fassadenkunstwerke und damit auch des städtebaulich-architektonischen Erscheinungsbildes der Siedlung im Vordergrund.
Gemäß Auflage des Ensembleschutzes, die Originalsubstanz zu erhalten, hätte streng genommen die Fassade nicht gedämmt und kein Kunststoff-Fenster eingebaut werden dürfen. Eine Innendämmung kam nicht in Frage. Nicht nur wegen des sehr hohen finanziellen Aufwandes und der unlösbaren Detailanschlüsse im unzugänglichen Deckenauflagerbereich, sondern auch wegen der dann notwendigen Wohn-ungsräumungen in Verbindung mit reduzierter Wohnfläche.
Nach intensiven Vorgesprächen gelang schließlich die Gratwanderung zwischen energetischer Modernisierung und Denkmalpflege. Harald Höger, Bereichsleiter Technik der WBG, erinnert sich an die anfänglichen Schwierigkeiten: „Selbst in unserem Haus gab es Diskussionen, ob man die Fassadendetails so aufwändig erhält. Immerhin ging es um 1 005 Wohnungen, das ist die Größe eines kleinen Dorfes.“
Außendämmung und Gestaltung
Die Außendämmung der Fassade erfolgte in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege mit dem Wärmedämm-Verbundsystem Basic von Alsecco. Straßenseitig kamen 6 cm Polystyrol-Platten (WLG 0,35) mit Silikonharzputz (Alsecco) als Oberputz zum Einsatz, giebel- und hofseitig beträgt die Dämmstärke 8 cm.Aufgrund des Ensembleschutzes waren keine größeren Dämmstärken zugelassen. Beim Putz wurden entsprechend der Anforderungen des Denkmalschutzes zwei unterschiedliche Körnungen verwendet: Silikonharzputz R mit Rillenputzstruktur und Silikonharzputz T mit Kratzputzstruktur.
Um Wärmebrücken zu vermeiden und das WDVS möglichst lückenlos ausführen zu können, mussten die wärmetechnisch problematischen Fensterbänke und Gurtgesimse entfernt und rekonstruiert werden.
Dazu wurden alle Profile – auch die der belassenen Fensterlaibungen – genau ausgemessen und mit Hilfe von Pappschablonen Modelle angefertigt. Diese dienten als Vorlage für die exakte Rekonstruktion aus vorgefertigten Polystyrol-Elementen mit besandeter Epoxydharzbeschichtung (Alsecco). Sie sehen heute aus wie die Originalprofile aus Sandstein.
Dennoch gab es beim Anbringen der Außendämmung zahlreiche Probleme beim Umgang mit Detailpunkten. An bestimmten Stellen konnten die Fassaden nicht gedämmt werden, da sonst die figürlichen und floralen Fassadenelemente oder Sgraffities zerstört worden wären. Um die künstlerischen Kleinode und Zeitdokumente zu erhalten, wurden diese Details schließlich ausgespart. Lediglich bei einem Gebäude konnte aufgrund des großflächigen Sgraffities die gesamte Giebelfläche nicht gedämmt werden.
Bei einem weiteren Gebäude befinden sich die Sgraffities ausschließlich im Bereich der Treppenhäuser; dort wirkt sich die Aussparung wärmetechnisch nicht ganz so gravierend aus. Vor der Modernisierung betrug der U-Wert der Außenwand im Mittel 1,48 W/m2K, jetzt liegt er zwischen 0,3 und 0,42 W/m2K.
Die alten Sprossenfenster wurden durch originalgetreu nachgebaute Kunstofffenster (U-Wert 1,3 W/m2K) mit Wärmeschutzverglasung ersetzt (Rehau). Dabei waren mannigfaltige Fensterformen zu berücksichtigen: Rundfenster, Erkerfenster sowie unterschiedlich große maurische Fensterformen.
Früher offene Klein-Loggien wurden mit Fenstern geschlossen, so dass die Wohnungen Platz hinzu gewonnen haben.
Originale Farbigkeit
Auch bei der Gestaltung des Außenputzes hatte die Denkmalpflege das letzte Wort. Zunächst galt es, die Originalfarbtöne zu bestimmen; nach über achtzig Jahren waren diese durch Verschmutzungen und Veränderungen an den Häusern nicht mehr eindeutig feststellbar. Eine Befunduntersuchung sollte die ursprüngliche Farbausstattung klären.
Die Untersuchung ergab, dass die Fassaden ursprünglich in Rottönen der Oxidrotpalette im so genannten „Nürnberger Rot“ und Ockertönen gehalten waren. Dagegen waren Fensterlaibungen, Faschen sowie die Gestaltungselemente farblich abgesetzt. Die Hauseingangstüren waren meist braun lasiert und die Kellertüren in Grautönen lackiert. Die Sockel der Türeinfassungen waren ursprünglich steinsichtig und die Putze grob sandig.
Bei der farblichen Gestaltung ging es zum einen darum, den historischen Gesamteindruck der Siedlung weitestgehend wiederherzustellen und zum anderen, die neueren Gebäude und Gebäudeteile aus der Nachkriegszeit einzubinden und gleichzeitig ablesbar zu machen.
Haustechnik
Die überalterten Einzelheizungen wie Kohle-, Öl- oder Gasöfen wurden ausgebaut und durch neue Zentralheizungen ersetzt, die mit Fernwärme aus der Kraft-Wärme-Kopplung gespeist werden. Durch die zentrale Versorgung fallen weniger Wartungsarbeiten an als bei einer Öl- oder Gasheizung in jedem Haus. Die Warmwasserbereitung erfolgt aus Kostengründen dezentral über Elektrodurchlauferhitzer und Gaswasserheizer.
Weitere Informationen
WDVS Basic bba 568
Silikonharzputz R / T bba 569
Eingabeplanung: Architekturbüro Jurck, Nürnberg Fachbehörde: Stadt Nürnberg, Hochbauamt, Untere Denkmalschutzbehörde
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